Der FC Bayern München steht nach dem 1:0 gegen den FC Arsenal im Halbfinale der Champions League. Trainer Thomas Tuchel war zunächst euphorisch, rechnete später aber mit den Medien ab. TV-Experte Sami Khedira lobte Torschütze Joshua Kimmich und schimpfte ebenfalls auf die Kritiker.

Eine Analyse
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So euphorisch war Thomas Tuchel schon lange nicht mehr. Als der Abpfiff am Mittwochabend um 22:54 Uhr in der Allianz Arena ertönte, ließ er seine Freude heraus und bildete mit seinen Trainer-Kollegen eine Jubeltraube. Mit dem 1:0 im Rückspiel gegen den FC Arsenal (Hinspiel 2:2) zog der FC Bayern München in das Halbfinale der Champions League ein.

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"Super Bayern, super Bayern, hey", sangen die Fans, während die Spieler freudig umherhüpften. Joshua Kimmich fasste seine Gefühlslage mit einem Wort zusammen: "Überragend." Auch Tuchel sagte ganz offen, dass ihm der Erfolg "sehr viel" bedeutet: "Das Halbfinale ist ein wichtiger Schritt."

Ausgerechnet der nur 1,77 Meter große Kimmich entschied mit einem Kopfballtreffer die Partie. Im Zuge einer Flanke von Raphael Guerreiro stürmte Kimmich in den Strafraum und köpfte den Ball aus dem Sprint heraus ins Tor. Star-Stürmer Harry Kane hätte es nicht besser machen können.
"Ich hatte ein bisschen Glück, dass sich für mich niemand so richtig zuständig gefühlt hat. Und dann stand ich da", sagte Kimmich nach dem Spiel grinsend und fügte hinzu: "Wir freuen uns, dass wir endlich mal wieder im Halbfinale stehen." In den vergangenen drei Jahren scheiterte Bayern jeweils im Viertelfinale.

Khedira lobt Kimmich und watscht die Kritiker ab

DAZN-Experte Sami Khedira sprach ein Plädoyer für den Siegtorschützen Kimmich aus: "Er hatte eine schwierige Zeit mit der Corona-Impfung und mit der ganzen Kritik. Aber wir müssen solche Spieler - und er ist einer unserer Leader - auch schützen. Wenn dann in Deutschland gesagt wird, er kann nichts und wir brauchen ihn nicht, dann haben die Experten keine Ahnung vom Fußball. Er ist ein ganz, ganz toller Spieler und hat einen tollen Charakter."

Überhaupt lobte Khedira, wie sich der FC Bayern gegen Arsenal steigerte: "In der 1. Halbzeit hatte Arsenal vielleicht einen Mini-Vorteil. Aber in der 2. Halbzeit war Bayern ganz klar griffiger, aggressiver und wacher. Sie hatten auch diesen Spielwitz und diese Leichtigkeit. Arsenal hatte gar keine Torchance mehr."

Der FC Bayern hatte mit 51 Prozent Ballbesitz nur unwesentlich mehr Spielanteile als der Gegner, mit einem Torschussverhältnis von 15:9 aber deutlich mehr Abschlüsse. "Die 2. Halbzeit war sehr stark", sagte auch Tuchel. "Wir haben ein bisschen mehr Persönlichkeit gezeigt, ein bisschen mehr Mut gezeigt und dann sehr verdient gewonnen."

Tuchel bezeichnet Medien als "scheinheilig"

Einen Seitenhieb an die Medien konnte sich Tuchel trotz aller Freude nicht verkneifen. Als er bei der Pressekonferenz gefragt wurde, ob er nach all der einprasselnden Kritik nun Genugtuung empfindet, bezeichnete er diese Frage als "scheinheilig." Denn: "Von wo prasselt das denn auf mich ein? Aus den Medien, oder nicht? Ob ich nun Genugtuung empfinde – ja natürlich. Aber nicht deswegen. Dann würde ich dem zu viel Wertigkeit geben, was auf mich einprasselt."

An die Medien gerichtet, fügte Tuchel hinzu: "Sie müssen entscheiden, wie sie damit leben können - nicht ich. Ich habe vom ersten Tag an alles gegeben und werde bis zum letzten Tag alles geben."

Neuauflage vom deutschen Champions-League-Finale 2013?

Elf Jahre nach dem deutschen Champions-League-Finale zwischen Bayern München und Borussia Dortmund im Wembley-Stadion könnte es am selben Ort zu einer Neuauflage kommen. Torwart Manuel Neuer und Thomas Müller sind die einzigen noch aktiven Spieler des FC Bayern, die beim damaligen deutschen Finale auf dem Platz standen. Auf eine mögliche Neuauflage angesprochen, sagte Neuer: "Dortmund und wir müssen unsere Hausaufgaben machen. Ich hätte nichts dagegen."

Dortmund trifft im Halbfinale (1. Mai und 7. Mai) auf den französischen Top-Verein Paris Saint-Germain. Bayern bekommt es im ersten Halbfinale (30. April und 8. Mai) mit dem spanischen Champions-League-Rekordsieger Real Madrid zu tun. Die Mannschaft von dem früheren Bayern-Trainer Carlo Ancelotti setzte sich am Mittwochabend im Elfmeterschießen gegen Manchester City durch.

Real Madrid ist der Angstgegner des FC Bayern

Allzu gute Erinnerungen hat der FC Bayern an die Madrilenen nicht. Zuletzt trafen die beiden Vereine in der Champions League im Halbfinale 2018, im Viertelfinale 2017 und im Halbfinale 2014 aufeinander. In allen drei Fällen zogen die Spanier in die nächste Runde ein.

"Ich denke nicht, dass wir in der Konstellation der Favorit sind. Sie haben es geschafft, bei Manchester City zu gewinnen. Das ist ein Ausrufezeichen", sagte Tuchel und lobte Real Madrid weiter: "Das ist einer der schwierigsten Gegner, gegen die man spielen kann und einer der größten Vereine der Welt. Wir freuen uns auf die Herausforderung, und hoffentlich werden wir mit den Anforderungen wachsen."

Für den FC Bayern bietet die Champions League die einzige Möglichkeit, die erste titellose Saison seit der Spielzeit 2011/2012 abzuwenden. Im DFB-Pokal scheiterte München bereits in der 2. Runde. In der Bundesliga sicherte sich am Sonntag Bayer Leverkusen vorzeitig die Meisterschaft.

All das wäre in München aber wohl vergessen, sollte der FC Bayern die Champions League gewinnen.

Verwendete Quellen

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