Drei Monate muss die GroKo noch durchhalten - die Maskenaffäre vermiest aber die Stimmung. Bei "Maischberger" unterstellt CSU-Chef Markus Söder der SPD unfaires Spiel und fordert Konsequenzen für Arbeitsminister Hubertus Heil. Virologe Hendrik Streeck hält derweil eine Herdenimmunität gegen Corona für unerreichbar.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Bartlau dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

SPD-Chefin Saskia Esken gefällt das nicht: Bei "Maischberger. Die Woche" weist ein Top-Politiker ihre Forderung nach einem Rücktritt von Jens Spahn in der Maskenaffäre zurück. Und ein zweiter will sie zumindest nicht öffentlich unterstützen. Und der heißt Olaf Scholz, seines Zeichens Kanzlerkandidat ihrer Partei. CSU-Chef Markus Söder geht sogar zum Gegenangriff auf SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil über.

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Das sind die Gäste bei "Maischberger"

Auch wenn die Union behauptet, die Kandidatenfrage hätte sich auch bei einer Niederlage in Sachsen-Anhalt nicht mehr gestellt - es gab ernsthafte Diskussionen um Armin Laschet, sagt "Spiegel"-Chefredakteurin Melanie Amann: "Nach diesem Erfolg sind sie beendet."

"Welt"-Chefredakteurin Dagmar Rosenfeld rechnet den Erfolg der CDU in Sachsen-Anhalt eher Ministerpräsident Reiner Haseloff zu: "Die Wahl wurde nicht wegen Laschet gewonnen. Man könnte sagen: Laschet ist kein Hindernis gewesen."

8,4 Prozent hat die SPD in Sachsen-Anhalt geholt. Kanzlerkandidat Olaf Scholz gibt sich weiter optimistisch, dass er ins Bundeskanzleramt einziehen kann: "Die Parteien vor uns liegen ja nicht bei 30 oder 40 Prozent, und wir liegen in einer Größenordnung, wo alles möglich ist."

Gar keine Chance mehr hat - zumindest bei dieser Bundestagswahl - Markus Söder. Der bayrische Ministerpräsident verteidigt die Entscheidung, bei der Fußball-EM 14.500 Zuschauer in die Münchner Allianz-Arena zu lassen. Inzidenz und Krankenhausbelegung seien beruhigend, das Sicherheitskonzept stimme. Sein Konzept für den Sommer: "Freiheit mit Sorgfalt".

Virologe Hendrick Streeck begrüßt die Stadien-Öffnung - am besten mit wissenschaftlicher Begleitung und neuen Erkenntnissen: "Dann haben wir vielleicht im Winter Veranstaltungen, die sicher sind."

Ex-Sportschau-Moderator Gerhard Delling findet das Experiment richtig, nur die 100-prozentige Auslastung in Budapest "ist Wahnsinn". Sportlich räumt er der DFB-Elf trotz einiger Zweifel und starker Konkurrenz Chancen auf den EM-Titel ein: "Wenn alle gesund bleiben ..."

Das ist der Moment des Abends

Markus Söder behält seine Tassen bekanntlich nicht alle im Schrank, sondern zeigt sie gern öffentlichkeitswirksam her, was zu einer etwas merkwürdigen Untervariante der Politikberichterstattung geführt hat: Kaffeesatz-Leserei, direkt aus bzw. an der Tasse. Als der CSU-Chef beim Parteitag im September 2020 Tee aus einer "Game of Thrones"-Tasse trank und der Spruch "Winter is Coming" erschien, lasen eifrige Beobachter daraus eine Botschaft zur Corona-Pandemie heraus.

Was von derlei Interpretationen zu halten ist, lässt Söder bei "Maischberger" durchblicken. Seine Tasse zeigt den Superhelden "Spiderman" - was er denn damit sagen wolle, fragt die Gastgeberin. Die Antwort: "Spiderman ist cool, der hat mir immer gefallen." Merke: Nicht alles, was ein Politiker im Interview platziert, muss eine Botschaft sein.

Zumal einer wie Markus Söder auch ohne Subtext auskommt, wenn es drauf ankommt. Seinen Clinch mit Armin Laschet begräbt er noch in einem Schwall von Ironie ("Natürlich ist er auch für die CSU der Kandidat der Herzen, warum zweifeln Sie daran?"), den Titel für das Wahlprogramm etwa will er nicht verraten, damit die Journalisten nicht schreiben, er presche wieder vor. "Das will ich als treuer Wahlkämpfer nicht tun."

Beim Thema Maskenaffäre ist es aber mit den Subtilitäten schnell vorbei. Söder "hat den Eindruck", dass die Vorwürfe der SPD nicht stimmen, tun sie das auch nicht, "dann müssen wir diskutieren, ob Hubertus Heil noch im Amt bleiben kann". Bumm.

Und nicht genug: Das Verhalten der SPD sei "eine Hypothek" für jede Form der Zusammenarbeit nach der Wahl und ein Schatten auf der Kandidatur von Olaf Scholz. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das sein Stil ist."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Ist es nicht, das stellt Olaf Scholz in seinem Einzel-Interview mit Maischberger klar, wenn auch eher pantomimisch. Was er sagt, lässt sich am besten mit dem Begriff "Nullaussage" zusammenfassen - ein ums andere Mal weicht er der immergleichen Frage aus, ob er wie Saskia Esken und die Bundestagsfraktion den Rücktritt von Jens Spahn fordert.

Man kann Scholz' Ausflüchte auch als Nein interpretieren, aber dann würde sich der SPD-Spitzenkandidat wahrscheinlich missverstanden fühlen, wie so oft: Beim Wirecard-Skandal zum Beispiel übernehme er doch Verantwortung, in dem er ein neues Gesetz zur Kontrolle auf den Weg gebracht hat.

Vielleicht mag sich Scholz auch nicht aus der Reserve locken lassen, weil Maischberger das Gespräch mit einer mittleren Unverschämtheit beginnt - sie zeigt die Umfragewerte seit Bekanntgabe von Scholz' Kandidatur, die sich nie weit von 15 Prozent entfernt haben, und fragt: "Sie wollen Kanzler werden - ab wann wird so ein Satz lächerlich?"

Scholz eigentliche Antwort kommt übrigens etwas später, und er kann nur hoffen, dass die Genossinnen und Genossen, die für ihn Wahlkampf machen sollen, diesen Satz nicht in den falschen Hals bekommen: "Alle Umfragen zeigen, dass bei der Kanzlerfrage der sozialdemokratische Kandidat vorne liegt - wir wollen das Ergebnis der SPD den Umfragewerten des Kandidaten anpassen." Anders formuliert: Nicht ich bin das Problem, sondern die Partei.

So hat sich Sandra Maischberger geschlagen

Apropos Maskenaffäre: Maischberger gibt Melanie Amann alle Zeit, die "Spiegel"-Geschichte ausführlich zu erläutern, ganz ohne Unterbrechung, auch wenn es lange dauert. Und siehe da, ein ganz neues Gefühl kommt auf - der Sachverhalt, über den Maischberger mit Scholz sprechen wird, ist vorher schon breit erläutert worden, alle bekannten Fakten liegen auf dem Tisch. Sollte eigentlich zum Talkshow-Einmaleins gehören, fällt aber leider oft der Zeitnot zum Opfer.

Das ist das Ergebnis

Kaum Zeit bleibt für Hendrik Streeck und das Corona-Update, was natürlich ein gutes Zeichen ist. Die Delta-Variante formerly known as indische Variante lässt zwar in Großbritannien die Inzidenz steigen, doch Streeck betont, dass einfach noch zu wenig Daten zur Verfügung stehen, um verlässliche Aussagen über die Gefährlichkeit zu treffen. Das Wichtigste sei: "Die Impfstoffe wirken auch gegen diese Variante."

Das Konzept von Herdenimmunität, das oft als Endpunkt einer Impfkampagne besprochen wird, hält Streeck allerdings für irreführend. Er bevorzugt den Begriff "Herdeneffekt". Der Grund: Klassische Herdenimmunität, also das Ende der Weiterverbreitung durch die Masse von Geimpften oder Infizierten, sei quasi nicht zu erreichen, weil auch Geimpfte ansteckend sein können. Trotzdem: "Die Impfung ist der richtige Weg vorwärts." Endlich mal was Positives zum Schluss: Die Richtung stimmt.

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