David Alaba brilliert beim Kantersieg des FC Bayern über den BVB auf neuer Position. Die Kollegen geraten ins Schwärmen, und der Österreicher wird zum X-Faktor in der Spielidee des Interimstrainers Hansi Flick. Jetzt soll er Österreich zur Fußball-EM 2020 führen.

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Ruhe zu bewahren ist im Kosmos des FC Bayern eine große Herausforderung. Gerade in diesen Tagen geht es wieder turbulent zu an der Säbener Straße 51 in München-Harlaching, dort, wo der Rekordmeister zu Hause ist.

Niko Kovac trat als Trainer zurück, oder musste gehen, so genau weiß man es nicht. Uli Hoeneß sprach von "Strömungen" innerhalb der Mannschaft gegen den kroatischen Coach.

FC Bayern: David Alaba wird zum Ruhepol

Wenn es um die Nachfolge geht, sprechen der Vereinspatron, Sportdirektor Hasan Salihamidzic und Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge seit Tagen indes nicht mit derselben Stimme.

Darf Hansi Flick nun langfristig Cheftrainer bleiben oder nicht? Kommt ein anderer? Teilen die Bosse ihre Ideen überhaupt untereinander? In dieser Gemengelage beschloss der Aufsichtsrat - noch unter Führung von Hoeneß -, dass Salihamidzic zum Sportvorstand aufsteigen soll, kritisch beäugt durch die deutsche Fußball-Öffentlichkeit.

Und wäre dem nicht genug, wird für Freitag auch noch eine hochemotionale Jahreshauptversammlung erwartet, an deren Ende, man glaubt es kaum, Hoeneß nicht mehr der Präsident des mächtigsten Fußballvereins in Deutschland sein wird.

Selbst für Münchner Verhältnisse sind diese Zeiten aufregende Tage. Wie gut also, dass es inmitten des ganzen Tohuwabohu einen Ruhepol gibt namens: David Alaba.

David Alaba unter Hansi Flick der Schlüsselspieler

Nicht, dass der 27-Jährige vereinspolitisch Einfluss nehmen würde. Nein, der Österreicher ist unter Flick der neue Schlüsselspieler. Dokumentiert dadurch, dass er dem FC Bayern auf dem Platz zuletzt das zurückgab, was die Mannschaft über Wochen vermissen ließ: Selbstverständnis, Souveränität und damit Stärke.

Nicht auf der linken Seite. Nicht im defensiven Mittelfeld. Sondern als ein Innenverteidiger, der mehr an einen Spielmacher aus der Tiefe erinnert.

Es war einer von mehreren cleveren taktischen Winkelzügen von Interimscoach Flick.

Vielleicht sogar der entscheidende Kniff. "Er ist für mich als Innenverteidiger ein komplett anderer Spieler", meinte Joshua Kimmich nach dem klaren 4:0 gegen Borussia Dortmund auf Nachfrage unserer Redaktion über Alaba.

Kimmich schwärmte: "In der Innenverteidigung ist er für mich mit einer der besten Spieler auf der ganzen Welt. Seine Körpersprache ist wahnsinnig positiv. Wie er in die Zweikämpfe geht. Er hat ein super Aufbauspiel. Er spielt Super-Bälle, auch diagonal, behält unter Druck die Ruhe."

Alaba als Kommandogeber

Der 24-jährige Schwabe offenbarte sich kurzerhand als regelrechter Taktik-Nerd, referierte, als habe sich bei ihm nach dem Druck der vergangenen Wochen ein mentaler Knoten gelöst.

Sicher auch ein Verdienst von Alaba, der der Mannschaft mit seiner stoischen Spielweise aus der letzten Reihe Stabilität und Struktur verleiht. Kovac hatte ihn am Ende seiner Amtszeit ebenfalls in die Abwehrmitte beordert, richtig zur Entfaltung kommt Alaba aber erst wieder unter Flick.

"In der Defensive versuchen wir durchzudecken, das heißt, mit den Außenangreifern hoch anzulaufen, und dann mit den Innenverteidigern durchzuschieben", erklärte Taktiker Kimmich.

Das beschriebene Durchschieben gelang Kollege Alaba zuletzt bravourös, mehr noch, der österreichische Nationalspieler bestimmte das Tempo und war mit seinen ruhigen und sachlichen Ansagen auf dem Feld der Kommandogeber, der den Bayern zuvor lange gefehlt hatte.

Erinnerungen an Bastian Schweinsteiger

Seine Präsenz auf dem Platz hatte fast schon Schweinsteiger'sche Ausmaße, um es dem Münchner Fußball angemessen zu formulieren. Alaba schob die Kollegen wie am Reißbrett vor sich her und hatte parallel die Zeit, es im Zweikampf mit zwei Dortmundern gleichzeitig aufzunehmen, konkret, in der Anfangsphase mit den BVB-Stars Jadon Sancho und Mario Götze.

Taktisch konnten die Bayern dadurch, dass Alaba als Abwehrboss die Viererkette hoch stehen ließ gepaart mit der Maßnahme, dass Thomas Müller einen Achter statt einen Zehner spielte, die Räume eng halten. Dortmund wirkte ratlos. Es war für die Bayern ein Testlauf für noch größere Aufgaben, die absehbar in der Champions League warten.

Eine Änderung mit Zukunft? Alaba weiter als Innenverteidiger? Schon Pep Guardiola hatte einst dem Wiener prophezeit, in der Abwehrmitte irgendwann zu den Besten der Welt zu gehören.

Jetzt, da Niklas Süle (Kreuzbandriss) und Lucas Hernández (Innenbandriss im Sprunggelenk) verletzt sind sowie Weltmeister Mats Hummels das BVB-Trikot trägt, ist die Zeit gekommen, das Experiment durchzuziehen, nachdem Carlo Ancelotti und Jupp Heynckes sowie lange auch Kovac in der Post-Guardiola-Ära davon abgerückt waren.

Leon Goretzka schwärmt, Thomas Müller lobt

"Er interpretiert die Innenverteidigerposition sehr eigen. Ich finde hervorragend, wie er das macht", sagte Mitspieler Leon Goretzka auf Nachfrage unserer Redaktion zur neuen Aufgabe Alabas:

"Er spricht viel mit uns, schiebt die Kette hoch, gibt uns dadurch die Möglichkeit, die Ketten eng zu halten. Er ist extrem zweikampfstark und gibt uns eine gute Stabilität, weil er nach vorne und offensiv denkt. Das macht es für die Mittelfeldspieler einfacher, weil der Raum in der Verteidigungszone kleiner wird."

Auch Müller, der Mann zwischen den Ketten, lobte, "wenn er nach vorne durchdeckt, hat David die Übersicht und Qualität als Innenverteidiger zu spielen - ob mit oder gegen den Ball".

Alaba dagegen sprach nach der Gala gegen den BVB nicht mit den Reportern. Er machte sich rasch auf den Weg zur österreichischen Nationalmannschaft. Diese soll er am Wochenende dank guter Ausgangslage in der EM-Qualifikation zur Fußball-EM 2020 führen. Denn auch für sein Heimatland ist er ein - vielleicht der - Schlüsselspieler.

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