Die Landtagswahlen überlagern politisch alles. Und die Frage, ob CDU und SPD die politische Mitte zugunsten der AfD einbüßen. Die Verlierer der Wahlen geben sich uneinsichtig. AfD-Spitzenkandidat Meuthen macht eine besorgniserregende Aussage.

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Was ist das Thema?


Nach den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt bleibt festzuhalten: Die AfD wird ein ernstzunehmender Player im Parteiensystem, auch dank der Stimmen aus der sogenannten politischen Mitte, die zerbröselt.

Fehlen jetzt die Mehrheiten für starke Koalitionen? Kann die Bundesregierung einfach so weitermachen? Diesen Fragen geht ARD-Journalist Frank Plasberg gewohnt angriffslustig an.

Wer sind die Gäste?

Stur. Uneinsichtig. Das war der Auftritt des Flüchtlingskoordinators der Bundesregierung. Ein Wahldebakel wie in Baden-Württemberg (minus zwölf Prozent) ist eine Lektion. Eine Lektion, wenn man etwas daraus lernt.

"Dass die Union gespalten war, ist nicht zu leugnen", sagt er zwar, macht in der Analyse der Fehler aber wohl den nächsten Fehler. Er rügt internen Streit, attackiert gleichzeitig die CSU. Wer war schuld, fragt Plasberg. Altmaier: "Das kann man in allen Zeitungen und Agenturen nachlesen." Gemeint sind wohl der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer und dessen Partei.

Uneinsichtig ist der 57-Jährige auch, als es um das Wahlergebnis in der einstigen Hochburg der Union geht. "Baden-Württemberg ist nicht gefallen", meint er. "Die rot-grüne Regierung wird es nicht mehr geben."

Damit hat er zwar Recht. Und auch damit, dass die CDU immer wahrscheinlicher Teil der Regierung werden dürfte. Die Niederlage gegen die Grünen und die deutlichen Verluste schmälert das aber nicht.

  • Thomas Oppermann (SPD), Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion

Stur. Uneinsichtig. Das gilt auch für den 61-Jährigen. Dieser blendet den Absturz der Sozialdemokraten in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt aus.

"Am Sonntag war keine Bundestagswahl, sondern es waren drei Landtagswahlen. Weder die Politik von Sigmar Gabriel noch die von Angela Merkel wurden abgewählt noch war es eine Bestätigungswahl", meint er.

Oppermann widerspricht sich selbst. Er sagt: "Das war eine Protestwahl. Zwei Drittel der AfD-Wähler wollten den regierenden Parteien einen Denkzettel verpassen."

Auch er wettert gegen den Koalitionspartner: "Herr Wolf (Guido Wolf, Spitzenkandidat CDU in BaWü, d. Red.) ist ungeeignet, Ministerpräsident zu werden. Das haben die Wähler entschieden und das ist richtig so", meint er. Und weiter: "Ich erwarte, dass der Streit innerhalb der Union aufhört, den der hat die AfD so stark gemacht. Wenn sie weiter so streiten, sollten sie getrennte Wege gehen."

Eine Regierungsbeteiligung in Baden-Württemberg schließt er quasi aus: "Ich halte nichts von einer Deutschland-Koalition (CDU, SPD, FDP, d. Red.)."

  • Jörg Meuthen (AfD), Spitzenkandidat in Baden-Württemberg und Bundessprechen

Er hat das Siegerlächeln gepachtet. "Wir haben einen zutiefst sozialdemokratisierten Gemengebrei", meint er. "Herr Kretschmann stalkte Frau Merkel regelrecht."

Meuthen muss sich den Vorwurf gefallen lassen, zu selbstsicher zu sein. Plasberg fragt ihn, wo die AfD ohne Flüchtlingskrise stünde. "Wir hätten statt 15 zehn Prozent gemacht", sagt er. Der 54-Jährige lässt einen mit Unbehagen zurück.

Über Parteifreund Björn Höcke sagt er: "Leute wie er sind Patrioten, keine Fremdenfeinde. Ich dulde keine Fremdenfeinde in meiner Partei."

Höcke fiel wiederholt durch mutmaßlich rassistische Fehltritte auf. Meuthe redet das klein.

Sie unterhält an diesem Abend. Die SPD-Anhängerin schildert: "Vor einem Jahr habe ich gedacht, ich hacke mir eher die Hand ab, als dass ich die CDU wähle. Wäre ich in einem der Länder gemeldet gewesen, ich hätte es diesmal getan. Diese Kanzlerin verdient Rückendeckung."

Auch sie will den Erfolg der AfD herunterspielen: "Die Mehrheit im Land hat nicht die AfD gewählt. Es ist nicht richtig, nach einer Landtagswahl so zu tun, als wäre das ein Auftrag an Frau Merkel."

  • Christoph Schwennicke, Journalist, Chefredakteur des Magazins "Cicero"

Er sagt ja. Ja dazu, dass CDU und SPD zahlreich Wähler an die AfD verloren haben. "Die Ursache, dass Wolf in Stuttgart und Klöckner (Julia Klöckner, CDU-Spitzenkandidatin in Rheinland-Pfalz, d. Red.) in Mainz so geeiert haben, ist die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel."

Er schießt scharf gegen Altmaier: "Die Politik, die sie angefangen haben, war unverantwortlich dem eigenen Land und den Flüchtlingen gegenüber, weil sie die Versprechen nicht halten können."

Und auch die Sozialdemokraten bekommen ihr Fett weg: "Die SPD hat sich für keinen Kurs entschieden."

Was war das Rede-Duell des Abends?


Oppermann gegen Altmaier. Es ist vielmehr eine Einbahnstraßenkritik denn eine offene Auseinandersetzung. Die SPD schießt in der Niederlage gegen die Union – und gibt damit ein schwaches Bild ab.

Oppermanns widersprüchliche Argumentation ist ein Indiz für die Verunsicherung - oder wie Zeh meint: "Was die SPD momentan auch macht, sie kann es nur falsch machen."

Was war der Moment des Abends?

Plasberg bittet eine Wählerin nach vorn, eine Frau Büttner. Sie ist eigentlich Anhängerin der Grünen, wählte aber die AfD. Sie soll beispielhaft für viele Wähler stehen, die zur AfD wanderten. Warum?, fragt Plasberg.

"Angela Merkel kann uns nicht sagen, wohin die Reise geht", sagt sie und erklärt ihre Motivation: "Dass ich gehört werde, dass ich sprechen kann. Es wird doch Rückgrat gefordert, mehr denn je."

Schließlich stellt sie eine pathetische Frage an Altmaier: "Vor 40 Jahren habe ich gelesen, dass sich der Kontinent Afrika in Bewegung setzen wird. Ich möchte wissen, wie Deutschland auf diese Situation vorbereitet wird."

Wie hat sich Plasberg geschlagen?

Sehr gut. In Richtung SPD und CDU meint er: "Ist das jetzt der Wettbewerb der Trostpreise?"

Er fragt provokant und sachlich zugleich, etwa Altmaier: "Wie kommen sie darauf, wenn sie im Vergleich zu Kretschmann bescheiden abschneiden, einen Regierungsanspruch zu stellen."

Auch den euphorisierten Meuthen bremst er gekonnt ein: "Ich entscheide, was Thema hier ist. Das hat sich bewährt."

Was ist das Ergebnis?


Dass die etablierten Parteien auch einen Tag nach der Schlappe der AfD weiter in die Karten spielen.

Selbstkritik sucht man beinahe vergeblich, stattdessen gehen die Koalitionspartner der Bundesregierung weiter munter auf sich los und spielen einen vermeintlichen Rechtsruck herunter.

Aufwachen ist angesagt. Endlich. Sonst folgen bei den Landtagswahlen im Herbst in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern die nächsten Denkzettel.

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