Nach den ausländerfeindlichen Ausschreitungen in Sachsen will Sandra Maischberger der Frage nachgehen, inwiefern die Bundeskanzlerin mit ihrer Flüchtlingspolitik das Land spalte. Herausgekommen sind hektisch und polemisch geführte Diskussionen.

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Was ist das Thema?

Deutschland sei fassungslos, beginnt die ARD-Journalistin Sandra Maischberger ihre Sendung. Fremdenfeindliche Ausschreitungen schrecken das Land auf, ebenso dass ein Mob bei einer Brandstiftung tatenlos zuschaut und die mutmaßlichen Täter sogar unterstützt.

Stehen mehr als nur Minderheiten hinter dem rechtsextremen Protest, will Maischberger wissen. Oder hat gar die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für eine Radikalisierung der politischen Auseinandersetzung gesorgt?

Wer sind die Gäste?

Jan Josef Liefers, Schauspieler. "Es war meiner Meinung nach das Richtige, was sie getan hat", sagt Liefers über die Asylpolitik der Kanzlerin. Aber: "Es wurde versäumt, mit dem Volk, mit uns Deutschen zu reden", meint er weiter.

Liefers war 2013 im syrischen Aleppo, schildert von seinen Erfahrungen, dass dort kein Stein mehr auf dem anderen stehe.

Nun überrasche ihn, dass es in Deutschland alle überrasche, dass plötzlich die Kriegsflüchtlinge kämen. "Warum haben wir die Leute nicht darauf vorbereitet?", fragt der 51-Jährige.

Über die Ausschreitungen in Clausnitz und Bautzen ist der Schauspieler schwer bestürzt: "Da erkenne ich mein Sachsen nicht wieder."

Es ist indirekt wohl als Kritik an der Bundesregierung zu werten.

Armin Laschet, CDU, NRW-Landesvorsitzender. Der 55-Jährige vertritt die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin in beinahe jeder politischen Talk-Show dieses Landes. "Sie werden die europäische Flüchtlingskrise nicht in Traunstein oder Salzburg an der Grenze lösen", sagt er zum gefühlt tausendsten Mal. Und noch so manches Statement.

Aber er verteidigt die Kanzlerin auch gegen den Vorwurf, dass erst ihr Zögern in der Flüchtlingspolitik das Land so gespalten habe. "Ich bin ja froh, dass Pegida schon protestierte, bevor die Kanzlerin angeblich die Welt herbeirief", meint er.

Nun gelte es, Ängste abzubauen. "In 70 Jahren hat die Bundesrepublik schon andere Krisen gemeistert."

Peter Ramsauer, CSU, ehemaliger Bundesverkehrsminister. Er redet in bester CSU-Manier. Davon, dass weit über 300.000 Flüchtlinge nicht registriert im Land seien. Und weiter: "Was Ungarn und Mazedonien machen, ist eine Art von Notwehr."

Mitunter wird der 62-Jährige gar polemisch, mit jener Rhetorik, die in diesen Tagen sparsam gebraucht werden sollte. "Der Ausnahmezustand hält an", sagt er etwa. Und übt doch Kritik an der bayerischen Landesregierung und der CSU-Fraktion in Berlin.

"Ich warte ja selber darauf, dass der Freistaat Bayern das umsetzt, was er angekündigt hat, inklusive der Klage gegen die Bundesregierung", meint er.

Eine Antwort auf die eingangs gestellte Frage gibt er nicht.

Natascha Kohnen, SPD, Generalsekretärin Bayern. "Begriffe wie Notwehr sorgen dafür, dass es in der Bevölkerung zu einer Enthemmung kommt", sagt die meinungsstarke Landespolitikerin prompt zu Ramsauer.

Ansonsten bleibt sie als einzige Frau in der Runde überraschend oft außen vor.

Und dennoch gibt sie einen Hinweis darauf, was das Land tatsächlich gespalten haben könnte. Die Bürger warten darauf, dass die Regierung Lösungsvorschläge bringt und sich nicht gegenseitig beharkt, meint sie. Klingt plausibel.

Hans-Hermann Tiedje, Journalist und Politikberater. Polemisch würden es die einen nennen, schonungslos die anderen. Als Phrase ausgedrückt: Er nimmt kein Blatt vor den Mund.

"Ich nenne es eine Katastrophe, eine Flut, weil es einfach so ist", meint er zur sogenannten Flüchtlingskrise und benennt die seiner Meinung nach Verantwortliche: "Frau Merkel hat das alles ausgelöst. Alle anderen sagen, eure Kanzlerin hat sie hergebeten."

Nach den Landtagswahlen im März werden die Karten neu gemischt, prophezeit er düster: "Dann steht kein Stein mehr auf dem anderen."

René Jahn, ehemaliger Pegida-Organisator. "Pegida hat sich radikalisiert", schildert er. "Es gab einen großen Zulauf nach Merkels Aussage: Wir schaffen das."

Ein schlechtes Zeugnis für die Kanzlerin, auch wenn es unter zahllosen polemischen Vorwürfen dieser Wochen und Monate relativiert werden sollte.

Jahn, der sich als gemäßigter Ex-Pegida-Vertreter zu verkaufen versucht, antwortet zumindest auf den ersten Teil des Themas. "Bei Pegida sind nicht nur Rechtsradikale unterwegs, sondern Bürger wie sie und ich", erklärt er. "Viele sehen keine andere Möglichkeit des Protests.“

Was war das Rede-Duell des Abends?

Tiedje hoch zwei - oder eher hoch drei - gegen einen überrumpelten Laschet. Der frühere Boulevard-Journalist und Politikberater ist auf Temperatur: "Jetzt laufen die Merkels und die Laschets durch Europa und sagen, sie sollen uns das abnehmen", meint er bissig.

Ziel seiner Tirade ist die Kanzlerin, die Laschet mit allen Mitteln zu verteidigen versucht. "Als ob sie nicht wüsste, welche Macht Selfies haben. Sie war doch einst bei der Fußball-Nationalmannschaft", sagt Tiedje zu dem bekannt gewordenen Selfie der CDU-Chefin mit Flüchtlingen.

Laschet hat genug gehört, erklärt in einem Monolog die Eckpfeiler von Merkels Flüchtlingspolitik - und warum diese nicht anders konnte.

Was war der Moment des Abends?

Als ein Video vom Syrien-Aufenthalt Liefers eingespielt wird. Dieser erzählt während des Einspielers aus Aleppo, wie etwa ein Duzend Jungen beim Fußballspielen getötet wurden, weil zwei Granaten neben ihnen einschlugen.

Es zeigt, wie ernst die Not der Flüchtenden aus Syrien tatsächlich ist und warum sie fliehen.

Wie hat sich Maischberger geschlagen?

Durchschnittlich. Zwar moderiert sie angenehm unaufgeregt und stoisch durch die Sendung. Ein wenig mehr Orientierung an den eingangs gestellten Fragen hätte der Sendung aber gut getan. So lässt sie vor allem viel erzählen. Manches, was man öfters schon gehört hat.

Was ist das Ergebnis?

Maischberger bedankt sich für eine "erkenntnisreiche Runde".

Die entscheidende Erkenntnis ist wohl: Ja, die Kanzlerin spaltet das Land - ohne dass dies ihre Maßnahmen und Lösungsansätze schmälern sollte.

Wie sehr sie es tut, dürften die Landtagswahlen am 13. März zeigen. Ihre Gegner und Verteidiger haben sich längst in Position gebracht.

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