• Deutschland geht zum ersten Mal nach langer Zeit nicht als Topfavorit in ein Endturnier.
  • Für Bundestrainer Joachim Löw geht es auch darum, einen versöhnlichen Abschluss zu bekommen - und seine Verdienste nicht weiter zu schmälern.
  • Mit dieser Mannschaft kämpft er um den Titel.

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Die Europameisterschaft ist das siebte und letzte Turnier unter der Regie von Joachim Löw als Chef, danach ist für den Bundes-Jogi definitiv Schluss. Der deutsche Fußball steht nach 15 Jahren vor einer Zeitenwende, so viel kann man unabhängig vom Ausgang des Turniers wohl jetzt schon sagen.

Nach dem Desaster von Russland und den teilweise sehr holprigen Jahren danach geht Deutschland nicht als einer der großen Favoriten ins Rennen, sondern als eine Wundertüte. Als eine Mannschaft, die an einem guten Tag jeden Gegner der Welt schlagen kann - und an einem schlechten Tag 1:2 gegen Nordmazedonien verliert.

EM-Qualifikation: Erster vor den Niederlanden

Die Qualifikation für das Endturnier war trotz einer Niederlage gegen die Niederlande kein großes Problem für die DFB-Auswahl, am Ende qualifizierte sich Deutschland in einer insgesamt schwachen Gruppe sogar als Gruppensieger. Die Pflicht hat die deutsche Mannschaft also mal wieder souverän erfüllt, mit der Kür wird es in der schwersten aller Vorrundengruppen aber besonders knifflig.

Der amtierende Weltmeister Frankreich und der amtierende Europameister Portugal sind zwei Großkaliber, dazu kommt mit Ungarn eine zwar unerfahrene, aber sehr interessante Mannschaft als Außenseiter und möglicher Stolperstein für einen der drei Großen. Auch deshalb ist aus deutscher Sicht mit allem zu rechnen, auch mit einem Aus in der Gruppenphase. Das sind völlig neue Sichtweisen für eine erfolgsverwöhnte Fußball-Nation. Aber es ist eben auch die Wahrheit.

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Stars und Talente: Die goldene Generation und ihre Nachfolger

Von den 2014er-Weltmeistern ist maximal noch ein halbes Dutzend Bestandteil des Kaders: Manuel Neuer und Toni Kroos standen nie zur Diskussion, der damalige Ergänzungsspieler Matthias Ginter ist dabei. Es kehren aber zwei zurück, wie Löw am 19. Mai bekannt gab: Hummels und Müller sind bei der EM 2021 dabei.

Neuer ist als Kapitän der Kopf, Kroos der Motor im Herzstück der Mannschaft. Müller könnte der Unterschiedspieler im offensiven Mittelfeld werden und Mats Hummels mit seiner Erfahrung in der Defensive die junge Garde leiten.

Der heimliche Star ist aber İlkay Gündoğan. Der Mittelfeldspieler von Manchester City spielt die Saison seines Lebens, er ist der Anführer der Riege an Spielern, die die Alten alsbald beerben sollen und vielleicht auch schon bei dieser EM aus deren Schatten treten. Spieler wie Joshua Kimmich gehören dazu, auch Leroy Sané und Serge Gnabry.

Leon Goretzka, wenn er nach seinem Muskelfaserriss rechtzeitig fit wird. Bei den ganz Jungen ist natürlich auf Kai Havertz zu achten, der wie Jamal Musiala und Florian Neuhaus vor seinem ersten großen Turnier steht.

Der Trainer: Joachim Löw

Es sind immer noch harte Zeiten für den Bundestrainer, seine Kritiker bemängeln weiter die Wankelmütigkeit der Mannschaft, ihre Launen und auch Löws Schlingerkurs. Der pendelt weiter zwischen Vierer- und Fünferkette, je nach dem zur Verfügung stehenden Personal in der Abwehr.

Das dürfte für Löw die größte Baustelle werden, weil das Leistungsniveau der Spieler in diesem Mannschaftsteil einfach nicht durchgehend hoch genug ist. Löw fehlen auch im 15. Amtsjahr zwei Außenverteidiger von Format, auch deshalb umschifft er dieses Hindernis gerne mit der Dreierkette und zwei Flügelspielern daneben.

Das dürfte gegen Frankreich und Portugal auch das Mittel der Wahl bleiben. Löw hat sich nach dem WM-Debakel für einen Stilbruch entschieden, weg vom Positionsspiel und hin zu mehr Umschalt- und Konterfußball. Phasenweise klappte das schon ganz gut, die Rückschläge blieben aber ein treuer Begleiter.

Das 0:6 gegen Spanien vor ein paar Monaten war der Tiefpunkt für den Bundestrainer, in den Tagen danach war nicht gesichert, dass Löw überhaupt weitermachen darf oder weitermachen will. Er durfte und er wollte. Aber jetzt muss er seine Amtszeit auch mit einem vernünftigen Resultat, sprich Abschneiden, ins Ziel bringen.

Im März hat er seinen Rückzug nach dem Turnier angekündigt. Das befreit ihn von allen Vorgaben, die er sich selbst auferlegt hatte in allen Zukunftsplanungen mit dieser Mannschaft. Löw muss jetzt nicht mehr eine Entwicklung im Auge haben, sondern kann sich voll und ganz auf den Erfolg bei der EM konzentrieren. Sollte die Mission erneut schiefgehen, muss er nicht mit Schimpf und Schande vom Hof gejagt werden. Das ist ein Vorteil.

Das Problem: In der Rückschau würden dann immer zwei komplett verkorkste Turniere zum Abschluss stehen, den WM-Titel verwässern und es bliebe das Gefühl: Da hat einer den richtigen Zeitpunkt für den Absprung gleich doppelt verpasst.

EM 2021: Der Kader von Deutschland

Tor:

  • Manuel Neuer (1986), FC Bayern München
  • Bernd Leno (1992), FC Arsenal
  • Kevin Trapp (1990), Eintracht Frankfurt

Abwehr:

Mittelfeld/Angriff:

  • Emre Can (1994), Borussia Dortmund
  • Toni Kroos (1990), Real Madrid
  • Joshua Kimmich (1995), FC Bayern München
  • Leon Goretzka (1995), FC Bayern München
  • İlkay Gündoğan (1990), Manchester City
  • Jamal Musiala (2003), FC Bayern München
  • Florian Neuhaus (1997), Borussia Mönchengladbach
  • Thomas Müller (1989), FC Bayern München
  • Kai Havertz (1999), FC Chelsea
  • Jonas Hofmann (1992), Borussia Mönchengladbach
  • Serge Gnabry (1995), FC Bayern München
  • Leroy Sané (1996), FC Bayern München
  • Timo Werner (1996), FC Chelsea
  • Kevin Volland (1992), AS Monaco

Trainer:

  • Joachim Löw (1960)

Die Gegner Deutschlands in der Gruppe F:

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