Vor einem Jahr erreicht die Arbeitslosenquote in Deutschland ihren tiefsten Wert mit 5,8 Prozent. Dennoch bleibt das Thema mit Blick auf die Digitalisierung vor der Bundestagswahl 2017 hochspannend. Welche Partei was verspricht, und wer revolutionäre Ideen hat - unsere Redaktion gibt einen Überblick.

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Die Union fordert Vollbeschäftigung, die SPD mehr Gerechtigkeit und Grüne und FDP vor allem einen mutigen Blick in die Zukunft. Die Linke hingegen will mit einem alten, die AfD vor allem mit Randthemen punkten.

Union

Revolutionär ist das Ziel von CDU/CSU in jedem Fall. Es lautet Vollbeschäftigung, konkreter will die Union bis 2025 eine Arbeitslosenquote von unter drei Prozent erreichen. Wie? "Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz", heißt es pathetisch im Wahlprogramm.

Dafür will die Union notfalls Abstriche beim Klimaschutz machen. "Notwendige Regelungen zum Umwelt- und Klimaschutz dürfen nicht zur Verlagerung von Arbeitsplätzen in Ländern mit geringeren Umwelt-Auflagen führen", wird erklärt. Weiter planen CDU/CSU ein "Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz".

Ergo: Fachkräften, die einen Arbeitsvertrag in Deutschland vorweisen können, soll die Einreise problemlos ermöglicht werden - auch, wenn sie von außerhalb der Europäischen Union (EU) kommen. Ziel sei, dass "kein Arbeitsplatz" unbesetzt bleibt, weil es an Fachkräften fehlt, erklärte Kanzlerin Angela Merkel.

Voraussetzung ist laut der CDU-Chefin ein nachweisbar sicherer Lebensunterhalt. In punkto Digitalisierung will die Union alle Dienstleistungen der Verwaltung in einem elektronischen Bürgerkonto zugänglich machen.

SPD

Auch die Sozialdemokraten haben hehre Ziele. So fordern sie eine Mindestvergütung für Auszubildende und wollen die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen abschaffen.

"Die Sachgründe für Befristungen werden wir einschränken und die Möglichkeit von Kettenbefristungen begrenzen", wird im Wahlprogramm erklärt: "Wir werden unbefristete Arbeit, tariflich bezahlt, wieder zum Normalfall machen!"

Weiter wird ein sogenanntes Arbeitslosengeld Q (ALG Q) propagiert. Dieses soll es künftig für die Dauer von Qualifizierungsmaßnahmen geben. Markant: Der Bezug des ALG Q soll nicht auf das übrige Arbeitslosengeld angerechnet werden, ergo, es würde deutlich länger auf dem Niveau des Arbeitslosengeldes I bezahlt werden, das 60 Prozent vom letzten Nettolohn entspricht.

Ferner setzt die SPD beim Thema Leiharbeit an: "Unser Ziel ist, dass Leiharbeit vom ersten Tag an genauso vergütet wird, wie in der Stammbelegschaft", heißt es. Zudem soll es eine "Investitionsoffensive" geben, mit sogenanntem Wagniskapital für Start-ups in neuen Märkten.

Hier wird der Bogen zur Digitalisierung gespannt. Für digitale Ausrüstung sollen kleine und mittlere Unternehmen einen Zuschuss erhalten.

Die Linke

Die Linkspartei will Hartz-IV komplett abschaffen. Stattdessen soll es eine Mindestsicherung von 1.050 Euro pro Person und Monat geben - selbst dann, sollte ein Arbeitsloser einen Job ablehnen. Bislang beträgt der Hartz-Regelsatz für Alleinstehende 409 Euro pro Monat.

Wie das alles bezahlt werden soll, bleibt unbeantwortet. "Hartz IV öffnet rechtlicher Willkür Tür und Tor", schreibt Parteichefin Katja Kipping auf ihrer Homepage. "Das soziale Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenz- und Teilhabeminimum ist mit Hartz IV nicht zu gewährleisten."

Nächster Ansatz: Die Linke will den gesetzlichen Mindestlohn von 8,84 Euro auf 12 Euro erhöhen. Damit der Mindestlohn auch eingehalten werde, fordert die Linke ferner "mehr staatliche Kontrolleure und Kontrolleurinnen". Zudem sollen Minijobs und Leiharbeit nach Vorstellungen der Linkspartei schnellstmöglich abgeschafft werden.

Die Grünen

"Wir begrünen unsere Wirtschaft", erklären sie, umweltschädliche Subventionen sollen abgebaut und stattdessen in Klimaschutz investiert werden. Wie das gehen soll? Die Partei will "aus der klimafeindlichen Kohle" aussteigen und laut Kurzwahlprogramm "die 20 schmutzigsten Kohlekraftwerke" sofort abschalten lassen.

"Wir sorgen dafür, dass bis 2030 Strom zu 100 % aus erneuerbaren Energien kommt", heißt es weiter. Klimapolitik verbindet sich hier maßgeblich mit Wirtschaftspolitik, so sollen ab 2030 "nur noch abgasfreie Autos neu zugelassen werden".

Ferner planen die Grünen, dass Arbeitnehmer bereits nach vier Monaten sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben. Bislang gilt dieser erst nach einem Jahr.

FDP

Bemerkenswert ist der Vorschlag, wie die weiträumige Digitalisierung finanziert werden soll. Staatsbeteiligungen an Unternehmen wie der Post und der Telekom sollen verkauft und der Erlös in den Ausbau des Glasfasernetzes für schnelles Internet investiert werden, erklären die Liberalen.

Die FDP schlägt ferner den Aufbau eines Digitalministeriums vor. Der Arbeitsmarkt soll indes für die Arbeitnehmer liberaler gestaltet werden. "Das Arbeitsrecht wollen wir homeofficefähig machen und den Trend hin zu projekt-orientierter Beschäftigung gesetzlich begleiten" meint die FDP in ihrem Wahlprogramm.

Pro Woche soll zudem für festangestellte Arbeitnehmer eine Höchstarbeitszeit von 48 Stunden gesetzlich festgeschrieben werden. Der Mindestlohn dagegen soll auf dem bisherigen Niveau bleiben.

"Aus Sicht der FDP sind die rechtlichen Möglichkeiten, soziale Verwerfungen am Arbeitsmarkt zu bekämpfen, ausreichend", erklärte Spitzenkandidat Christian Lindner dazu. Sein Programm richtet sich vielmehr nach dem Mittelstand.

AfD

Die selbsterklärte "Alternative für Deutschland" hat eine sogenannte Bürgerarbeit im Sinn. Arbeitslose sollen für gemeinnützige Arbeit 1.000 Euro à 30 Stunden erhalten.

Bei rund 1,9 Millionen Langzeitarbeitslosen (Stand Februar 2017) bedürfe dies eines immensen Investitionsvolumens.

Außerdem möchte die AfD eine gesetzliche Obergrenze von 15 Prozent Leih- und Werksvertragsarbeitern in Unternehmen. "Leiharbeit muss nach einer sechsmonatigen Beschäftigungszeit einer festen Anstellung gleichgestellt werden", heißt es im Wahlprogramm.

Das fordern die Parteien bei den Themen

Die Wahlprogramme der Parteien im Überblick:


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