Alle deutschen Bürgerinnen und Bürger sind in diesem Jahr zu mindestens einer Wahl aufgerufen. Wir erklären, wo gewählt wird und was dabei auf dem Spiel steht.

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Es wird ein Superwahljahr: 2024 soll fast die Hälfte der Weltbevölkerung über ihre künftige Regierung abstimmen. Zu Urnengängen wird es unter anderem in Indien, Großbritannien und den USA kommen. Auch in Deutschland stehen einige wichtige Wahlen an.

In diesem Jahr werden die Parlamente in drei ostdeutschen Bundesländern, einem großen Teil der Kommunen sowie Europas neu besetzt – und es gibt eine Mini-Bundestagswahl: In Berlin muss in einigen Bezirken die Abstimmung von 2021 wiederholt werden. Ein Überblick über ein besonderes Jahr für die deutsche Demokratie:

Februar: Teilwiederholung Bundestagswahl

Fehlende Wahlzettel, stundenlange Wartezeiten, vorübergehend geschlossene Wahllokale: Die Bundes- und Abgeordnetenhauswahl 2021 wurde in Berlin zum Desaster. Während die Abstimmung über das Landesparlament komplett wiederholt werden musste und es dadurch in Berlin zu einem Regierungswechsel kam, entschied das Bundesverfassungsgericht im Fall der deutschlandweiten Wahl anders: Nur in 455 der 2.256 Berliner Wahlbezirke muss der Urnengang wiederholt werden.

Ein großes Erdbeben wird die Wiederholungswahl am 11. Februar daher nicht auslösen. Insbesondere die Direktmandate der Linkspartei in Bezirke Lichtenberg und Treptow-Köpenick sind kaum gefährdet. Hier muss nur in sehr wenigen Lokalen erneut abgestimmt werden. Die Linke muss sich daher um ihren Verbleib im Bundestag, wo sie nur Dank der Direktmandate eingezogen war, keine Sorgen machen.

Um ihren Platz im Bundestag müssen dagegen die Direktgewählten der Bezirke Pankow und Reinickendorf zittern sowie die Abgeordneten, die über auf den hinteren Plätzen der Landesliste ihrer jeweiligen Partei liegen.

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Juni: Europäisches Parlament und Kommunalwahlen

In der Wahrnehmung vieler Deutscher ist die Europawahl eine der weniger wichtigen. Die Wahlbeteiligung liegt bei ihr normalerweise deutlich niedriger als bei anderen. Doch der Trend weist klar nach oben: Während 2014 noch 48,1 Prozent der deutschen Wahlberechtigten ihre Stimme abgaben, waren es 2019 bereits 61,4 Prozent. Das wachsende Interesse spiegelt die zunehmende Bedeutung der EU wider: Immer mehr Entscheidungen, die Deutschland betreffen, werden dort gefällt.

Die deutschen Wählerinnen und Wähler werden am 9. Juni wahrscheinlich auch erstmals eine neue Partei auf dem Wahlzettel finden: Sahra Wagenknecht hat angekündigt, mit ihrem neuen politischen Bündnis an der Europawahl teilnehmen zu wollen. Wie die links-konservative Partei abschneiden könnte, ist noch unklar. Bei der letzten Umfrage von INSA aus dem Juli vergangenen Jahres konnte sie noch nicht berücksichtigt werden.

Die Demoskopen sahen zu diesem Zeitpunkt mit 26 Prozent die CDU vorne, die AfD folgte mit 23 Prozent noch vor den Regierungsparteien SPD (19 Prozent) und Grüne (15 Prozent). Doch bis zur Europawahl ist es noch ein halbes Jahr hin.

In acht Bundesländern werden am selben Tag außerdem die Kommunalparlamente neu gewählt. In Thüringen wird über die Zusammensetzung der Kreistage, Stadt- und Gemeinderäte bereits am 26. Mai abgestimmt.

September: Landtagswahlen in Ostdeutschland

Bei diesen Wahlen steht wahrscheinlich am meisten auf dem Spiel. Wenn am 1. September in Sachsen und Thüringen sowie am 22. September in Brandenburg gewählt wird, könnte in allen drei ostdeutschen Bundesländern die AfD stärkste Kraft werden. Aktuelle Umfragen sehen die Partei in der Wählergunst deutlich vor allen anderen Kräften – und das, obwohl der Verfassungsschutz die AfD in Thüringen und Sachsen als gesichert rechtsextrem und in Brandenburg als Verdachtsfall einordnet.

Sollten sich diese Umfragen bewahrheiten, sieht der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, das Land vor einer großen Herausforderung. "Die AfD als stärkste Fraktion in einem oder mehreren Landtagen würde die politische Landschaft Deutschlands umkrempeln", sagte er im Interview mit dem "Tagesspiegel". Den führenden Politikern der Partei gehe es um "eine grundsätzliche Systemveränderung".

Zwar schließen alle anderen Parteien derzeit eine Koalition mit der AfD aus, ohne sie wird die Mehrheitsfindung jedoch schwierig. Eine Umfrage im Auftrag der "Sächsischen Zeitung" prognostiziert eine Zusammensetzung des Dresdner Landtages, die nur eine Koalition aus CDU, Grünen und Linken zulässt, sollte eine AfD-Beteiligung verhindert werden. Für die Christdemokraten ist das bis dato kaum denkbar. Eine ähnliche Konstellation droht auch in Thüringen.

Was beim Superwahljahr wichtig wird

Für das deutsche Superwahljahr 2024 steht schon jetzt fest: Vor allem auf dem Abschneiden der AfD wird die größte Aufmerksamkeit liegen. Der in Teilen rechtsextremen Partei könnte es gelingen, politische Schockwellen durch die Republik zu senden. Die ostdeutschen Bundesländer könnten durch AfD-Erfolge praktisch unregierbar werden.

Mit Spannung wird auch die Performance des "Bündnis Sahra Wagenknecht" verfolgt werden. Offen ist bisher, ob und bei welchen Landtagswahlen die linkspopulistische Partei antreten wird. Insbesondere der AfD könnte das Bündnis in Ostdeutschland noch einige Stimmen abjagen.

Nicht zuletzt wird es auch um die Frage gehen, wie sehr die Parteien der Ampel-Koalition abgestraft werden. Besonders großer Beliebtheit erfreut sich das Bündnis aus SPD, FDP und Grünen derzeit nämlich nicht. Auf Europaebene sehen Umfragen die drei Parteien aktuell nur auf Platz drei, vier und fünf. In Sachsen könnten SPD und FDP gar aus dem Landtag fliegen.

Verwendete Quellen

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