Die Sieges-Serie von Hansi Flick beim FC Bayern endet jäh gegen Bayer Leverkusen. Der Münchner Interimstrainer spielte dem Bundesliga-Gegner mit seiner Taktik in die Karten.

Mehr aktuelle News zur Bundesliga finden Sie hier

Bayer Leverkusen habe "direkt gespielt", meinte ein frustrierter Thomas Müller nach der 1:2-Niederlage des FC Bayern gegen die Werkself in der Mixez Zone der Allianz Arena. Vor allem am Ende der zweiten Halbzeit war der Rekordmeister gegen mutige Rheinländer drückend überlegen gewesen. Am Samstagabend reichte es aber nur zu einem Treffer durch Müller (33. Spielminute)

Dreimal trafen die Münchner stattdessen das Aluminium, einmal rettete Bayer-Kapitän Lars Bender sensationell gegen Ivan Perisic (45.+1) - und besiegelt war die dritte Saisonniederlage des Bundesliga-Riesen. Es war zudem die erste Pleite unter Hansi Flick als Cheftrainer.

Müller nannte die Niederlage in den Katakomben des Stadions "unerklärlich". Dabei lag ein Erklärungsansatz auf der Hand. Denn: Diesmal hatte sich Flick beim Bemühen, den Bayern eine neue, wieder dauerhaft attraktive Spielidee einzuflößen, taktisch verzockt.

Hansi Flick verzockt sich gegen Bayer Leverkusen

Präzise: Gegen die explosive Offensivreihe von Bayer rächte es sich, dass der 54-jährige Coach seine Mannschaft extrem hoch verteidigen ließ, teils mit der Viererkette in der gegnerischen Hälfte. Die Express-Kicker Kevin Volland, Nadiem Amiri, Mouissa Diaby und allen voran Doppel-Torschütze Leon Bailey bestraften diese mutige Devise Flicks gnadenlos.

"Wir wussten, dass sie bei den Kontern stark sind, sehr viel Schnelligkeit da vorne haben. Bei den Gegentoren stimmte die Abstimmung nicht ganz. Wie gesagt: Sie waren bei den Kontern stark", sagte Sportdirektor Hasan Salihamidzic am Samstagabend im "ZDF". Leverkusen-Trainer Peter Bosz frohlockte, Bayer habe "unsere Schnelligkeit mit Bailey, Volland und Diaby" ausnutzen können.

Javi Martinez mit Tempo-Problemen

Jetzt ist es in der Bundesliga kein Geheimnis, dass Leverkusen unter Bosz für Vollgas-Fußball bis zur Erschöpfung steht, ein Spielverständnis, das der Niederländer während seinem Intermezzo bei Borussia Dortmund 2017 ebenfalls schon auf den Platz brachte. Und es ist freilich auch kein Geheimnis, dass Javi Martinez nicht der schnellste Innenverteidiger ist.

Deutlich wurde dieser Umstand, als Bailey dem Spanier sowohl beim 1:0 (9.) als auch beim 2:0 (34.) im Vollsprint mehrere Meter abnahm. "Wir Jamaikaner sind so schnell, das liegt auch an unserer jamaikanischen Küche", meinte der 22-jährige Angreifer, der in der Vergangenheit auch das Interesse des FC Bayern auf sich gezogen haben soll, anschließend scherzhaft. Wählte Flick also eine zu riskante Taktik? Mit zu vielen Kontermöglichkeiten für den Gegner?

Kevin Volland: "Das spielt Bayern ja immer so"

"Das spielt Bayern ja immer so. Das ergibt sich dann im Spiel. Da merkt man dann schon: Erster Kontakt, und weg, und dann muss man in die Tiefe spielen", sagte Bayer-Stürmer Volland auf Nachfrage unserer Redaktion und meinte über Kollege Bailey: "Er hat seine Stärke in der Tiefe, und da haben wir, glaub ich, ganz gut kombiniert heute."

Zwar vergaben die Bayern reihenweise Großchancen und fanden nicht zuletzt in Torwart Lukas Hradecky ihren Meister, doch zur Wahrheit gehört auch, dass Bayer 04 beste Konterchancen liegen ließ, die das Spiel früher zugunsten der Rheinländer entscheiden hätten können.

"Wir hatten brutale Konterchancen, vor allem in der zweiten Halbzeit", sagte Abwehrspieler Sven Bender. "Die Konterchancen waren da. Wir haben sie nur nicht gut ausgespielt. Nadiem Amiri muss einmal querlegen, dann machen wir das 3:1, und wer weiß, wie sich das Spiel dann entwickelt."

Es sei ein untypisches Spiel für Leverkusen gewesen, erklärte Bender weiter, "weil wir normalerweise sehr dominant sind und viel Ballbesitz haben. Bayern hat Druck gemacht, doch wir haben gesagt, dass wir das bekämpfen werden und auf unsere Chancen warten".

Nadiem Amiri scheitert an Manuel Neuer

Die Chancen waren da, als Amiri nach Konter auf Zuspiel von Diaby aus kürzester Distanz an Manuel Neuer scheiterte (51.), und als Amiri dann auf Vorlage von Volland in einer 2:1-Situation zwar ins Tor traf, dabei aber ins Abseits gelaufen war (69.).

"Am Anfang haben wir zu viel versucht, zu pressen, und das dann nicht so hinbekommen. Dann haben wir uns tiefer reingestellt, waren kompakter und haben aus den Zonen verteidigt", erklärte der deutsche Nationalspieler Jonathan Tah. "Für unsere Konter war das super, weil wir unsere schnellen Spieler einsetzen konnten. Wir hätten noch mehr Tore machen können."

Am Ende stand nach sieben Jahren mal wieder ein Leverkusen-Sieg in München. Trotz 21:11-Torschüsse der Bayern bei 74,3 zu 25,7 Prozent Ballbesitz aus Sicht des Rekordmeisters. Dessen Abwehr sich in dieser Saison nun auch unter Flick überrumpeln ließ.

Verwendete Quellen:

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.