Neues Jahr, frischer Wind: Bei Maischberger ging es am Dienstagabend (9. Januar) unter anderem auch um die Bauernproteste. Während sich Hubert Aiwanger und Omid Nouripour dabei ziemlich in die Haare bekamen, warnte der ehemalige Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) an anderer Stelle.

Eine Kritik
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Der Bauernprotest hat Anfang der Woche bundesweit zu massiven Störungen geführt. Die Landwirte wehren sich gegen geplante Kürzungen beim Agrardiesel. Diese hatte die Bundesregierung angekündigt, um das Milliardenloch im Haushalt zu stopfen. Bei Maischberger ging es unter anderem um die Frage, wie berechtigt die Klagen der Bauern sind.

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Das ist das Thema bei "Maischberger"

Bei Maischberger waren die Demonstrationen der Bauern eins der großen Themen. Die Frage "Sind die Proteste verhältnismäßig und wie berechtigt sind die Forderungen der Landwirte?" stand dabei im Fokus. Außerdem ging es um den Krieg in Nahost und der Ukraine und damit verbunden die Frage: "Kann Deutschland in den Konflikten vermitteln?". Weiterhin diskutierte die Runde über die möglichen Folgen eine Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus.

Das sind die Gäste

  • Omid Nouripour (Grüne): "Das Land braucht eine Regierung, die Sicherheit ausstrahlt. Und das haben auch alle verstanden", so der Parteivorsitzende. Als es ums Aus von Agrardiesel ging, sagte er: "Wir hatten eine große Notwendigkeit, schnell zu Ergebnissen zu kommen, damit wir zu einem regulären Haushalt kommen." Die Regierung wisse, dass sie den Menschen etwas abverlange.
  • Hubert Aiwanger (Freie Wähler): "Die Ampel fährt dieses Land gegen die Wand – wirtschaftlich wie politisch", war sich Aiwanger sicher. "Dem Durchschnitt der Landwirte tut es weh, wenn ein Monatseinkommen wegbricht", meinte er. Vielen Politikern von Rot-Grün fehle das Fingerspitzengefühl für das bäuerliche Leben, weil sie nicht aus dieser Sozialisation kämen und den "reichen Traktorfahrer" sehen würden.
  • Sigmar Gabriel (SPD): Der ehemalige Parteivorsitzende und Bundesaußenminister a. D. sagte: "Wir gehen durch eine Dekade der Unsicherheit und der Instabilitäten." Er fürchte, dass "wir eine liberale Weltordnung so schnell nicht wieder erleben werden." Wir würden in einer "G0-Welt" leben, einer Welt ohne Ordnungsmacht. In dieser gebe es Menschen und Staaten, die sich "aufmuskeln" würden und die Weltordnung mitbestimmen wollten.
  • Pinar Atalay: "Das ist ein jahrzehntelanges Paket, was sich bei denen zusammengestaut hat. Das bricht sich jetzt Bahn", meinte die Moderatorin zu den Bauernprotesten. Sie habe Verständnis, wundere sich aber über die extreme Art und Weise. In die jetzigen Proteste mische sich viel Frust herein.
  • Kerstin Palzer: Die ARD-Hauptstadtkorrespondentin sagte: "Dass diese Proteste jetzt wirklich Umsturzphantasien sind, die Deutschland in Gefahr bringen – da würde ich doch zu Ruhe mahnen." Die Bauern hätten jedoch gezeigt, welche Durchsetzungskraft sie hätten. Als es später um die Taurus-Lieferungen im Ukraine-Krieg ging, sagte Palzer: "Ich kann das Zögern der Bundesregierung verstehen." Die Waffen hätten eine Reichweite von 500 Kilometern und könnten auf russisches Gebiet eindringen – was nicht zur Deeskalation beitragen würde.
  • Sergej Lochthofen: "Die Bauern haben zwei fette Jahre gehabt", erinnerte der Journalist und Publizist. Manche Klagen seien daher übertrieben. Über den Vorfall, bei dem eine Fähre massiv bedrängt wurde, auf der sich Vize-Kanzler Robert Habeck befand, zeigte Lochthofen sich erschrocken: "Das kann sich ein Land wie Deutschland nicht erlauben." Man müsse klare Kante zeigen. "Wir sind in Deutschland. Die Leute, die das politisch tragen, sagen: 'Wir sind für Recht und Ordnung.' Nein – genau das Gegenteil ist der Fall." Unser Land brauche bei Corona-Leugnern, die beschimpft hätten, drei Jahre, um einen Prozess zu machen.
Kerstin Palzer, Sergej Lochthofen, Pinar Atalay, Sandra Maischberger
Kerstin Palzer (Korrespondentin im ARD-Hauptstadtstudio, v.l.), Sergej Lochthofen (Journalist und Publizist) und Pinar Atalay (Moderatorin von RTL Aktuell und RTL Direkt) waren Gäste bei Sandra Maischberger. © WDR/Oliver Ziebe

Das ist der Moment des Abends bei "Maischberger"

Gabriel stellte im Einzelinterview klar: "Zeitenwende heißt nicht 100 Milliarden mehr für die Bundeswehr, sondern heißt, dass sich die Gesellschaft auf eine ganz andere Welt einstellen muss und nicht jeden Tag an sich und der Demokratie zweifeln darf – und das haben wir bislang nicht geschafft. Wir seien auf die unsichere Welt nicht gut vorbereitet.

In Bezug auf den Ukraine-Krieg sagte er: "Wenn die Vereinigten Staaten von Amerika und Deutschland ihre Lieferbereitschaft für Waffen und Munition reduzieren, dann wird Russland diesen Krieg gewinnen. Und dann gnade uns Gott." Unsere Kinder und Enkel würden das ausbaden müssen – in Europa, nicht Amerika. Man müsse alles dafür tun, dass die Russen die Ukrainer nicht überrennen – und dafür auch Waffen liefern.

Das ist das Rede-Duell des Abends

Maischberger wollte von Hubert Aiwanger wissen, wie er die Vorfälle rund um Robert Habeck bei den Bauernprotesten beurteilt. Demonstranten waren nur mit Pfefferspray davon abzuhalten gewesen, eine Fähre zu stürmen, auf der er sich befand. Aiwanger setzte an: "Also ich habe ein Bild gesehen in den sozialen Medien, als das Schiff schon weggefahren ist, sind die auf die Fähre, da war aber die Entfernung zwischen Steg ...", da hakte Maischberger ein: "Also Sie finden es nicht so schlimm?"

"Ich kann es nicht beurteilen, weil ich nicht dabei war", meinte Aiwanger. Er enthalte sich einer Bewertung, bis die Polizei dies getan habe. Nouripour sah das anders: "Es gab ein Gesprächsangebot, das ignoriert wurde". Es gebe einen Polizeibericht, demnach die Leute versucht hätten auf die Fähre zu kommen und die Passagiere nicht aufs Land gelassen hätten. Es gebe Berichte von Kindern, die verängstigt waren, weil sie nicht an Land gekommen seien.

"Dann lassen wir Herrn Habeck weg, was ist denn eigentlich los? Warum kann man denn nicht sagen, es ist indiskutabel, dass Leute, die aus dem Urlaub aus einer Fähre aussteigen, weil die Bauern stinkig sind wegen der Politik anderer."

So hat sich Sandra Maischberger geschlagen

Maischberger war mit neuen Fragen aus der Winterpause zurück. Die Antwort, die sie von Gabriel auf die Frage: "Wie blicken Sie auf dieses Jahr 2024, wie optimistisch sind Sie?" bekam, dürfte ihr aber nicht gefallen haben: Gabriel zeigte sich äußerst pessimistisch und warnte vor unsicheren Zeiten. Eine besonders spannende Frage warf Maischberger auf, als es um den Israel-Krieg ging. Sie wollte wissen: "Ist Netanjahu bereit, den Krieg eskalieren zu lassen?" Zu Jahresbeginn zeigte sich Maischberger noch recht "handzahm". Ein wenig spitz wollte sie lediglich von Nouripour wissen, ob die Kürzung der Bauern-Subventionen notwendig waren, um dann zu fragen:: "Haben Sie was gegen reiche Traktorfahrer?"

Das ist das Ergebnis bei "Maischberger"

Dass die Talkrunde mit den Bauernprotesten neuen Gesprächsstoff bekam, tat zugegebenermaßen gut – hatten sich doch im letzten Jahr viele Sendungen immer wieder um dieselben Themen gedreht. Ein bisschen faktenbasierter hätte es allerdings sein dürfen, zwischen Aiwanger und Nouripour ging es fast ausschließlich um unterschiedliche Meinungen. Erkenntnisreich war vor allem das Einzelgespräch mit Gabriel, in dem er Donald Trump eine realistische Chance für einen Wahlsieg einräumte.

Wenn Donald Trump erneut ins Weiße Haus einziehe, werde er das Nato-Verteidigungsbündnis infrage stellen, fürchtete Gabriel. "Wir werden am Ende nicht an der Frage scheitern, wie viele Panzer Deutschland hat, sondern, ob das Verteidigungsbündnis, das Deutschland geschlossen hat, noch ernst genommen wird."

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