• 19:30 Uhr: ➤ Verzweiflung in Kabul: Baby wird über Mauer an US-Soldaten übergeben
  • 18:26 Uhr: US-Basis Ramstein soll für Transit aus Afghanistan genutzt werden
  • 17:07 Uhr: Amnesty International wirft Taliban Massaker vor
  • 15:03 Uhr: Von Taliban entführt? Mehrere afghanische Regierungsvertreter vermisst
  • 13:45 Uhr: Laschet fordert Aufarbeitung der Fehleinschätzung von Afghanistan
  • 11:51 Uhr: Deutscher wurde auf dem Weg zum Flughafen in Kabul angeschossen
  • 08:58 Uhr: Maas: Habe noch nicht über Rücktritt nachgedacht
  • 06:39 Uhr: Laschet befürwortet diplomatische Gespräche mit den Taliban
  • 06:16 Uhr: Über 1.600 Menschen evakuiert - noch Hunderte Deutsche in Afghanistan?

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➤ Verzweiflung in Kabul: Baby wird über Mauer an US-Soldaten übergeben

Am Flughafen der afghanischen Hauptstadt Kabul nimmt die Verzweiflung jener Menschen zu, die aus Angst um ihr Leben auf eine Ausreise hoffen. Auf einem Videoclip, der sich am Freitag in sozialen Medien und in US-Medien verbreitete, war zu sehen, wie aus einer Menschenmenge ein Baby über eine Mauer mit Stacheldraht an US-Militärs übergeben wurde. Ein Soldat packte das Baby am rechten Arm und reichte es an Kollegen weiter.

Ein Sprecher der US-Marineinfanteristen erklärte am Freitag, der Soldat in dem Clip sei ein Mitglied einer ihrer Einheiten. Das Baby sei zu einer medizinischen Station auf dem Gelände gebracht worden und werde dort von Gesundheitspersonal versorgt. Zu den Umständen der Szene - etwa dazu, was mit den Eltern des Kindes ist - äußerte sich der Sprecher auf Anfrage zunächst nicht weiter.

Auch auf anderen - allerdings nicht offiziell bestätigten - Videos in sozialen Medien war zuvor zu sehen gewesen, wie Menschen kleine Kinder über Mauern mit Stacheldraht an Soldaten reichten.

Angesichts eines wachsenden Zeitdrucks werden Chaos, Gewalt und Verzweiflung rund um den Flughafen in Kabul immer größer. Tausende Afghanen hoffen immer noch auf eine Gelegenheit, sich nach der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban mit westlichen Flügen in Sicherheit zu bringen. Die Nerven liegen bei vielen Menschen auch deshalb blank, weil der Zeitdruck wächst: Die USA wollen eigentlich bis zum 31. August den Abzug ihrer Truppen aus Afghanistan abschließen. Und die Evakuierungsflüge aus Kabul hängen vom Schutz durch die mehreren Tausend US-Soldaten ab.

Die weiteren Afghanistan-News des Tages

US-Basis Ramstein soll für Transit aus Afghanistan genutzt werden

18:26 Uhr: Die US-Luftwaffenbasis Ramstein in Rheinland-Pfalz soll auch als Drehscheibe für Evakuierungen aus Afghanistan genutzt werden. Dies sei mit den USA vereinbart worden, teilte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) am Freitag in Berlin mit. Dabei sollten auch Deutsche oder von Deutschland benannte Schutzsuchende aus Afghanistan mit US-Flugzeugen nach Ramstein gebracht werden.

"Unser ganzer Fokus liegt derzeit darauf, so viele Menschen aus Kabul zu evakuieren, wie das unter den gegebenen, sehr schwierigen Umständen möglich ist. Dabei arbeiten wir eng mit unseren internationalen Partnern zusammen", betonte Maas. Es solle kein Platz in den Flugzeugen leer bleiben.

Ebenso wie Deutsche in US-Flugzeugen mitflögen, werde die Bundeswehr weiterhin auch Menschen aus anderen Nationen in ihren Flugzeugen mitnehmen. Durch die Einbeziehung von Ramstein in die Operation "steigern wir unsere gemeinsamen Transportkapazitäten und entlasten die Luftbrücke zwischen Kabul und Taschkent", die von der Bundeswehr genutzt wird, betonte Maas.

Amnesty International wirft Taliban Massaker vor

17:07 Uhr: Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International macht die Taliban für ein Massaker an der Hazara-Minderheit in Afghanistan Anfang Juli verantwortlich. Nach der Machtübernahme in der Provinz Ghazni hätten die militanten Islamisten neun Männer auf grausame Weise getötet, hieß es in einem am Freitag veröffentlichten Bericht. "Diese gezielten Tötungen sind ein Beweis dafür, dass ethnische und religiöse Minderheiten auch unter der neuen Herrschaft der Taliban in Afghanistan besonders gefährdet sind", sagte Amnesty-Generalsekretärin Agnès Callamard.

Die Taliban hatten in den vergangenen Monaten nach dem Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan mit einem Eroberungszug rasch die Macht im Land übernommen. Am Sonntag drangen sie bis nach Kabul vor. Viele Afghanen befürchten eine Rückkehr der Schreckensherrschaft der Islamisten der 1990er-Jahre, während der etwa Frauen vom öffentlichen Leben ausgeschlossen waren und die Vorstellungen der Islamisten mit barbarischen Strafen durchgesetzt wurden. Die Hazara sind eine vorwiegend schiitische Minderheit in Afghanistan.

Für den Amnesty-Bericht sprach ein Recherche-Team vor Ort mit Augenzeuginnen und Augenzeugen. Die Morde geschahen demnach zwischen dem 4. und 6. Juli in dem Dorf Mundarakht im Bezirk Malistan. Sechs Männer seien erschossen worden, drei zu Tode gefoltert. Diese Tötungen seien wahrscheinlich nur ein Bruchteil der Todesopfer, die die Taliban bislang zu verantworten hätten, schrieb Amnesty.

Von Taliban entführt? Mehrere afghanische Regierungsvertreter vermisst

15:03 Uhr: Mehrere Vertreter der bisherigen afghanischen Regierung werden einem lokalen Medienbericht zufolge vermisst. Verwandte mehrerer Regierungsbeamter sagten dem TV-Sender ToloNews, ihre Familienmitglieder seien verschwunden oder würden seit der Machtübernahme der Taliban vermutlich von den Islamisten festgehalten.

Der bisherige Gouverneur sowie der bisherige Polizeichef der Provinz Laghman im Osten des Landes hätten sich den Taliban ergeben, befänden sich aber weiter in Gefangenschaft der Islamisten, hätten die Verwandten gesagt. Auch der Polizeichef von Gasni im Südosten des Landes sei unauffindbar.

Die Taliban haben eine Generalamnestie erlassen, die ihren eigenen Angaben zufolge alle Menschen umfassen soll - auch Regierungsvertreter oder Angehörige der Sicherheitskräfte. Mitte der Woche erklärten die Islamisten zudem, alle politischen Gefangenen sollten entlassen werden. Ein Verwandter des Polizeichefs von Laghman habe gesagt, alle Regierungsvertreter seien freigelassen worden, nur der Polizeichef nicht, heißt es in dem ToloNews-Bericht weiter.

Regierungsvertreter und Sicherheitskräfte fürchten nach der Machtübernahme Racheaktionen. Seit Donnerstag kursierten in sozialen Medien Videos, die die Exekution Polizeichefs der Provinz Badghis zeigen soll. In einem der Videos nennt Hadschi Mohammed Achaksai seinen eigenen Namen; in einem zweiten ist er in gleicher Kleidung am Boden auf Knien zu sehen, seine Augen und Hände verbunden. Wenige Sekunden später wird er mit vielen Kugeln erschossen. Ein Kommentar der Taliban zu den Vorfällen war zunächst nicht verfügbar.

Laschet fordert Afghanistan-Aufarbeitung ohne "Schönreden"

13:45 Uhr: CDU/CSU-Kanzlerkandidat Armin Laschet hat Konsequenzen aus den Fehleinschätzungen von Bundesregierung und Geheimdiensten bei der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban in Afghanistan verlangt.

"Je klarer wir sagen, was schief gelaufen ist, desto glaubwürdiger sind wir", forderte der CDU-Vorsitzende am Freitag nach Angaben von Teilnehmern in einer Online-Schalte der Unionsfraktion zur Vorbereitung einer Sondersitzung des Bundestag nächste Woche.

Man dürfe nichts "schönreden". Der Bundestag will am Mittwoch das Mandat für den laufenden Rettungseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan beschließen.

Die Aufarbeitung der vergangenen Monate müsse kommen, forderte Laschet. Zugleich verlangte er eine Neujustierung der deutschen Sicherheitspolitik. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident wurde mit den Worten zitiert: "Wir können so nicht weitermachen in der internationalen Politik."

Erneut sprach er sich für einen Nationalen Sicherheitsrat im Kanzleramt aus, der Informationen bündeln und bewerten soll. CSU-Chef Markus Söder habe der Analyse Laschets zu Afghanistan "vollständig" zugestimmt, hieß es weiter.

UN-Kommissar erwartet keine große Fluchtbewegung für Europa

12:09 Uhr: UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi rechnet nicht mit einer unmittelbar bevorstehenden großen Fluchtbewegung von Menschen aus Afghanistan nach Europa.

Das Ausmaß hänge davon ab, wie hart die militant-islamistischen Taliban nach der Machtübernahme aufträten, sagte der Chef des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) der italienischen Zeitung "Corriere della Sera".

In erster Linie seien Länder in der Region betroffen: Pakistan, der Iran und vielleicht auch Tadschikistan. Wenn diese nicht stetige Hilfe bekämen, bestehe ein größeres "Risiko" für Europa.

Grandi hatte unlängst auch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) telefoniert. Dabei appellierte er an die Kanzlerin und andere Staats- und Regierungschefs, Afghanistan zu helfen. Das Nachbarland Pakistan hat in den vergangenen Jahrzehnten Millionen Flüchtlinge aufgenommen.

Zeitweise waren nach UN-Angaben vier bis fünf Millionen afghanischer Flüchtlinge in dem Land. Aktuell beherbergt Pakistan etwa 1,4 Millionen Afghanen, die als Flüchtlinge offiziell registriert sind, und etwa 600.000 Afghanen ohne Dokumente.

Deutscher auf dem Weg zum Flughafen Kabul angeschossen

11:51 Uhr: Ein Deutscher hat auf dem Weg zum Flughafen Kabul in Afghanistan eine Schussverletzung erlitten. Das sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Freitag in Berlin. "Er wird medizinisch versorgt, es besteht aber keine Lebensgefahr", sagte Demmer. "Und er wird bald ausgeflogen werden." Es handele sich um einen Zivilisten.

Um den Flughafen herrschen seit der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban chaotische Zustände. Die Lage ist extrem gefährlich. Die Verzweiflung der Menschen, die auf Evakuierungsflüge gelangen wollen, wird von Stunde zu Stunde größer. Das berichtete ein Augenzeuge am Freitag der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Demnach halten sich am Eingang zum zivilen Teil, der an einem großen Kreisverkehr liegt, weiterhin Hunderte Menschen auf, die versuchen, auf das Gelände und dann mithilfe von westlichen Flugzeugen außer Landes zu kommen. Kämpfer der Taliban feuerten dort in die Luft und schlugen mit Peitschen, um die Leute zu vertreiben.

In einem Schreiben der deutschen Botschaft an Menschen, die auf einen Flug hoffen, hieß es am Freitag: "Die Lage am Flughafen Kabul ist aber äußerst unübersichtlich. Es kommt an den Gates immer wieder zu gefährlichen Situationen und bewaffneten Auseinandersetzungen. Der Zugang zum Flughafen ist derzeit möglich. Zwischendurch kann es aber immer wieder kurzfristig zu Sperrungen der Tore kommen, auch weil so viele Menschen mit ihren Familien versuchen, auf das Gelände zu kommen. Wir können Sie leider nicht vorab informieren, wann die Tore geöffnet sein werden."

Am Flughafen von Kabul gibt es einen zivilen und einen militärischen Bereich. Da die Taliban den Zugang zum zivilen Airport kontrollieren und blockieren, ist der Ansturm auf den militärischen Teil des Flughafens groß.

Der US-Fernsehsender CNN zeigte auch Bilder, wie US-Soldaten in die Luft schossen, um die Menschenmenge von den Außenmauern zurückzuhalten.

"Spiegel": Bundeswehr verlegt zwei Hubschrauber nach Kabul

11:09 Uhr: Die Bundeswehr will für die Evakuierung von Deutschen und Ortskräften aus Afghanistan nach einem "Spiegel"-Bericht zwei Hubschrauber in die Hauptstadt Kabul verlegen.

Die beiden Helikopter des Kommandos Spezialkräfte (KSK) sollten zur Rettung von Schutzsuchenden aus der Luft eingesetzt werden, schreibt das Magazin. Die Hubschrauber seien eigentlich auf die Befreiung von Geiseln ausgerichtet, sehr beweglich und könnten selbst in eng bebauten Städten landen.

Mit den Helikoptern könnten KSK-Soldaten in den nächsten Tagen kleine Gruppen aus Kabul oder anderen von den Taliban kontrollierten Zonen an den schwer zugänglichen Flughafen bringen, berichtet der "Spiegel" unter Berufung auf Bundeswehrkreise.

Bisher ist die Bundeswehr nur innerhalb des Flughafens Kabul im Einsatz, der von US-Truppen abgesichert wird. Von dort aus wurden mit deutschen Militärmaschinen seit Montag mehr als 1.600 Menschen ausgeflogen.

Andere Länder wie die USA und Frankreich haben in Kabul jetzt schon Hubschrauber im Einsatz, um Schutzbedürftige zum Flughafen zu bringen. Die Lage rund um den Flughafen im Norden der Stadt ist seit Tagen von großem Chaos geprägt.

Tausende versuchen verzweifelt, auf das Gelände und dann zu den Flugzeugen zu kommen - die meisten ohne Erfolg.

Ischinger macht Trump für "Sündenfall" Afghanistan verantwortlich

10:41 Uhr: Der ehemalige US-Präsident Donald Trump trägt nach Ansicht des Chefs der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, eine große Mitschuld an der Lage in Afghanistan. "Der Sündenfall, der passierte ja lange vor dem Dienstantritt von (US-Präsident) Joe Biden", sagte der ehemalige Botschafter am Freitag im Deutschlandfunk.

"Der Sündenfall war das Abkommen, das unter Donald Trump mit den Taliban geschlossen wurde." Die militanten Islamisten hätten dann nur noch auf den Abzug der US-Truppen warten müssen.

Aus einer solchen Position der Schwäche mit den Taliban zu verhandeln, wünsche man nicht einmal seinem Feind, sagte Ischinger. "Da war ja nichts mehr zu retten." Mit Blick auf die aktuelle Lage fügte er hinzu: "Das ist ein Debakel, das kann man nicht schönreden."

Gewiss habe sich auch Biden ein anderes Ende vorgestellt - auch wenn ihm wohl klar gewesen sei, dass der Abzug nicht in bürokratisch geordneten Formen ablaufen werde. "Man wusste im Weißen Haus, dass das womöglich schmutzig und schrecklich und auch mit unangenehmen Bildern versehen sein würde."

Ischinger betonte, die Schuld für die aktuelle Lage sei nicht allein bei der afghanischen Armee zu suchen, deren Streitkräfte sich schnell ergeben haben. Vielmehr hätte eine reduzierte militärische Präsenz der Nato, auch mit wenigen Tausend Soldaten, dieses "schlimme Debakel" vielleicht verhindern können.

Bundeswehr bringt 184 Menschen aus Afghanistan nach Deutschland

09:35 Uhr: Die Bundeswehr hat bei ihrer Evakuierungsmission erstmals selbst "Schutzpersonen" aus Afghanistan nach Deutschland ausgeflogen. An Bord eines Airbus A310-MRTT sind nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) 185 Passagiere.

Das in der usbekischen Hauptstadt Taschkent gestartete Flugzeug soll am Freitagmittag in Hannover landen. Bislang gab es nur Pendelflüge der Bundeswehr zwischen der afghanischen Hauptstadt Kabul und Taschkent. Von dort ging es dann mit Passagiermaschinen weiter nach Deutschland.

Der Afghanistan-Einsatz gilt als bisher größte Evakuierungsmission der Bundeswehr. Bislang seien in elf Flügen über 1.640 Menschen aus Afghanistan evakuiert worden, twitterte die Bundeswehr.

Maas: Habe noch nicht über Rücktritt nachgedacht

08:58 Uhr: Außenminister Heiko Maas denkt nach eigenen Angaben wegen des Afghanistan-Debakels nicht an Rücktritt.

Auf die Frage, ob er darüber nachgedacht habe, sagte der SPD-Politiker dem Magazin "Der Spiegel": "In den vergangenen Tagen habe ich nur an eines gedacht, nämlich aus den Fehlern, die wir alle gemacht haben, die Konsequenz zu ziehen und dafür zu sorgen, so viele Leute aus Afghanistan rauszuholen wie möglich." Das sei "die verdammte Pflicht von jedem, der an der Entwicklung der letzten Tage und Wochen beteiligt war".

In den vergangenen Tagen hatte es von verschiedenen Seiten Forderungen nach einem Rücktritt des Außenministers gegeben. CSU-Chef Markus Söder sprach sich dafür aus, dass Maas nach der Bundestagswahl im September nicht mehr dem Kabinett angehört.

Dazu sagte der SPD-Politiker in dem am Freitag veröffentlichten Interview: "Ich würde erstmal abwarten, welche Partei der nächsten Bundesregierung überhaupt angehört. Das ist ja offener als viele dachten. Und wie meine berufliche Zukunft aussieht, ist wirklich das Letzte, woran ich im Moment einen Gedanken verschwende."

Zugleich forderte Maas eine Debatte über den Sinn von Bundeswehr-Einsätzen. "Das Scheitern in Afghanistan darf nicht dazu führen, dass wir uns außen- und sicherheitspolitisch komplett der Verantwortung auf der Welt verweigern", sagte er. "Aber Afghanistan darf sich auch nicht noch einmal wiederholen." Die NATO-Partner müssten diskutieren, ob das Verteidigungsbündnis überhaupt geeignet sei, Einsätze außerhalb des eigentlichen Auftrags zu führen - auch, ob es Aufgabe der NATO sei, für Frieden und Menschenrechte zu sorgen.

Gabriel plädiert für eine internationale Afghanistan-Konferenz

08:21 Uhr: Der frühere Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat sich für eine internationale Afghanistan-Konferenz ausgesprochen. "Je eher sie stattfindet, umso besser", sagte Gabriel dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Teilnehmen sollten auch Russland und China - auch wenn in beiden Ländern derzeit noch Spott und Häme wegen der Blamage des Westens dominierten.

"Das Triumphgeheul dieser Tage in Moskau und Peking wird bald verklingen", so Gabriel. Tatsächlich blickten Russland und China mit sehr gemischten Gefühlen nach Afghanistan. Beide fürchteten einen neu aufflackernden islamischen Fundamentalismus in ihren eigenen Einflusszonen.

Russland habe dabei die früheren Sowjetrepubliken Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan im Blick, China fürchte Unruhen in seiner an Afghanistan grenzenden muslimischen Provinz Xinjiang. Es gebe also quer durch die Region ein durchaus weit verbreitetes Interesse an Stabilität.

Gabriel betonte, an den Konferenztisch gehörten neben der EU nicht nur die Weltmächte USA, China und Russland, sondern auch Pakistan und der Iran. Mit Blick auf die Taliban sagte Gabriel, man werde hoffentlich mit jenen unter ihnen reden können, denen es schon immer darauf angekommen sei, bloß keine ausländischen Truppen im Land zu dulden: "Da gibt es eine lange nationalistische, identitäre Tradition."

Die Frage sei, ob nach dem Abzug eine neue Art von Zusammenarbeit entwickelt werden könne, wenn der Westen diese Grundhaltung akzeptieren würde, so der frühere Außenminister. "Auch die Taliban wissen, dass ihr Land arm ist und dass eine Zusammenarbeit mit dem Westen in vielen Punkten in ihrem wohlverstandenen eigenen Interesse liegen kann."

Afghanische Ortskräfte in Brandenburg angekommen

08:03 Uhr: Rund 60 afghanische Ortskräfte und ihre Angehörigen sind in Brandenburg angekommen. Zwei Busse aus Frankfurt/Main trafen am Freitagmorgen in der Erstaufnahme in Doberlug-Kirchhain (Elbe-Elster) ein. Die ursprünglich für Donnerstagabend geplante Ankunft hatte sich wegen der Registrierung der Menschen erheblich verzögert.

Es handele sich um Ortskräfte aus Afghanistan mit ihren engsten Angehörigen, sagte der Sprecher des Innenministeriums, Martin Burmeister. Darunter seien 29 Kinder und Jugendliche.

Die Afghaninnen und Afghanen wurden zunächst mit Essen und Trinken sowie medizinisch versorgt. Sie müssen drei Tage in Quarantäne und sollen voraussichtlich bis Dienstag in Doberlug-Kirchhain bleiben. Dann könnten sie auch in andere Bundesländer verteilt werden.

Die Bundeswehr hatte in dieser Woche damit begonnen, Schutzsuchende aus Afghanistan nach der Machtübernahme durch die militant-islamistischen Taliban in Sicherheit zu bringen. Seit Montag wurden so mehr als 1600 Menschen aus Kabul ausgeflogen.

Deutschland gibt 100 Millionen Soforthilfe für afghanische Flüchtlinge

07:28 Uhr: Die Bundesregierung stellt 100 Millionen Euro Soforthilfe für Flüchtlinge aus Afghanistan zur Verfügung. Dies teilte das Auswärtige Amt auf Twitter mit.

Mit dem Geld sollen internationale Hilfsorganisationen unterstützt werden, die sich in den Nachbarländern um geflüchtete Afghanen kümmern. Weitere Hilfen sollen folgen. Seit der Machteroberung der militant-islamischen Taliban Mitte August versuchen viele Menschen verzweifelt, aus dem Land zu kommen.

Finanzminister Olaf Scholz hatte die Hilfe schon am Donnerstag angekündigt. Der dpa sagte der SPD-Kanzlerkandidat: "Dies ist ein erster Schritt, der zeigt, dass wir uns verantwortlich fühlen und uns kümmern."

Laschet befürwortet diplomatische Gespräche mit den Taliban

06:39 Uhr: Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet befürwortet diplomatische Gespräche mit den Taliban, um gefährdeten Menschen in Afghanistan zu helfen. "Die Kunst guter Außenpolitik besteht gerade darin, mit solchen Staaten zu Lösungen zu kommen, deren Ziele und Menschenbild unsere Gesellschaft zu Recht ablehnt", sagte Laschet der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

"Den Dialog mit den Taliban zu verweigern, würde den Menschen nicht helfen, die aus Afghanistan herauswollen", sagte Laschet, der auch CDU-Chef ist.

Außenminister Heiko Maas (SPD) hat den Afghanistan-Experten Markus Potzel nach Doha im Golfemirat Katar geschickt, um mit Unterhändlern der militant-islamistischen Taliban über die Ausreise afghanischer Ortskräfte zu sprechen. Der Diplomat, der ursprünglich im August als neuer Botschafter nach Afghanistan entsandt werden sollte, führt seit Mittwoch Gespräche mit Vertretern der Taliban.

"Er wird seine Gespräche auch mit internationalen Partnern fortsetzen", erklärte das Auswärtige Amt am Donnerstagabend auf Twitter.

Laschet sagte: "Wir müssen unsere Erwartung sehr deutlich machen, dass die Menschen, die für uns gearbeitet haben, in absehbarer Zeit ausreisen dürfen."

Eine von ihm geführte Bundesregierung sähe es als ihre Pflicht an, all diejenigen aufzunehmen, die Deutschland beim Einsatz der letzten Jahre geholfen hätten. "Wir haben hier eine Schutzverantwortung. Auch über den heutigen Tag hinaus."

Laschet sagte, es gebe sicher eine große Bereitschaft in Deutschland, die Menschen aufzunehmen, die Deutschen in Afghanistan geholfen hätten - und darüber hinaus auch besonders bedrohte Menschen. "Die Furcht vor den Taliban, vor deren Unterdrückung und Gewalt, kann, glaube ich, jeder nachvollziehen", führte er aus.

"Gleichzeitig gibt es aber auch den Wunsch nach einer geordneten Migration." Was sich nicht wiederholen dürfe, seien "unkontrollierte Zustände wie im Syrien-Konflikt".

Die meisten Menschen werden nach Laschets Worten in die Nachbarländer Afghanistans fliehen. "Daher ist die Priorität, Hilfe in der Region zu leisten. Wir müssen die Nachbarländer unterstützen und sie gleichzeitig an die Verantwortung erinnern, die sie für die Region tragen."

Über 1.600 Menschen evakuiert - noch Hunderte Deutsche in Afghanistan?

06:16 Uhr: Die Bundeswehr hat seit Montag mehr als 1.600 Menschen aus Afghanistan in Sicherheit gebracht. Im usbekischen Taschkent landete am Freitagmorgen eine weitere Transportmaschine mit 181 in Kabul aufgenommenen Menschen an Bord, wie die Bundeswehr auf Twitter mitteilte. Von der usbekischen Hauptstadt geht es mit zivilen Flugzeugen weiter nach Deutschland.

Unter den Geretteten waren bis zum frühen Donnerstagabend neben afghanischen Ortskräften und anderen Hilfsbedürftigen mindestens 244 deutsche Staatsbürger - weit mehr als ursprünglich erwartet. Und immer noch könnten sich mehrere hundert im Land aufhalten.

Auf der Krisenliste des Auswärtigen Amts hat sich inzwischen "eine mittlere dreistellige Zahl" Deutscher registriert, wie die dpa aus dem Ministerium erfuhr. Ursprünglich waren es knapp 100 gewesen.

Viele haben sich aber wegen der dramatischen Lage in Afghanistan nach der Machtübernahme der Taliban nachgemeldet. Die Zahlen ändern sich ständig. Nicht berücksichtigt sind die 40 Botschaftsmitarbeiter, die mit einer US-Maschine bereits in der Nacht zu Montag nach Katar ausgeflogen wurden.

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Mit Material von dpa, afp, sid, reuters und apa.
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