Anne Will wollte mit ihren Gästen über die Spaltung Deutschland diskutieren. Doch im Mittelpunkt stand der Auftritt von Friedrich Merz, der Angela Merkel als CDU-Chef beerben will. Merz äußerte sich zu Merkel, zur Flüchtlingspolitik, zur AfD, zu seinen Einkommensverhältnissen und seinen Vorstellungen von Konservatismus.

Eine Kritik

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Seit seinem politischen Comeback macht Friedrich Merz eifrig Werbung für seine Kandidatur für den CDU-Vorsitz. Merz bewirbt sich neben den weiteren Top-Kandidaten CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn um den Posten.

Der von Angela Merkel Mitte der 2000er-Jahre aufs politische Abstellgleis beförderte Ex-Fraktionschef der CDU stellte sich nun bei Anne Will den kritischen Fragen der Gastgeberin.

Dabei äußerte er sich zu seinen politischen Vorstellungen und wie er die CDU wieder zu alter Stärke führen will. Die wichtigsten Aussagen im Überblick.

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Zu Angela Merkel

Merz vermied direkte Kritik an der Bundeskanzlerin. "Ich grenze mich nicht gegen Angela Merkel ab", betonte Merz. "Aber wir können mit dem Zustand der Union nicht zufrieden sein." Damit meinte er die programmatische Ausrichtung der Partei und die aktuellen Wahlergebnisse.

Ob es ein Fehler gewesen sei, dass Merkel erst rund drei Monate nach den fremdenfeindlichen Ausschreitungen in die sächsische Stadt Chemnitz gereist sei? "Es war wichtig, dass sie jetzt da war", sagte Merz.

Zur künftigen Programmatik der CDU

Viel wurde zuletzt darüber gesprochen, ob Merz die CDU nach rechts rücken will. Dem erteilt er eine Absage. "Ich will keine Achsenverschiebung der Union – weder nach links, noch nach rechts", stellte Merz klar.

Er wolle Menschen, die eine politische Heimat bei der Union hatten, die "einen gesunden Patriotismus" leben und "die sich als wertkonservativ bezeichnen", wieder zurückgewinnen.

Als Will dies als geplanten Rechtsruck der CDU deutete, stellte Merz nochmals klar: "Ich habe nicht davon gesprochen, nach rechts zu gehen und das wird die CDU auch nicht."

Innere Sicherheit, Europapolitik, Umweltpolitik, wirtschaftspolitische Kompetenz und soziale Verantwortung benannte er als weitere wichtige Themen.

Zur Flüchtlingskrise

An dieser Stelle äußerte Merz zumindest indirekt Kritik an Merkel. "Wir müssen ohne jeden Zweifel wieder die Partei sein, die für den Rechtsstaat steht und für eine Rechtsordnung, die eingehalten wird."

Damit unterstellte er, dass die CDU dies in den letzten Jahren nur bedingt gewesen sei. Zudem kritisierte Merz, dass 2018 Hunderttausende Flüchtlinge ohne Kontrolle nach Deutschland einreisen durften.

Er wolle die Fragen klären, auf welcher rechtliche Basis die Grenzen geöffnet worden seien.

Als er daraufhin von der Grünen Co-Chefin Annalena Baerbock über die rechtliche Lage im Schengen-Raum und den Mythos der Grenzöffnung aufgeklärt wird, nannte Merz die Entscheidung, die Flüchtlinge aus Ungarn einreisen zu lassen, "eine großartige humanitäre Geste" Merkels.

Man hätte die Einwanderung aber ordnen und schneller begrenzen müssen.

Zu seinen Einkommensverhältnissen

Zuletzt machte Merz mit seinem Geständnis Schlagzeilen, dass er Millionär ist. Dennoch fühle er sich der "oberen Mittelschicht" zugehörig. "Zeit Online" nannte ihn spöttisch einen "Mentalitätsmittelschichtler".

Das bewog Anne Will angesichts von Merz' Ankündigung, die CDU wieder Richtung 40 Prozent zu heben zu einer bissigen Frage: "Warum denken Sie, dass Sie das – pardon ich sag's jetzt – als reicher Besserwessi der gehobenen Mittelschicht, der Sie sich zugehörig fühlen, besser hinbekommen als [...] Angela Merkel."

Merz lächelte das "Besserwessi" weg. Schließlich äußerte Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Zweifel, ob sich Merz angesichts seiner Vermögensverhältnisse mit den Problemen der einfachen Leute identifizieren könne.

"Ich meine schon, dass ich ein Gefühl dafür habe, wie die normale Bevölkerung lebt", sagte Merz. "Ich habe viel gearbeitet, ich habe nichts geschenkt bekommen. Ich habe meine Steuern bezahlt. Ich beschäftige Mitarbeiter. Ich weiß, wie meine Mitarbeiter leben", erklärte Merz und verwies auf seinen Aufsichtsratssitz in einem Unternehmen der Papierindustrie.

Zu Blackrock und HSBC Bank

Seit 2016 amtiert Merz als Aufsichtsratschef des deutschen Ablegers von Blackrock, dem weltweit größten Vermögensverwalter. Dort gab es zuletzt Ermittlungen wegen des Verdachts auf Steuerbetrug mit sogenannten "Cum-Ex-Transaktionen" zwischen 2007 und 2011.

Merz distanzierte sich klar von solchen Geschäftspraktiken. "Ich bin da absolut clean. Ich habe mir persönlich nichts vorzuwerfen", sagte er. Zudem kündigte er an, von seinen Posten zurückzutreten, sollte er als CDU-Chef gewählt werden.

Merz ist ebenfalls Aufsichtsrat der HSBC Bank. Wills Frage, ob seine Glaubwürdigkeit wegen möglicher Interessenkonflikte beschädigt sei, verneinte Merz. Mehr Mühe hatte er, Schwesigs erneuten Vorwurf zu entkräften, er könne sich als Vertreter großer Unternehmen nicht glaubwürdig für die Belange der einfachen Leute einsetzen.

Zur Streitkultur in der Gesellschaft

Merz kritisierte, dass in der Gesellschaft über zentrale Fragen wie in der Migrationspolitik nicht angemessen diskutiert werden könne. "Wir müssen wieder streiten lernen", forderte er. Die CDU zeige gerade, wie das funktionieren könne, so Merz.

Eine Anspielung auf die Regionalkonferenzen der Partei, auf denen er sich mit seinen Mitbewerbern Kramp-Karrenbauer und Spahn den CDU-Mitgliedern präsentiert.

Zu Ostdeutschland

Als SPD-Frau Schwesig (SPD) über die ostdeutsche Mentalität und westdeutsche Überheblichkeit nach der Wiedervereinigung sprach, gab auch Merz den "Ossi-Versteher".

Zumindest versuchte er es. Ja, er sei zuletzt häufig in Ostdeutschland gewesen. Und er hob hervor, man hätte gute Ideen aus dem Osten auch nach der Wende übernehmen können. Wie die Polikliniken, die nun als Ärztehäuser ein gesamtdeutsches Comeback feiern.

Fazit

Insgesamt war das ein weitgehend unaufgeregter Auftritt von Friedrich Merz, der sich auch durch kritische und teils bissige Fragen von Anne Will oder Manuele Schwesig selten aus der Ruhe bringen ließ.

Nur als Schwesig unterstellte, er habe in den letzten Jahren mit seinen Jobs "Kasse gemacht", war beim Kandidaten auf den CDU-Vorsitz leichte Erregung festzustellen.

Die Nachfragen zu seiner Arbeit bei Blackrock beantwortete Merz zwar geduldig. Letzte Zweifel, ob durch den Job nicht trotzdem ein Makel haften bleibt, konnte er nicht ausräumen.

Nachdem Merz von der "Öffnung der Grenzen" sprach, stellte Grünen-Chefin Annalena Baerbock unter viel Applaus klar, dass es im Schengenraum, in dem es per se keine Grenzkontrollen gibt, von einer "Öffnung" auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 überhaupt keine Rede sein könne. Damit hatte sie einen Punkt.

Merz betonte, dass er das konservative Profil der CDU stärken wolle – ohne die Partei nach rechts zu rücken, wie er erklärte. Ob ihm dieser Spagat gelingt und er – wie angekündigt – die Wahlergebnisse der AfD halbieren kann, dürfte eine der spannendsten Frage im Falle seiner Wahl zum CDU-Vorsitzenden sein.

Verwendete Quellen:

  • Anne Will: "Das gespaltene Land – wer sorgt für Zusammenhalt?"
  • Zeit Online: Friedrich Merz - Der Mentalitätsmittelschichtler
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