Aleksandar Pavlovic ist eine der großen Überraschungen im neuen DFB-Kader. Zuletzt mehrte sich jedoch die Kritik an der Nominierung des 19-Jährigen. Bundestrainer Julian Nagelsmann will von einem möglichen Politikum allerdings nichts wissen und bezieht klar Stellung zu seiner Entscheidung.

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Es war die wohl größte Überraschung, die im Vorfeld der offiziellen Kaderbekanntgabe am Donnerstag (14. März) durchsickerte: Julian Nagelsmann verzichtet auf Bayern-Star Leon Goretzka, stattdessen nominiert der Bundestrainer FCB-Youngster Aleksandar Pavlovic – diese Nachricht machte bereits vor der offiziellen Kader-Nominierung die Runde.

Neuer DFB-Kader: Pavlovic rein, Goretzka raus

Und tatsächlich kam es auch so: Leon Goretzka steht für die kommenden beiden Länderspiele gegen Frankreich (23. März) und die Niederlande (26. März) nicht im Kader der deutschen Nationalmannschaft. Bayern-Kollege Pavlovic hingegen schon.

Bereits vor Bekanntgabe des Kaders mehrte sich – trotz der sehr guten Leistungen von Pavlovic – die Kritik an der Nominierung des 19-Jährigen. Mehrere Ex-Spieler und TV-Experten sprachen sich gegen einen Kaderplatz des Mittelfeldspielers aus.

Basler: "Pavlovic? Das will ich gar nicht hören"

"Man sollte dem Jungen nicht den Kopf verdrehen", schrieb beispielsweise Deutschlands Rekordnationalspieler Lothar Matthäus in seiner Sky-Kolumne. "Ich glaube nicht, dass er jetzt schon ein Kandidat für die Nationalmannschaft ist. Im zentralen Mittelfeld besteht kein Bedarf", erklärte der Sky-Experte weiter.

Deutlichere Worte wählte da Matthäus' ehemaliger Teamkollege beim FC Bayern, Mario Basler: "Pavlovic? Das will ich gar nicht hören, dass man so einen Spieler jetzt schon zur Europameisterschaft mitnimmt", sagte der Sport1-Experte in seinem Podcast "Basler ballert". Für ihn sei der Youngster frühestens nach der EM in Deutschland (14. Juni bis 14. Juli) eine Option für die DFB-Elf.

Khedira spricht von "politischer Entscheidung"

Zu früh kommt eine DFB-Nominierung von Pavlovic auch für Ex-Nationalspieler Sami Khedira: Zwar sei Pavlovic "ein wunderbarer Junge, der sehr wissbegierig ist, der eine große Karriere vor sich hat", wie der 2014er-Weltmeister und DAZN-Experte am Mittwochabend im Rahmen des Champions-League-Spiels von Borussia Dortmund gegen PSV Eindhoven erklärte.

Bei der Nominierung von Nagelsmann handle es sich Khedira zufolge aber um eine "politische Entscheidung". An einer solchen Diskussion würde er sich nicht beteiligen, vielmehr würde er versuchen, lediglich das Sportliche bewerten.

Serbien oder Deutschland? Pavlovic hat die Wahl

Was Khedira mit der "politischen Entscheidung" meint? Pavlovic hat die Wahl: der Bayern-Youngster kann sich aufgrund seiner doppelten Staatsbürgerschaft für die deutsche oder serbische Nationalmannschaft entscheiden.

Serbien hatte zuletzt den Versuch unternommen, dem Deutschen Fußball-Bund das Talent abspenstig zu machen. Eine Delegation des serbischen Verbandes hatte nach eigenen Angaben "intensive und konstruktive Gespräche" mit dem jungen Bayern-Spieler und dessen Eltern geführt.

Rein theoretisch könnte Pavlovic aber immer noch für Serbien auflaufen, selbst wenn er in den Tests in Frankreich oder gegen Oranje sein DFB-Debüt feiern würde. Erst bei einem Pflichtspieleinsatz wäre er für ein Land "festgespielt".

Auch Ex-Bundesliga-Trainer Peter Neururer geht bei der Nominierung von politischen Hintergründen aus: "Er wäre auch für Serbien spielberechtigt und der DFB versucht, ihn sich noch vor der EM einzuverleiben", sagte Neururer am Mittwoch bei Sport1. Solche "Experimente" so kurz vor der EM in Deutschland bezeichnete der 68-Jährige als "absoluten Schwachsinn, katastrophal und schlecht".

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So begründet Nagelsmann die Nominierung von Pavlovic

Im Rahmen der Kaderbekanntgabe am Donnerstag äußerte sich Nagelsmann auch zur Causa Pavlovic – politische Hintergedanken wies er dabei aber konsequent zurück. "Ich finde es legitim und auch notwendig, dass der DFB sich auch um Talente bemüht, die auch für eine andere Nation spielen können. Aber ich bin kein Trainer, der irgendeinem Spieler bei seiner persönlichen Entscheidung reinredet, für welches Land er spielen möchte. Das habe ich noch nie gemacht und das werde ich auch nie machen – auch wenn mich der DFB darum bitten würde", erklärte der Bundestrainer deutlich.

Julian Nagelsmann
Bundestrainer Julian Nagelsmann bei der Kaderbekanntgabe am Donnerstag. © IMAGO/Kessler-Sportfotografie/Jürgen Kessler

Die Wahl, für welche Nationalmannschaft ein Spieler künftig auflaufen möchte, sei ein "sehr persönliches Thema", sagte Nagelsmann. "Wenn ein Spieler für uns spielen möchte, dann freue ich mich, wenn ein Spieler aber sagt, er spielt lieber für Serbien oder die Türkei, ist das für mich auch okay."

Grund für die Nominierung seien dem DFB-Trainer zufolge vielmehr die sehr guten Leistungen, die Pavlovic zuletzt im Star-Ensemble des deutschen Rekordmeisters gezeigt hatte. "Ob das dann schon für die EM reicht, werden wir bewerten, nachdem wir den Lehrgang gesehen haben. Aber es ist ein Leistungsprinzip und er war bei Bayern aktuell mit der stabilste Spieler", sagte der 36-Jährige.

Am Telefon soll Pavlovic betont haben, lieber für Deutschland spielen zu wollen. "Ich habe ihn da nicht überzeugen müssen, das war sein Wunsch und deswegen ist er jetzt dabei. Als Folge eines Leistungsprinzips und nicht als Folge einer politischen Entscheidung", führte Nagelsmann weiter aus.

Senkrechtstarter Pavlovic geht den nächsten Schritt

Und Pavlovic? Der freut sich natürlich über seine Berufung in den DFB-Kader: "Mein Plan war es, mich erst nach der EM in diesem Jahr zwischen Deutschland und Serbien zu entscheiden. Diese Entscheidung musste ich nun sofort treffen", erklärte der 19-Jährige seine Situation in der "Sport Bild".

Pavlovic hat sowohl die serbische als auch die deutsche Staatsbürgerschaft – nun fiel seine Wahl auf den DFB. "In meiner Brust schlagen beide Herzen, meine Mutter ist Deutsche und mein Vater ist Serbe", sagte Pavlovic, der sich gleichzeitig beim serbischen Verband bedankte. Pavlovic ist in München geboren und aufgewachsen, spielt seit der Jugend für den FC Bayern. "Daher ist meine Entscheidung nicht gegen die serbische Nationalmannschaft, sondern für die deutsche zu verstehen", wie Pavlovic erklärte.

Der Senkrechtstarter geht also den nächsten Schritt in einer äußerst vielversprechenden Karriere. Im Mai will Bundestrainer Nagelsmann dann den Kader für die EM im eigenen Land bekannt geben – dann ja vielleicht wieder mit Pavlovic.

Verwendete Quellen

Tuchel lobt jungen Pavlovic: "Hat er sich verdient"

Bayern-Coach Thomas Tuchel ist voll des Lobes für den jungen Mittelfeldspieler Aleksandar Pavlovic. Der 19-Jährige zeige sowohl im Training als auch in den Pflichtspielen des Rekordmeisters konstant seine Leistungen und hat sich seine Einsätze laut dem Trainer redlich verdient.
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