Kein deutsches Finale in Wembley: Der FC Bayern hat den Einzug in das Endspiel der Champions League verpasst. Eine ganz bittere Niederlage bei Real Madrid macht die Titelträume der Münchner zunichte.

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Thomas Tuchel umarmte kurz seinen Trainerkollegen Carlo Ancelotti und eilte schnurstracks in die Kabine - seine Spieler bestürmten nach dem Schlusspfiff ein letztes Mal den Schiedsrichter: Szymon Marciniak aus Polen hatte kurz vor dem Ende der 15-minütigen Nachspielzeit einen Angriff der Bayern vorzeitig wegen Abseits abgepfiffen, der folgende Treffer von Matthijs de Ligt zum vermeintlichen Ausgleich zählte nicht. "Eine Riesen-Fehlentscheidung vom Schiedsrichter", sagte DAZN-Experte Michael Ballack.

Der große Wunschtraum des FC Bayern vom Wiedersehen in Wembley ist nach einem brutalen Doppelschlag in den Schlussminuten damit geplatzt. Die Münchner ließen sich im Halbfinale der Champions League von Europacup-Monster Real Madrid in einer dramatischen Endphase mit Treffern in der 88. und 90.+2 Minute regelrecht auffressen und verpassten nach dem 1:2 (0:0) die riesige Chance, den Himmelsstürmern von Borussia Dortmund ins Endspiel nach London zu folgen. Ein schwerer Patzer des bis dahin überragenden Manuel Neuer leitete das bittere Aus ein.

Davies
Davies hatte die Bayern mit 1:0 in Führung gebracht. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS/Manu Fernandez

Alphonso Davies wurde so mit seinem 1:0 in der 68. Minute nicht zum Münchner Torhelden. Das Königsklassen-Finale am 1. Juni in London bestreiten nun Rekordsieger Real Madrid und Herausforderer Dortmund. Erstmals seit 2012 beenden die Bayern eine Saison ohne Titel. Und Trainer Thomas Tuchel bleibt ein triumphaler Abschied aus München verwehrt.

Real-Treffer aberkannt

Glück hatten die Bayern vor den beiden Gegentreffern gehabt, als das vermeintliche Ausgleichstor vor über 76.000 Zuschauern in der 72. Minute nach Videobeweis richtigerweise aberkannt wurde. Reals Kapitän Nacho hatte zuvor Joshua Kimmich mit beiden Händen ins Gesicht gefasst und den Bayern-Profi zu Fall gebracht.

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Im für viel Geld umgebauten Estadio Santiago Bernabéu, in dem auch Bayerns Ex-Vorstandsboss Oliver Kahn mit einem Becher Bier Platz genommen hatte, war schon vor dem Anpfiff eine knisternde Atmosphäre zu spüren. "Ich fühle mich sehr lebendig. Das sind die Momente und Tage, für die man träumt", sagte Tuchel kurz vor der Partie lächelnd bei DAZN: "Perfekter Tag, perfekter Rahmen, schwieriger geht's nicht. Deshalb sind wir gefordert."

Trotz der beeindruckenden Kulisse und der enormen Bedeutung des Highlight-Spiels stellte Tuchel Youngster Aleksandar Pavlovic anstelle des erfahrenen Leon Goretzka im zentralen Mittelfeld auf. Der 20-Jährige zeigte zunächst kein Lampenfieber und leitete die erste Bayern-Chance ein, bei der Gnabry im Strafraum aber zu ungenau auf Harry Kane passte (8.).

Real-Madrid-Fans
Die Real-Madrid-Fans sorgten für eine beeindruckende Serie. © IMAGO/Shutterstock/IMAGO/Bagu Blanco/Shutterstock

Gnabry verletzt vom Platz

Gnabry hatte vor Thomas Müller den Vorzug erhalten, doch nach nicht einmal einer halben Stunde musste der Nationalspieler wie schon im Viertelfinal-Hinspiel gegen den FC Arsenal vorzeitig verletzt raus. Aber nicht Müller kam ins Spiel, sondern der schnellere Davies besetzte die linke Offensivbahn. In den Umschaltmomenten schlichen sich aber zahlreiche Fehler ein, was Tuchel an der Seitenlinie sichtlich frustrierte.

Die Gastgeber um den ballsicheren Toni Kroos hatten ein spielerisches Übergewicht. In der 13. Minute musste Neuer zweimal seine ganze Klasse zeigen, um einen frühen Rückstand der Münchner zu verhindern: Einen Schuss von Vinícius Júnior, dem Doppeltorschützen aus dem Hinspiel, lenkte der Nationalkeeper mit den Fingerspitzen an den Pfosten. Auch den Nachschuss von Rodrygo parierte Neuer. Fünf Minuten vor der Halbzeit rettete Neuer mit einer weiteren Großtat erneut gegen Vinícius.

Madrid macht das bessere Spiel

Auch wenn die Münchner zu sporadischen Chancen wie der von Kane nach einer schönen Volley-Direktabnahme (28.) kamen, wirkte Madrid deutlich präsenter und zielstrebiger. Der rechtzeitig fit gewordene Matthijs de Ligt, der den im Hinspiel bei beiden Real-Toren fehlerhaften Minjae Kim ersetze, gab der Bayern-Abwehr in den schwierigen Momenten aber Stabilität.

Auch in den zweiten Durchgang startete der spanische Meister mit mehr Schwung und Power. Vor allem Vinícius lief heiß, der Brasilianer sorgte mit seinem Tempo und seinen Dribblings über Reals linke Angriffsseite für viel Gefahr - so wie bei seiner Vorarbeit zur Großchance von Rodrygo (55.). Nach einer Stunde prüfte Vinícius erneut Neuer - und wieder war der deutsche Torhüter der Sieger.

In die Drangphase der Hausherren sorgte Davies überraschend für die Münchner Führung. Unmittelbar danach wurde Kroos, der sein 20. Halbfinalspiel in der Königsklasse bestritt, für Luka Modric ausgewechselt. Nach dem zurückgenommenen Ausgleich erhöhte Real nochmal den Druck, die Bayern verteidigten in den Schlussminuten mit einer Fünferkette. Doch gegen Joselu fanden sie kein Mittel. (dpa/sid/ska)

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