• ​​​​​​Trotz der krachenden Niederlage der Union will Kanzlerkandidat Armin Laschet eine Regierung bilden.
  • Das gefällt nicht allen seiner Parteikollegen - es mehrt sich Kritik an seinem Vorhaben.
  • Und auch der Großteil der Deutschen sieht den Auftrag zur Regierungsbildung nicht bei Laschet.

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In der Union wächst der Widerstand gegen die Strategie von Kanzlerkandidat Armin Laschet, trotz der historischen Niederlage bei der Bundestagswahl auf Sondierungen mit Grünen und FDP zu setzen.

Niedersachsens CDU-Chef Bernd Althusmann verlangte: "Wir sollten jetzt demütig und respektvoll den Wählerwillen annehmen, mit Anstand und Haltung. Es war Veränderung gewollt."

Erste Rufe nach Rücktritt von Laschet als Parteichef

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier unterstrich: "Wir haben keinen Anspruch auf Regierungsverantwortung." Junge-Union-Chef Tilman Kuban sagte: "Wir haben die Wahl verloren. Punkt." Der klare Auftrag liege bei SPD, Grünen und FDP.

In der Union brodelt es, vereinzelt wurden bereits Rufe nach Laschets Rückzug laut. Obwohl die Union auf 24,1 Prozent abstürzte und die SPD mit Olaf Scholz stärkste Partei wurde, hatte der Kanzlerkandidat der Union noch am Wahlabend bekräftigt, dass er eine Jamaika-Koalition mit FDP und Grünen anstrebt - mit denen auch die SPD regieren möchte. Die Sozialdemokraten leiten aus dem Ergebnis von 25,7 Prozent einen klaren Wählerauftrag ab.

Scholz glaubt an rasche Regierungsbildung

Scholz will rasch eine Regierung bilden, er sieht genügend Gemeinsamkeiten mit Grünen und FDP. "Es gibt ja Schnittmengen", betonte er am Montagabend im ZDF.

Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock sagte, das Land sehne sich nach den Jahren der großen Koalition nach einem neuen Aufbruch. Dreierbündnisse seien "nicht nur einfach, aber es kann eben auch das Momentum dafür geben, Dinge wirklich anders zu machen".

FDP-Generalsekretär Volker Wissing betonte: "Am Ende muss man sich auf ein Konzept verständigen, das für das Land einen Mehrwert bringt."

Erstes Treffen von Grünen und FDP am Mittwoch

Nach "Spiegel"-Informationen haben sich Grüne und FDP auf ein erstes Treffen am Mittwoch verständigt. FDP-Chef Christian Lindner hatte noch am Wahlabend vorgeschlagen, dass sich beide Parteien vorab zusammensetzen, um Schnittmengen auszuloten.

Die SPD forderte Laschet auf, auf Sondierungen zu verzichten: "Niemand will Armin Laschet als Kanzler, und ich hoffe, dass er das in den nächsten Tagen auch realisiert", sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil im Sender RTL.

Zwei Drittel der Deutschen halten Laschets Regierungsambitionen für falsch

Nach einer Civey-Umfrage ist tatsächlich eine große Mehrheit der Deutschen dagegen, dass Laschet versuchen will, eine Regierung zu bilden. 71 Prozent der Bürger halten das für eindeutig oder zumindest eher falsch, wie die repräsentative Befragung für die "Augsburger Allgemeine" ergab. Nur 22 Prozent der .5031 online Befragten befürworteten einen solchen Schritt.

Weniger drastisch ist das Verhältnis unter den Unionsanhängern. Von ihnen stellen sich im Kampf um die Nachfolge von Kanzlerin Angela Merkel 55 Prozent hinter Laschet. 32 Prozent halten es für falsch, dass der Unionskanzlerkandidat die nächste Regierung anführen möchte.

Die Frage, ob Laschet CDU-Bundesvorsitzender bleiben soll, beantworten in einer Insa-Umfrage für die "Bild" 21 Prozent der Befragten mit "ja", 51 Prozent mit "nein", der Rest mit "egal" oder "weiß nicht". Immerhin ist eine knappe Mehrheit der Unionswähler (44 zu 40 Prozent) dafür, dass Laschet CDU-Chef bleibt.

Als nächsten Kanzler wünschen sich 43 Prozent der Befragten SPD-Kandidat Olaf Scholz. Linke-, Grünen- und SPD-Wähler sprechen sich jeweils noch deutlicher für den SPD-Kanzlerkandidaten aus. Lediglich 13 Prozent wünschen sich Laschet als Kanzler. Selbst unter Unions-Wählern wollen nur 38 Prozent, dass Laschet die Nachfolge von Kanzlerin Angela Merkel antritt. Und auch bei Wählern der FDP kommt Laschet gerade mal auf 13 Prozent Zustimmung, Scholz immerhin auf 37 Prozent.

Neue Fraktionen kommen am Dienstag zusammen

An diesem Dienstag kommen die neuen Fraktionen von SPD, Union, Grünen und Linken zu ersten Beratungen zusammen. Bei der konstituierenden Sitzung der stark geschrumpften Unionsfraktion könnten schon erste Weichen gestellt werden. Auf der Tagesordnung steht auch die Neuwahl des Fraktionschefs, die für politischen Zündstoff sorgen könnte.

Laschet hatte am Montag angekündigt, er wolle gemeinsam mit CSU-Chef Markus Söder vorschlagen, dass der bisherige Vorsitzende Ralph Brinkhaus (CDU) "in der Phase dieser Koalitionsverhandlungen" Fraktionschef sein solle. Dies sorgte für Unmut bei Brinkhaus, der sich wie üblich für ein Jahr wählen lassen wollte.

An den Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Civey kann jeder teilnehmen. In das Ergebnis fließen jedoch nur die Antworten registrierter und verifizierter Nutzer ein. Diese müssen persönliche Daten wie Alter, Wohnort und Geschlecht angeben. Civey nutzt diese Angaben, um eine Stimme gemäß dem Vorkommen der sozioökonomischen Faktoren in der Gesamtbevölkerung zu gewichten. Umfragen des Unternehmens sind deshalb repräsentativ. Mehr Informationen zur Methode finden Sie hier, mehr zum Datenschutz hier.

In dem Fall fürchten Mitglieder der CDU-Führung Kampfkandidaturen um den Posten. Hintergrund: Sollte es Laschet nicht gelingen, eine Jamaika-Koalition zu bilden und die Union in der Opposition landen, wäre der Posten des Fraktionsvorsitzenden einer der mächtigsten in der Union.

Söder erklärte am Montagabend in der ARD, mit Brinkhaus habe die CSU "sehr gute Erfahrungen" gemacht. "Es gäbe auch andere, aber das wäre eine Option", sagte er. Möglicherweise werde es einen gemeinsamen Vorschlag beider Parteivorsitzenden geben.

CDU-Präsidiumsmitglied Norbert Röttgen plädierte dafür, die Fraktionsführung erst später zu bestimmen. Über das Wahlergebnis müsse erst einmal diskutiert werden, bevor sofort personal- und machtpolitisch Pflöcke eingeschlagen würden, sagte er in der ARD.

Laschet hatte vor der Wahl erklärt, er gehe "ohne Rückfahrkarte" nach Berlin - auch wenn er nicht Kanzler werde. Es wird erwartet, dass er bis zur konstituierenden Sitzung des Bundestags am 26. Oktober Ministerpräsident in NRW bleibt. Die Landes-CDU will bis Ende der nächsten Woche die Weichen für die Nachfolge stellen. (dpa/ank)

Söder nach Wahlniederlage: Angebot, aber kein Anspruch auf Regierungsbildung

Bei der Bundestagswahl hat die CSU in Bayern das schlechteste Ergebnis seit 1949 einstecken müssen. CSU-Chef Markus Söder bezeichnete den Wahlausgang als enttäuschend und eine Niederlage. So könne die Union keinen zwingenden Anspruch auf die Regierungsführung erheben.
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