- Deutschlands nördlichstes Bundesland hat ein neues Landesparlament gewählt.
- Dabei lässt die CDU um den amtierenden Ministerpräsidenten Daniel Günther die politische Konkurrenz weit hinter sich.
- Offen ist, ob es zu einer Fortsetzung des Jamaika-Bündnisses aus CDU, Grünen und FDP kommt.
➤ CDU klarer Wahlsieger
Die CDU hat die Landtagswahl in Schleswig-Holstein mit deutlichem Abstand gewonnen. Laut der aktuellen ZDF-Hochrechnung von 21:09 Uhr kommen die Christdemokraten des derzeit amtierenden Ministerpräsidenten Daniel Günther auf 43,5 Prozent der Stimmen. Die Grünen (18,2 Prozent) um Spitzenkandidatin Monika Heinold mit und die oppositionelle SPD (15,8 Prozent) um Herausforderer Thomas Losse-Müllermit folgen mit großem Abstand.
Wieder ins Kieler Parlament geschafft haben es auch FDP (6,4 Prozent) und der Südschleswigsche Wählerverband (SSW, 5,8 Prozent), die Partei der dänischen Minderheit. Die AfD (4,5 Prozent) verpasst wohl den Landtagseinzug. Draußen bleibt auf jeden Fall erneut die Linkspartei.
Rund 2,3 Millionen Bürgerinnen und Bürger waren in Schleswig-Holstein aufgerufen, über die Zusammensetzung des Parlaments zu entscheiden. Im Norden ist seit über zwei Jahrzehnten der politische Wechsel die Regel. Im Jahr 2000 wurde letztmals mit einer Landtagswahl die bis dato amtierende Koalition bestätigt, damals Rot-Grün.
Nach dem Ausbruch des Ukraine-Krieges spielten im Wahlkampf die hohen Energie- und Spritpreise samt Forderungen nach weiteren Entlastungen eine wichtige Rolle. Der Ausbau erneuerbarer Energien, speziell der Windkraft auf dem Land, gehörte ebenfalls zu den wichtigsten Themen.
Die weiteren Meldungen vom Wahltag:
Günther will mit Grünen und FDP über Fortsetzung von Jamaika reden
20:31 Uhr: Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther will mit den Grünen und der FDP über eine Fortsetzung der Jamaika-Koalition sprechen. "Ich habe vor der Wahl gesagt, dass ich am liebsten in Jamaika weiterregiere, und deswegen ist es für mich auch vollkommen klar, dass ich auch nach der Wahl jetzt klar sage, dass ich mit Grünen und der FDP Gespräche führen werde", sagte Günther am Sonntag im NDR. Nach den aktuellen Hochrechnungen braucht die CDU aber bei einem wahrscheinlichen Wahlergebnis von mehr als 40 Prozent nur einen Koalitionspartner - Grüne, FDP oder auch den Südschleswigsche Wählerverband (SSW).
Während die Grünen ihr voraussichtlich bestes Wahlergebnis in der Geschichte einfahren, muss die FDP absehbar Verluste hinnehmen. Für Günther ist dies jedoch unerheblich. "Auch die FDP hat einen hervorragenden Job in dieser Koalition gemacht", betonte er. Deswegen werde er auch mit Grünen und der FDP Gespräche führen.
Unwahrscheinlich ist dagegen ein Bündnis mit dem SSW. Unter Hinweis auf seine Aussagen vor der Wahl sagte Günter, dass seine Ansprechpartner Grüne und FDP seien.
Habeck: "Es gibt zwei Wahlsieger - Günther und die Grünen"
19:45 Uhr: Bundeswirtschaftsminister
Es gebe zwei Wahlsieger, sagte Habeck im ZDF: "Daniel Günther und die Grünen." Der normale politische Reflex wäre, wenn es eine Mehrheit für Schwarz-Gelb gebe, dann würde das auch gemacht. Günther sei aber so populär, weil er ein "moderner konservativer Ministerpräsident" sei. Dies sei er in der bisherigen Jamaika-Koalition sicherlich auch durch die FDP geworden, "aber ganz maßgeblich durch die Grünen".
Der Wählerauftrag laute daher, dass Günther Ministerpräsident sein solle, sagte Habeck, der früher auch Landesminister in Kiel war. Schleswig-Holstein solle aber weiter ein modernes, weltoffenes und "ökologisches Vorreiter-Land" sein.
Habeck sagte in der ARD, das Land habe davon profitiert, dass die "verhärtete politische Kultur" aufgebrochen worden sei. "Natürlich gehen die Stimmen immer zum Amtsinhaber, wenn man ihn wiederhaben will. Und er war ein guter MP, keine Frage", sagte Habeck über Günther.
Beim SSW knallen die Sektkorken
19:04 Uhr: Der SSW-Bundestagsabgeordnete Stefan Seidler hat sich zufrieden über das Abschneiden des Südschleswigschen Wählerverbandes bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein gezeigt. Die Sektkorken hätten geknallt, sagte er am Sonntagabend im NDR-Fernsehen. Der SSW ist die Partei der dänischen und friesischen Minderheit in Schleswig-Holstein und deswegen von der Fünf-Prozent-Klausel befreit - in den Prognosen liegt die Partei aktuell sogar bei 6 Prozent.
"Das ist das beste Ergebnis, das der SSW jemals in seiner Parteigeschichte erzielt hat seit 1948", sagte Spitzenkandidat Lars Harms am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. Alle Mitglieder seien "unheimlich stolz und unheimlich froh". Die Wählerinnen und Wähler hätten großes Vertrauen in den SSW gezeigt - "und das wollen wir jetzt auch die nächsten fünf Jahre erfüllen", sagte Harms. Das gute Abschneiden liegt seiner Ansicht nach daran, dass die Partei klar gemacht habe, "dass wir uns um die ganz kleinen Leute kümmern wollen".
Harms zeigte sich offen für ein Gespräch mit der CDU. "Wir haben immer gesagt, wir stehen für Gespräche offen", sagte Harms in der ARD. "In einer Demokratie sollte eine demokratische Partei nie nein sagen, sondern immer sagen: Wir gucken uns das an, wir schnacken miteinander." Es gebe jetzt alle möglichen Parteien, die mit der CDU koalieren könnten. "Das liegt jetzt an Daniel Günther, für wen er sich denn entscheidet."
AfD muss um Einzug in den Landtag zittern - Partei ist enttäuscht
19:00 Uhr: Der schleswig-holsteinische AfD-Spitzenkandidat Jörg Nobis hat sich enttäuscht vom schlechten Abschneiden seiner Partei bei der Landtagswahl gezeigt. "Wir zittern noch", sagte Nobis der Deutschen Presse-Agentur. Die AfD muss den Prognosen zufolge mit 4,5 bis 4,9 Prozent um den Wiedereinzug in den Landtag in Kiel bangen (2017: 5,9). Nobis sagte: "Wir hoffen natürlich, dass wir jetzt noch ein bisschen zulegen, damit es am Ende doch noch reicht, über die 5-Prozent-Hürde zu kommen."
Alle Parteien hätten gegen die Beliebtheit des Ministerpräsidenten schwer zu kämpfen gehabt, sagte Nobis. Hinzu komme, dass das Thema Corona im Erleben der Menschen keine Rolle mehr spiele. Auch die Haltung der AfD zum Krieg in der Ukraine und zu Waffenlieferungen könne die Partei Stimmen gekostet haben.
AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla, der ebenso wie die stellvertretende Bundessprecherin Beatrix von Storch in den Räumen der AfD im Landeshaus die Prognosen verfolgte, sagte der dpa, sicherlich hätte sich die Partei ein besseres Ergebnis gewünscht. "Aber wir warten erst einmal ab. Es wird ein langer Abend."
Stegner nennt Abschneiden seiner Partei ein "Debakel"
18:47 Uhr: Der SPD-Bundestagsabgeordnete und frühere Landesvorsitzende
Heinold: Wähler wollen Grüne weiter in Regierungsverantwortung
18:33 Uhr: Grünen-Spitzenkandidatin Monika Heinold hat sich über das gute Abschneiden ihrer Partei bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein gefreut. "Die Menschen im Land wollen, dass wir weiter Regierungsverantwortung tragen. Ob es so kommt, werden wir sehen", sagte Heinold am Sonntagabend nach Bekanntgabe der ersten Prognosen. Danach sind die Grünen noch vor der SPD voraussichtlich zweitstärkste Kraft, klarer Wahlgewinner ist die CDU. Die zweite Grünen-Spitzenkandidaten Aminata Touré sagte, die Freude bei der Partei sei "unfassbar". "Wenn die AfD rausfliegt, das wäre großartig."
CDU-Parteivize Linnemann: "Respekt an Daniel Günther"
18:22 Uhr: Nach den Prognosen zur Landtagswahl in Schleswig-Holstein hat sich der stellvertretende Parteivorsitzende der CDU,
Nach den Prognosen von ARD und ZDF lagen die Christdemokraten des amtierenden Ministerpräsidenten Günther deutlich vor SPD und Grünen und konnten sich bei der Wahl am Sonntag im Vergleich zu 2017 erheblich verbessern. Dies sei "maßgeblich" der Erfolg von Daniel Günther und nicht in erster Linie das Ergebnis der Bundespartei, erklärte Linnemann. Bei den Themen Sicherheit und Bildung habe Günther eine klare Meinung und Überzeugung. Das sei der Typ Politiker, der gefragt sei, sagte Linnemann. "Er ist ein Hoffnungsträger", sagte Linnemann.
Wahlbeteiligung bis zum Nachmittag geringer als 2017
15:44 Uhr: An der Landtagswahl in Schleswig-Holstein haben bis zum frühen Sonntagnachmittag weniger Menschen teilgenommen als am Urnengang vor fünf Jahren. Die Wahlbeteiligung lag um 14:00 Uhr bei 36,8 Prozent, wie der Landeswahlleiter mitteilte. 2017 hatte sie noch bei 42,5 Prozent gelegen. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) bekräftigte seinen Wunsch zur Fortsetzung der bisherigen Jamaika-Koalition.
"Ich glaube, dass das Bündnis aus CDU, Grünen und FDP Schleswig-Holstein gut getan hat", sagte er am Sonntag bei seiner Stimmabgabe in einem Wahllokal in Eckernförde. "Mein Ziel ist die Fortsetzung dieser Regierung."
"Klar würde ich mich natürlich darüber freuen, wenn sich die Umfragen auch bestätigen würden", sagte Günther mit Blick darauf, dass die CDU "mit Abstand stärkste Kraft" werden könnte. Ansonsten habe er sich aber bei der Frage nach der künftigen Koalition nicht von den Umfragen leiten lassen. Daran ändere er nun auch nichts und schaue danach, "wie das Wahlergebnis ist".
Den Umfragen zufolge könnte es rechnerisch für ein schwarz-grünes Bündnis reichen, die FDP als dritter Partner würde demnach nicht mehr gebraucht. Erste Prognosen zum Wahlausgang werden für 18.00 Uhr erwartet - dann schließen die Wahllokale.
Bislang geringerer Zustrom in Wahllokale bei Landtagswahl im Norden
12:06 Uhr: Bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein sind am Sonntagmorgen weniger Wähler an die Urnen gegangen als vor fünf Jahren. Bis 11 Uhr hatten 16,3 Prozent in den Wahllokalen ihre Stimme abgegeben, wie der Landeswahlleiter auf seiner Internetseite mitteilte. 2017 hatten dies zu diesem Zeitpunkt 21,5 Prozent getan. Die Wahlbeteiligung lag damals bei insgesamt 64,2 Prozent.
Zur Wahl stehen 16 Parteien mit Landeslisten, drei mehr als vor fünf Jahren. Erste Prognosen und Hochrechnungen werden am Abend kurz nach Schließung der Wahllokale erwartet.
Parallel zum Landtag werden in mehreren Städten auch die Bürgermeister neu gewählt, darunter in der Stormarner Kreisstadt Bad Oldesloe und in Eckernförde.
Wahllokale in Schleswig-Holstein sind geöffnet
08:05 Uhr: In Schleswig-Holstein hat am Sonntag die Landtagswahl begonnen. Seit 08:00 Uhr können die rund 2,3 Millionen Stimmberechtigten in den Wahllokalen ihre Stimme abgeben. Den Umfragen zufolge deutet in Deutschlands nördlichstem Bundesland alles auf einen eindeutigen Sieg der CDU von Ministerpräsident Daniel Günther hin, der damit beste Chancen auf eine zweite Amtszeit hat. Deutlich hinter der CDU liefern sich SPD und Grüne einen Kampf um den zweiten Rang.
Das sind die Spitzenkandidaten bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein
- CDU: Daniel Günther (48, amtierender Ministerpräsident)
- SPD: Thomas Losse-Müller (49)
- GRÜNE: Monika Heinold (63)
- FDP: Bernd Buchholz (60)
- AfD: Jörg Nobis (46)
- SSW: Lars Harms (57)
Umfragen und Ausgangslage zur Landtagswahl in Schleswig-Holstein
In den jüngsten Umfragen lagen die Christdemokraten bei 36 bis 38 Prozent, während die oppositionelle SPD um Herausforderer Thomas Losse-Müller bei lediglich 18 bis 20 Prozent verortet wurde. Die Grünen, die seit 2017 mit der CDU und der FDP in einer Koalition regieren, kamen in den aktuellen Befragungen auf 16 bis 18 Prozent.
Die FDP erreichte sieben bis neun Prozent, die AfD fünf bis sechs Prozent. Auch der als Minderheitenpartei von der Fünfprozenthürde befreite Südschleswigsche Wählerverband (SSW) kam auf fünf bis sechs Prozent. Die Linke dürfte den Landtagseinzug erneut verpassen.
In Schleswig-Holstein regiert seit 2017 eine Dreierkoalition aus CDU, Grünen und FDP. Den Umfragen zufolge gäbe es künftig eine sichere Mehrheit für ein Zweierbündnis aus CDU und Grünen. Der Urnengang ist der zweite von vier geplanten Landtagswahlen in diesem Jahr. Im März wurde im Saarland abgestimmt, bereits am kommenden Sonntag folgt die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen.
Was die Landtagswahl 2022 in Schleswig-Holstein noch interessant macht
- DIE FAKTEN: Rund 2,3 Millionen Wahlberechtigte dürfen ihre Stimme abgeben. 16 Parteien sind mit Landeslisten dabei. In 35 Wahlkreisen treten knapp 300 Bewerberinnen und Bewerber an. 2017 betrug die Wahlbeteiligung 64,2 Prozent.
- DAS WAHLRECHT: Es gilt das Zwei-Stimmen-System. Per Erststimme werden die 35 Mandate aus den Wahlkreisen vergeben. Wer dort die meisten Stimmen holt, ist gewählt. Die Zweitstimme gilt der Landesliste einer Partei, damit kommen regulär 34 Mandate dazu. Erhält eine Partei mehr Direktmandate in den Wahlkreisen, als ihr prozentual nach Zweitstimmen zustünden, behält sie diese Mehrsitze. Die anderen Parteien bekommen dafür entsprechend ihrem Anteil Ausgleichsmandate. Es gilt die Fünf-Prozent-Hürde.
- SONDERFALL SSW: Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) ist als Partei der dänischen Minderheit von der Fünf-Prozent-Klausel befreit. Er muss aber eine Mindestzahl von Stimmen holen, um mindestens ein Mandat zu bekommen. Auf dieser Basis ist die Partei, die auch die friesische Minderheit vertritt, seit 1958 durchweg im Parlament, lange aber nur mit einem Abgeordneten. 2012 bis 2017 bildete der SSW mit SPD und Grünen eine Regierung. Mit Anke Spoorendonk stellte er die Justizministerin.
- DIE AUSGANGSLAGE: Aktuell sitzen Politiker aus sieben Parteien im Landtag. Stärkste Kraft wurde 2017 die CDU mit 32,0 Prozent, gefolgt von der SPD mit 27,3, den Grünen mit 12,9 und der FDP mit 11,5 Prozent. Die AfD kam mit 5,9 Prozent erstmals ins Parlament; die Linke verfehlte die 5-Prozent-Hürde. Der von dieser befreite SSW schaffte 3,3 Prozent, was für drei Mandate reichte. Die zunächst fünfköpfige AfD-Fraktion zerfiel, weil der Partei nur drei Abgeordnete blieben. Eine Fraktion muss mindestens vier haben. Die frühere AfD-Landesvorsitzende Doris von Sayn-Wittgenstein wurde aus Partei und Fraktion ausgeschlossen. Frank Brodehl verließ die AfD und trat später in die Splitterpartei Liberal-Konservative Reformer ein.
- DIE OPTIONEN: Verschiedene Koalitionen sind denkbar. Die CDU würde wohl am liebsten allein mit der FDP regieren, sagt aber, sie würde gern Jamaika fortführen, also auch mit den Grünen. Sollte es für CDU/FDP nicht reichen, könnte auch der SSW dazukommen. Nach den Umfragen gut möglich wäre ein Bündnis aus CDU und Grünen, ohne FDP. Diese hat eine klare Präferenz für die CDU bekundet, was eine Ampel deutlich erschweren würde. Für eine solche würde es aktuell auch rechnerisch nicht reichen. Die Grünen gehen ohne Koalitionsaussage in die Wahl. Für eine Neuauflage einer Koalition aus SPD, Grünen und SSW zeichnet sich keine Mehrheit ab.
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