• 17:54 Uhr: Ukrainische Armee sieht keine Anzeichen für Wagner-Abzug aus Bachmut
  • 17:47 Uhr: ➤ Experte: Krieg wird auch nach ukrainischer Gegenoffensive weitergehen
  • 15:41 Uhr: Russland ordnet Teil-Evakuierung von Region Saporischschja an
  • 13:46 Uhr: Russland kündigt nach Drohnen-Vorfall "konkrete Aktionen" an
  • 12:26 Uhr: EU verurteilt russische Eskalation des Kriegs gegen die Ukraine
  • 10:42 Uhr: Prigoschin wütert vor Leichen gegen Militärführung und droht mit Abzug

Mehr News zum Krieg in der Ukraine

➤ Experte: Krieg wird auch nach ukrainischer Gegenoffensive weitergehen

  • 17:47 Uhr

Nach Einschätzung des Militärexperten Oberst a.D. Ralph Thiele wird der Krieg auch nach der geplanten ukrainischen Gegenoffensive nicht beendet sein. "Wir müssen davon ausgehen, dass, was auch immer bei dieser Offensive passiert, der Krieg danach weitergeht", sagte Thiele im Gespräch mit ntv. Es sei deswegen "richtig, langfristig zu denken".

"Diese Offensive, mit der wir schon seit langem rechnen und die sich jetzt wohl zeitlich sehr nähert, hat eine Art dramatische Ablaufkurve: Alle hängen davon ab", analysierte er weiter. "Die Ukrainer, dass sie Erfolg haben gegen die Russen, wir im Westen in der Unterstützung, ob sich das überhaupt gerechnet hat, und selbst die Russen sind [auf die Offensive] fokussiert, um [sie] entsprechend abzuwehren."

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius verschaffte sich am Freitag einen Eindruck von der Ausbildung ukrainischer Soldaten in Deutschland. Bei seinem Besuch des Bundeswehrstandorts Klietz im Norden Sachsen-Anhalts sagte er: "Gemeinsam mit Dänemark und den Niederlanden finanziert Deutschland die Instandsetzung von rund 100 Leopard 1 A5 aus den Beständen der Industrie." Nach Einschätzung von Thiele können diese alten Panzer im Krieg in der Ukraine einen Unterschied machen. "Da die Russen viele alte Panzer benutzen, bieten die Leo 1 tatsächlich immer noch einen verhältnismäßigen Vorteil auf dem Gefechtsfeld."

Die Lieferung dieser Panzer voraussichtlich im Sommer sei für die geplante Gegenoffensive der Ukraine zwar zu spät. "Aber die Leo 1 werden auch noch später in diesem Jahr nützlich sein", betonte der Experte. "Die Munition, die wir immer mit großen Worten verkünden, wird auch erst in etwa einem Jahr ankommen", so Thiele. (tas)

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Die Lage im Überblick

Seit 24. Februar 2022 führt Russland aus der Luft und am Boden einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kurz zuvor hatte Präsident Wladimir Putin das Existenzrecht der Ukraine als eigenständiger Staat in Zweifel gezogen und die sogenannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk in der Ostukraine anerkannt.

Die ukrainische Armee wehrt sich seitdem nach Kräften gegen die Invasoren. Auf beiden Seiten gibt es Berichten zufolge Tausende Tote. Wie viele Soldaten und Zivilisten bereits starben, lässt sich jedoch nicht unabhängig überprüfen. Fakt ist: Die humanitäre Lage in der Ukraine spitzt sich mit jedem Tag zu.

Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR hat inzwischen mehr als 8,1 Millionen ukrainische Flüchtlinge in Europa registriert (Stand: 2. Mai). Die Flüchtenden sind vor allem Frauen und Kinder, da Männer zwischen 18 und 60 Jahren das Land in den meisten Fällen nicht verlassen dürfen.

Die EU und die USA reagierten mit Sanktionen. Außerdem liefern sie der Ukraine Waffen, auch Deutschland unterstützt das Land mit Waffenlieferungen. Auch Panzer der Klasse Gepard hat die Ukraine aus Deutschland erhalten. (dpa)

Die weiteren Nachrichten zum Krieg in der Ukraine vom 5. Mai

Ukrainische Armee sieht keine Anzeichen für Wagner-Abzug aus Bachmut

  • 17:54 Uhr

Das ukrainische Militär hat trotz einer Ankündigung von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin keine Anzeichen für einen baldigen Abzug der russischen Söldner aus Bachmut festgestellt. "Diese Erklärungen wurden vor dem Hintergrund gemacht, dass er ein weiteres Versprechen, Bachmut bis zum 9. Mai zu erobern, nicht erfüllen kann", sagte ein Vertreter der Militäraufklärung, Andrij Tschernjak, am Freitag der Nachrichtenagentur RBK-Ukrajina. Prigoschin versuche damit nur, die Verantwortung auf andere abzuschieben.

Das ukrainische Militär sieht bei den Russen auch – anders als von Prigoschin dargestellt – keinen Munitionsmangel. "Allein heute wurde in Bachmut und Umgebung 520 Mal aus Artillerie unterschiedlichen Typs geschossen", erklärte Armeesprecher Serhij Tscherewatyj. Der eigentliche Hintergrund der Erklärungen Prigoschins seien die hohen Verluste der Söldnertruppen von 100 und mehr Toten pro Tag.

Zuvor hatte Prigoschin einen Abzug seiner Söldnereinheiten am kommenden Mittwoch angekündigt. Diese müssten "ihre Wunden lecken". Als Ursache hatte der 61-Jährige hohe Verluste wegen mangelnder Artillerieunterstützung durch die russischen Streitkräfte angeführt und dabei die Armeeführung direkt angegriffen.

Die ukrainischen Streitkräfte zerstörten nach Angaben von Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar bei Bachmut mehrere Munitionsdepots der Wagner-Truppe durch Artilleriebeschuss. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden. Die Stadt Bachmut ist seit Herbst der am schwersten umkämpfte Flecken in der Ukraine, in die Russland vor mehr als 14 Monaten einmarschiert ist. (dpa)

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Russland ordnet Teil-Evakuierung von Gebieten in der Ukraine an

  • 15:41 Uhr

Die russische Besatzungsmacht will frontnahe Gebiete im südukrainischen Saporischschja evakuieren. "Die Obrigkeit des Gebiets Saporischschja hat entschieden, die Bewohner von 18 frontnahen Ortschaften wegen des zunehmenden ukrainischen Beschusses zeitweise tiefer in die Region zu verlegen", schrieb der Vertreter der moskautreuen Verwaltung, Wladimir Rogow, am Freitag in seinem Telegram-Kanal. Unter anderem soll auch die Stadt Enerhodar, in der das Atomkraftwerk Saporischschja liegt, geräumt werden.

Daneben sollen auch die Bewohner der Städte Tokmak und Polohy sowie der Großsiedlungen Kamjanka und Rosiwka ihre Koffer packen. Die Ortschaften liegen teilweise bis zu 40 Kilometer hinter der aktuellen Frontlinie. Allerdings wird in der näheren Zukunft mit einer ukrainischen Gegenoffensive gerechnet. Als eine Möglichkeit gilt dabei ein militärischer Vorstoß im Gebiet Saporischschja in Richtung der Küste des Asowschen Meeres. Die Anschläge auf strategisch wichtige Objekte im von Russland kontrollierten Hinterland der Front haben zuletzt stark zugenommen. (dpa)

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Pistorius sichert Ukraine Unterstützung zu "as long as it takes"

  • 14:38 Uhr

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat gemeinsam mit seinem dänischen Amtskollegen Troels Lund Poulsen die Ausbildung ukrainischer Soldaten besucht und dauerhafte Unterstützung zugesagt. "Ich bleibe dabei und sage es immer wieder aus tiefster Überzeugung: wir werden die Ukraine unterstützen, mit allem was möglich ist - as long as it takes", sagte Pistorius am Freitag bei dem Besuch im Norden Sachsen-Anhalts. Dänen und Deutsche bilden dort ukrainische Soldaten an Leopard 1 A5 Kampfpanzern aus.

Diese lernen, das Waffensystem zu benutzen und im Feld instand zu setzen. Pistorius hob die hohe Motivation und den großen Einsatz hervor. Die Ausbildung sei ein Beispiel für Unterstützung im multinationalen Rahmen und auch für die Zusammenarbeit von Streitkräften und der Industrie.

"Gemeinsam mit Dänemark und den Niederlanden finanziert Deutschland die Instandsetzung von rund 100 Leopard 1 A5 aus den Beständen der Industrie", so der Minister. Experten des Heeres zufolge bedeute das eine beachtliche Kampfkraft. Es sei ein weiteres Signal der Geschlossenheit in der Unterstützung für die Ukraine gegen den russischen Aggressor. "Dabei wird und muss es auch in Zukunft bleiben", so Pistorius weiter.

An weiteren Ausbildungsgängen würden sich auch die Niederlande beteiligen, sagte der Minister. Im Norden Sachsen-Anhalts werde dann auch die Ausbildung am Schützenpanzer Marder folgen. Geplant seien ebenfalls Ausbildungen etwa für den Häuserkampf und die Pionierausbildung.

Der Ausbildungshub Nord ist die zentrale Drehscheibe der von Brüssel geführten europäischen Mission zur Ausbildung ukrainischer Soldaten (EUMAM UA) in Deutschland. Hier konzentriert sich ein Großteil der Trainings. Bislang wurden den Angaben zufolge mehr als 3000 ukrainische Soldatinnen und Soldaten ausgebildet. Bis Ende des Jahres soll die Zahl der Ausgebildeten auf bis zu 9000 anwachsen. (dpa)

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Russland kündigt nach Drohnen-Vorfall "konkrete Aktionen" an

  • 13:46 Uhr

Nach dem Drohnen-Vorfall auf dem Kreml-Gelände in Moskau hat der russische Außenminister Sergej Lawrow "konkrete Aktionen" angekündigt. "Es ist absolut klar, dass die Terroristen in Kiew dies ohne das Wissen ihrer 'Schirmherren' nicht hätten tun können", sagte Lawrow am Freitag am Rande eines Gipfels der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) im südindischen Goa laut der russischen Nachrichtenagentur Tass. "Wir werden mit konkreten Aktionen antworten."

Russland hatte erklärt, in der Nacht zu Mittwoch seien zwei Drohnen zum Absturz gebracht worden, die auf das Kreml-Gelände zugeflogen seien. Moskau wirft Kiew einen versuchten Anschlag auf Russlands Präsidenten Wladimir Putin vor und droht mit Gegenmaßnahmen. Kremlsprecher Dmitri Peskow schob den USA die Verantwortung für die Attacke zu. Kiew und Washington wiesen jegliche Beteiligung an dem Vorfall zurück.

Lawrow hat nach eigenen Angaben den Vorfall nicht im Detail mit seinem indischen Kollegen Subrahmanyam Jaishankar besprochen, wie die indische Nachrichtenagentur ANI schrieb. "Wir kennen die Position Indiens, die dafür ist, jegliche Provokation und Terrorattacken zu stoppen, da gibt es keine Zweifel." Delhi hat mit Moskau traditionell gute Beziehungen und den bilateralen Handel mit dem Land seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine erweitert. Indien positioniert sich gegenüber dem Krieg neutral und ruft immer wieder zu einer Dialoglösung auf. (dpa)

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EU verurteilt russische Eskalation des Kriegs gegen die Ukraine

  • 12:26 Uhr

Die EU wirft Russland eine weitere Eskalation des Krieges gegen die Ukraine vor. In dieser Woche habe es einen zunehmend wahllosen und blutigen Beschuss von zivilen Gebieten gegeben, sagte ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell am Freitag in Brüssel und nannte die Raketen- und Drohnenangriffe auf Odessa und Kiew als Beispiele. Zusätzlich seien in der Region Cherson mit schwerer Artillerie unter anderem ein großer Supermarkt sowie ein Bahnhof und eine Tankstelle getroffen worden. Bei den Angriffen in Cherson habe es mehr als 20 Tote und fast 50 Verletzte gegeben. Alle seien Zivilisten gewesen.

"Dies rücksichtslose Töten von Zivilisten und die Zerstörung von ziviler Infrastruktur müssen sofort aufhören", sagte der Sprecher. Für die Befehlshaber, Täter und Komplizen dieser Gräueltaten werde es keine Straflosigkeit geben. Die EU bleibe entschlossen, sie alle zur Rechenschaft zu ziehen. (dpa)

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Prigoschin wütet vor Leichen gegen Russlands Militärführung

  • 10:42 Uhr:

Wegen angeblichen Munitionsmangels an der Front in der Ukraine hat der Chef der berüchtigten russischen Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, mit schweren Beleidigungen gegen die Militärführung in Moskau gewettert. Ein am Freitag veröffentlichtes Video zeigt den 61-Jährigen vor zahlreichen aufgereihten Leichen in der Dunkelheit auf einer Wiese. "Das sind Wagner-Kämpfer, die heute getötet wurden. Das Blut ist noch frisch", sagt der sichtlich aufgebrachte Prigoschin dazu.

Dann richtet er sich direkt an Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu und an Generalstabschef Waleri Gerassimow - und schreit in die Kamera: "Schoigu, Gerassimow, wo, verdammte Scheiße, ist die Munition?" Anschließend schimpft er weiter: "Ihr Biester, ihr sitzt in teuren Clubs, eure Kinder haben Spaß am Leben und nehmen Youtube-Clips auf." Hätte seine Truppe ausreichend Munition, wären die Todeszahlen fünf Mal niedriger, behauptete er.

Prigoschin hat Moskau zudem mit dem Abzug seiner Kämpfer aus der ostukrainischen Stadt Bachmut gedroht. "Am 10. Mai 2023 werden wir unsere Stellungen in Bachmut an Einheiten des Verteidigungsministeriums übergeben und Wagner-Einheiten zurückziehen müssen, um unsere Wunden zu lecken", schrieb Prigoschin im Onlinedienst Telegram. Wegen des Munitionsmangels müssten seine Kämpfer ansonsten mit einem "sinnlosen Tod" rechnen. (dpa/afp)

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Offenbar Drohnen-Angriff: Wieder Brand in russischer Öl-Raffinerie

  • 10:06 Uhr

Im Süden Russlands ist zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit ein Feuer auf dem Gelände einer Öl-Raffinerie ausgebrochen. Verletzt worden sei bei dem Vorfall unweit der von Russland annektierten ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim niemand, teilte der Zivilschutz am Freitag laut Agentur Tass mit. Unter Berufung auf Rettungskräfte vor Ort hieß es, das Feuer in der Siedlung Ilski, wo es bereits in der Nacht zum Donnerstag gebrannt hatte, sei erneut durch einen Drohnen-Angriff ausgelöst worden.

Insbesondere im Süden Russlands sowie auf der Krim häufen sich seit Tagen Anschläge auf Infrastruktur-Objekte, die für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine von Bedeutung sein könnten. In der Grenzregion Brjansk etwa entgleisten nach Schienensprengungen zwei Güterzüge. Wer hinter den Aktionen steckt, ist unklar. Internationale Beobachter vermuten aber, dass es sich um Vorbereitungen für die erwartete ukrainische Gegenoffensive handeln könnte. (dpa)

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Wagenknecht kritisiert Verleihung von Karlspreis an Selenskyj

  • 07:46 Uhr:

Die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht sieht den ukrainischen Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj als ungeeigneten Träger des Karlspreises der Stadt Aachen. Europa sei nach dem Zweiten Weltkrieg als Projekt des Friedens gegründet worden. "Wer den Karlspreis erhält, sollte alles dafür tun, den Krieg in der Ukraine durch Verhandlungen und einen Kompromissfrieden zu beenden", sagte die Bundestagsabgeordnete den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag). Wagenknecht ergänzte, es wäre gut, wenn Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) "Selenskyj überzeugen könnte, einen solchen Weg von seiner Seite zu ermöglichen".

Die 53-Jährige verfasste zusammen mit der Frauenrechtlerin Alice Schwarzer ein "Manifest für Frieden", das unter anderem ein Ende der Waffenlieferungen und Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin fordert. Das Manifest hatte auch viel Kritik auf sich gezogen.

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, zeigte sich skeptisch gegenüber der Forderung unter anderem von Wagenknecht nach einem Waffenstillstand und Verhandlungen mit Russland. "Ich frage mich, was diese Menschen erreichen wollen. Ich habe noch keinen einzigen Vorschlag gesehen, wie sie sich Verhandlungen vorstellen. Ich habe auch nicht mitbekommen, dass diese Menschen vor der russischen Botschaft gegen Putins Krieg demonstriert hätten", sagte Makeiev dem "Spiegel". Für die Ukrainer sei das "kein Krieg im Fernsehen", jeder sei betroffen, auf die eine oder andere Art und Weise.

Der Karlspreis wird seit 1950 an Persönlichkeiten verliehen, die sich um die Einheit Europas verdient gemacht haben. Dass Selenskyj und das ukrainische Volk in diesem Jahr mit dem renommierten Preis geehrt werden sollen, hatte das Direktorium bereits im Dezember entschieden. Übergeben wird der Preis am 14. Mai. Die Veranstalter hatten angegeben, sich auf eine persönliche Teilnahme des Präsidenten vorzubereiten, diese sei aber noch offen. (dpa)

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Drohnen-Vorfall: Kasparow glaubt nicht an russische Inszenierung

  • 06:00 Uhr:

Der russische Regierungskritiker und frühere Schachweltmeister Garri Kasparow (60) glaubt bei dem Drohnen-Vorfall auf dem Kreml-Gelände in Moskau nicht an eine russische Inszenierung. "Die verbreitete Version, dass es eine Provokation des KGB war, bezweifle ich. Ich habe keine Probleme damit, mir vorzustellen, dass der KGB Fake-Events kreiert, um die Wut der Bevölkerung zu wecken, aber das ist das falsche Ziel", sagte er im Interview der Deutschen Presse-Agentur in Gmund am Tegernsee.

Der KGB war der sowjetische Geheimdienst, aus dem der heutige Inlandsgeheimdienst FSB und der Auslandsdienst SWR hervorgingen. "Vor dem Hintergrund des Krieges wird eine Attacke auf den Kreml Putin von den Russen als Schwäche ausgelegt", sagte Kasparow. Er habe zwar auch nur die Informationen, die er aus den Medien erfahre, und könne sich irren, glaube bei dem Vorfall am russischen Machtzentrum aber eher an eine "Nachricht aus der Ukraine: Pass auf, wir können Euch erreichen". Russland hatte erklärt, in der Nacht zu Mittwoch seien zwei Drohnen zum Absturz gebracht worden, die auf das Kreml-Gelände zugeflogen seien. Moskau wirft Kiew einen versuchten Anschlag auf Kremlchef Wladimir Putin vor und droht mit Gegenmaßnahmen.

Kasparow, der am Donnerstag beim Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee mit dem "Freiheitspreis der Medien" ausgezeichnet wurde, sieht im Fall eines Endes des Ukraine-Krieges und einer Niederlage Putins "dramatische Konsequenzen" für Russland. "Wir wissen aus der russischen Geschichte, dass, während ein Krieg erfolgreich geführt wird, die Leute Konsequenzen ertragen und Opfer akzeptieren können", sagte der 60-Jährige. "Der Verlust eines Krieges führte aber immer zu Revolten und Revolutionen."

Russland sei in einem "schrecklichen Zustand". "Ich glaube, es wird dann eine Explosion geben. Die Frage ist: Was wird das Ergebnis dieser Explosion sein? Und dieses wird sehr von unserer Bereitschaft abhängen, im Fall der Fälle einen Plan zu haben und ob wir Russland eine Möglichkeit zeigen können, sich zu erholen. Es geht darum, eine Chance anzubieten", sagte Kasparow.

Kasparow wurde als Schachgenie berühmt und 1985 mit nur 22 Jahren zum jüngsten Schachweltmeister der Geschichte. Nach dem Ende seiner Schachkarriere machte sich der Sohn eines deutsch-jüdischen Vaters und einer Armenierin einen Namen als scharfer Kreml-Kritiker. Er war Mitbegründer mehrerer oppositioneller Bündnisse, Kampagnen, Organisationen und Parteien und gilt heute als einer der führenden russischen Oppositionellen. Er lebt im Exil in New York.

"Ich glaube, ich muss eine Rolle darin spielen, Russland wieder zurückzubringen", sagte Kasparow der dpa. "Es geht um den nie endenden Kampf zwischen Freiheit und Tyrannei. Und wie dieser globale Kampf ausgeht, wird sehr von den Ergebnissen unserer Anstrengungen abhängen, Russland und das, was gut war in der russischen Geschichte, wiederzubeleben." (dpa)

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Mit Material von dpa und AFP

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