Mächtig was los bei der CDU – und auch bei Frank Plasberg. Klaus Wowereit begleicht eine alte Rechnung mit Friedrich Merz, Christian Lindner rückt das Bild von AKK zurecht. Und die Sendung beginnt mit einem Rausschmiss.

Eine Kritik

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Da war selbst der routinierte Frank Plasberg baff: Noch bevor seine Sendung am Montagabend richtig gestartet war, hatte sie schon ihren ersten Aufreger. Ein Zuschauer hatte während eines Einspielers seine Meinung zum UN-Migrationspakt ins Studio geschrien und ließ sich offenbar nicht beruhigen, Security-Personal führte ihn nach draußen. Die TV-Zuschauer bekamen nichts davon mit, Plasberg schilderte die Situation und schickte dem Mann einen flapsigen Spruch hinterher: "Vielleicht schaut er von draußen zu." Falls nicht, hat er einen soliden Talk verpasst, der die wichtigsten der vielen offenen Fragen diskutierte – und einige neue aufwarf, vor allem zur Kanzlertauglichkeit von Friedrich Merz.

Das war das Thema

Der Kampf um den CDU-Vorsitz - im Doppelpack: Vor Frank Plasberg widmete sich schon eine Dokumentation von Stephan Lamby dem Streit um die Nachfolge von Angela Merkel.

Und machte mit einer historischen Einordnung die Bedeutung des Parteitags in Hamburg deutlich: Das erste Mal seit 1971 haben die Delegierten der CDU eine wirkliche Wahl aus mehr als nur einem Kandidaten oder einer Kandidatin.

Egal, wen sie in der Hansestadt an die Spitze der Partei hieven – die Entscheidung wird die Bundespolitik erschüttern. Frank Plasberg wollte von seinen Gästen wissen: "Erst die CDU, dann vielleicht Deutschland: Wer gewinnt das Rennen um Merkels Erbe?"

Diese Gäste diskutierten mit Frank Plasberg

In Christian Freiherr von Stetten (CDU) hatte sich Plasberg einen Parteigänger von Friedrich Merz in die Sendung geholt. Für ihn sei der 63-Jährige der Favorit der Basis. "Das hat sich auf den Regionalkonferenzen deutlich gezeigt."

Auf Nachfrage gab sich der Chef des mächtigen Parlamentskreises Mittelstand der Union als Mitglied der "Initiative Friedrich Merz" zu erkennen, der 80 Unterstützer angehören, darunter auch Günther Oettinger.

Die Journalistin Kristina Dunz glaubt an ein enges Rennen, das erst in Hamburg entschieden wird. "Es wird sich an der Tagesform entscheiden." Sauer stößt ihr die Bezeichnung von Annegret Kramp-Karrenbauer als "Mini-Merkel" auf: "Diese Wortwahl ist abwertend und respektlos. Man nennt Herrn Lindner ja auch nicht 'Mini-Genscher'."

Der angesprochene Christian Lindner (FDP) gefiel sich sichtlich in seiner Rolle als politischer Analyst mit Eigeninteressen: Genau sezierte er die Voraussetzungen für einen neuen Anlauf für Jamaika. Der wäre, so sein Urteil, eher unter Kramp-Karrenbauer möglich: "Sie hat nicht so ein scharfkantiges Profil, das ist nicht schlecht für eine Kanzlerin."

Ohne Frage sei Kramp-Karrenbauer die Sympathieträgerin, sagte Politikberater Michael Spreng. Allerdings gehe es nicht nur um den Parteivorsitz, sondern auch um den nächsten Kandidatin oder eben die nächste Kandidatin für das Kanzleramt. "Da ist Merz der Hoffnungsträger. Viele in der Partei glauben, nur er kann Stimmen von der AfD zurückholen."

Polit-Rentner Klaus Wowereit, braungebrannt, Einstecktuch, SPD-typische Uhr am Handgelenk, machte sich einen Spaß daraus, den Konkurrenten von einst alle möglichen Probleme für die Zeit nach der Wahl zu prophezeien. Vor allem für den Fall, dass Friedrich Merz gewinnt. "Dann kommen am nächsten Tag die Fragen: Wie lange kann Merkel noch Kanzlerin bleiben?"

Das war der Schlagabtausch des Abends

Er musste kommen, der Einspieler zu Merz' Eigenbezeichnung als "gehobene Mittelschicht." Der plötzlich angriffslustige Plasberg nutzte den Blackout des Millionärs als Beweisstück gegen Merz' Kanzlertauglichkeit. "Die Frage ist, ob ich jemanden als Bundeskanzler haben will, der bei so einfachen Fragen ins Stottern gerät."

Von Stetten sprang Merz ritterlich zur Seite mit einer Gegenfrage, auf die Plasberg vorbereitet war, im Gegensatz zu Merz: "Was ich an seiner Stelle gesagt hätte? Dass ich zum oberen einen Prozent gehöre. Wissen Sie wo das beginnt?" Jetzt stotterte von Stetten.

Und Plasberg legte nach: "Ab 215.000 Euro Einkommen. Dann hätte er dazu sagen können, dass es zeigt, wie groß die Schere ist in Deutschland." Immerhin half Plasberg von Stetten nach dem Niederschlag gönnerhaft auf: "Welche Schulnote für diesen Auftritt?" - "Das war keine Glanzleistung, wenn sie das als 4 mitnehmen wollen, okay."

So hat sich Frank Plasberg geschlagen

Und das Publikum johlte – was so ein bisschen Vorbereitung doch möglich macht. Auch sonst führte Plasberg, der auch gern mal ganze Sendungen aus dem Ärmel zu schütteln scheint, sehr zielstrebig und seriös durch die Diskussion.

"Ich strukturiere hier die Sendung", fuhr er einmal dem hemdsärmligen Klaus Wowereit über den Mund, und es war eine Selbstverpflichtung, die er an diesem Abend einhielt.

Das sind die Erkenntnisse

Dieser Wowereit war es auch, der die offenen Flanken von Merz am deutlichsten benannte: "Er war bei den Leuten schon früher unbeliebt, das hat sich nicht geändert." Die Pläne zur Rentenvorsorge durch Aktien gingen "sowas von an der Lebenswirklichkeit vorbei."

Und die Ansage, er wolle die AfD halbieren? "Ja, wer will das nicht?" Die Abneigung speist sich wohl auch aus einer Beleidigung, die Wowereit nicht vergessen hat: "Als ich 2001 gewählt wurde, hat Merz gesagt: 'Solange der Wowereit sich mir nicht nähert ist mir das egal.'" Später habe er noch nachgelegt: "Der Wowereit macht mit seiner Homosexualität Wahlkampf. Das war Merz 2001. Hoffentlich hat er sich geändert ..."

Zweifel an Merz' Charakter sät auch die Anekdote, die Journalistin Kristina Dunz erzählt: 2004 fand ein Obdachloser das Notebook des Abgeordneten, das über das Zollamt wieder den Weg zu Merz fand. Der Finderlohn erreichte den Mann in einem Obdachlosenheim: Ein Buch von Merz mit dem Titel "Nur wer sich ändert, wird bestehen. Vom Ende der Wohlstandsillusion – Kursbestimmung für unsere Zukunft".

Positiveres hatte Dunz über Kramp-Karrenbauer zu sagen, die einen "kooperativen Stil" pflege, auch mit anderen Parteien. Das könne auch ein Modell möglich machen, das im Falle eines Sieges von Friedrich Merz undenkbar scheint: Eine Trennung zwischen Parteiführung und dem Kanzleramt. Außerdem habe die Saarländerin schon schwierige Wahlkämpfe überzeugend gewonnen. Und die Nähe zu Merkel, die ihr als Nachteil ausgelegt wird? "Viele in der CDU erkennen doch an, dass Merkel die Partei revolutioniert hat."

Inhaltlich sieht FDP-Chef Lindner ohnehin keinen Grund für den Titel "Mini-Merkel": "Ihr Familienbild ist außerordentlich konservativ, wirtschaftspolitisch steht sie links." Aber egal, wer die CDU in die Ära nach Merkel führt – Lindner hatte als einziger Spahn auf der Rechnung, aber auch "erst in 15 Jahren" -, eine Neuausrichtung der Partei funktioniere nur mit dem Kanzleramt. "Vom Adenauer-Haus aus ist das unmöglich, dann wäre man nur ein Generalsekretär deluxe." Das verspricht viel Spannung – auch nach dem 7. Dezember.

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