- Historisch schlecht war das SPD-Ergebnis der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen – das stand schon nach der ersten Prognose um 18 Uhr am Sonntagabend fest.
- Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ordnete die Wahlschlappe seiner Partei vor TV-Kameras dementsprechend ein.
- Für SPD-Chef Lars Klingbeil eine zu ehrliche Analyse? In einer Präsidiumssitzung am Montag soll er Lauterbach intern kritisiert haben. Der reagierte am späten Abend auf Twitter.
Unter 30 Prozent, großer Abstand zur CDU – die erste Prognose in ARD und ZDF am Sonntagabend um 18 Uhr sorgte bei der SPD in Nordrhein-Westfalen für lange Gesichter. So schlecht hatten die Sozialdemokraten in ihrer einstigen Hochburg noch nie abgeschnitten.
Einer der ersten führenden Genossen, der vor die TV-Kameras trat, um die krachende Schlappe einzuordnen, war Bundesgesundheitsminister
Lauterbach: "Wir haben diese Wahl verloren"
"Wir haben diese Wahl verloren. Union und Grüne haben gewonnen, die müssen daher auch zuerst die Gespräche führen. Alles andere kommt danach", sagte der SPD-Politiker am Sonntagabend in der ARD.
Etwas anders klangen dagegen die Interpretationen aus der SPD-Parteizentrale. Generalsekretär
Kühnert: Rot-grün ist möglich
"Ich bleibe dabei: Das wird uns heute Abend, davon bin ich fest überzeugt, die Gelegenheit bieten, einen Regierungswechsel für Nordrhein-Westfalen herbeizuführen, den sich viele Menschen gewünscht haben", erklärte Kühnert in der ARD.
Zu dem Zeitpunkt stand sogar noch eine rot-grüne Mehrheit bei den Sitzen im Landtag in Aussicht, eine Koalition aus SPD und Grünen wollte Kühnert daher keinesfalls ausschließen, im Gegenteil:
Klingbeil: Halbherziges Eingeständnis der Niederlage erst am späten Abend
Auch Parteichef
Auch in der ARD machte Klingbeil deutlich, dass die SPD trotz des historisch schlechten Ergebnisses auf die Bildung einer rot-grünen Landesregierung hofft. "Wir haben ja häufig erlebt, dass schon von Platz zwei auch Regierungen gebildet werden", so der SPD-Chef. "Wenn wir die Chance haben, das zu machen, dann bieten wir den Grünen ganz klar an, dass wir eine Koalition bilden wollen, die für bezahlbares Wohnen, für den klimaneutralen Umbau der Industrie, die für das Gesundheitssystem, für die Bildung das Beste für Nordrhein-Westfalen rausholt."
Erst später am Sonntagabend, in der ARD-Sendung "Anne Will" räumte Klingbeil ein, dass der Regierungsauftrag zuerst beim bisherigen Ministerpräsidenten
Bei der Aufarbeitung des Wahlergebnisses am Montagmorgen im SPD-Präsidium soll nach Informationen des "Spiegel" das Abweichen Lauterbachs zur Sprache gekommen sein. Das Nachrichtenmagazin schreibt unter der Überschrift "Klingbeil watscht Lauterbach ab": "Es wäre gut, wenn sich bei solch einer Wahl alle an die beschlossene Kommunikationsstrategie halten würden, wird Klingbeil von Teilnehmern der Sitzung zitiert – 'auch ein Bundesminister'."
Rüffel für Lauterbach? "Nicht jede Aussprache ist bei uns beiden gleich ein Streit"
Lauterbach soll bei der Sitzung selbst gar nicht anwesend gewesen sein, offenbar haben aber mehrere Teilnehmer die Kritik des Parteichefs am Bundesgesundheitsminister gegenüber dem "Spiegel" bestätigt.
Nach Veröffentlichung des Artikels am Montagnachmittag scheint es zu einem klärenden Gespräch zwischen Lauterbach und Klingbeil gekommen zu sein. Denn am späten Abend reagierte Lauterbach auf Twitter auf den Bericht – mit einem Augenzwinker-Emoji. "Alles gut. @larsklingbeil und ich haben das schon ausgeräumt. Nicht jede Aussprache ist bei uns beiden gleich ein Streit."
Von Klingbeil selbst war zu dem angeblichen Rüffel für Lauterbach und dessen individueller Wahlanalyse bis Dienstagvormittag nichts zu hören.
Mit Material von dpa und afp.
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