Niko Kovac holt mit dem FC Bayern nicht nur das Double, sondern schafft Historisches. Und er darf nun sicher auch in seine zweite Saison als Trainer der Münchener gehen. Die Diskussionen um seine Zukunft sind beendet.

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Dem Daumen folgten die Worte und die waren endlich einmal unmissverständlich. Draußen feierten die Angestellten noch in kurzen Hosen, während Karl-Heinz Rummenigge im Bauch des Berliner Olympiastadions für ein paar kurze Sätze bereitstand.

Natürlich ging es am ARD-Mikrofon um Niko Kovac und dessen Zukunft beim frisch gebackenen Double-Sieger.

Bisher hatten sich die Münchener Entscheidungsträger ja immer so schwammig wie möglich geäußert. Jetzt bezog Rummenigge aber sehr konkret Stellung zu den andauernden Spekulationen um die Weiterbeschäftigung seines Trainers.

"Wir haben das nie infrage gestellt. Am Ende des Tages müssen wir Titel holen, da ist der Trainer ein wichtiger Bestandteil. Es hat keiner infrage gestellt und es war für uns auch kein Thema, dass er bei der Laufzeit des Vertrages kein Trainer mehr wäre."

Am Freitag wollte sich Rummenigge noch nicht so klar äußern, signalisierte nur mit dem Daumen nach oben eine Tendenz.

Wäre das nun also auch geklärt. Genau wie die Frage, ob diese Bayern auf ihre alten Tage den nächsten Angriff eines Emporkömmlings würden abwehren können.

In der Meisterschaft konnte der Seriengewinner Borussia Dortmund doch noch in die Schranken weisen, im Pokal war es nun RB Leipzig. Beides die wohl größten Kontrahenten der nahen Zukunft für einen Klub, der eigentlich längst schon konkurrenzlos ist.

Die Bayern haben das zehnte Double seit der Jahrtausendwende eingefahren, bis dahin gab es in knapp vier Jahrzehnten des deutschen Vereinsfußballs exakt drei Double-Gewinner. Die Münchener haben als Wiederholungstäter eine absolute Rarität zur Gewohnheit gemacht.

Das ist es, was unterm Strich zählt. "Am Ende des Tages müssen wir Titel holen", sagt Rummenigge nicht umsonst. Das hat Kovac nun geschafft, nach dem Double als Spieler der Bayern hat er nun auch als Trainer Meisterschaft und Pokal in einer Saison gewonnen. Das ist in Deutschland noch niemandem zuvor gelungen.

Probleme und Matchglück

Für Kovac endet damit eine unglaubliche erste Saison bei den Bayern. Und wie zum Beweis für diese Berg- und Talfahrt legte seine Mannschaft im Olympiastadion gegen Leipzig eine Partie hin, die als Abriss der ganzen Saison gelten darf: Die Bayern hatten 25 Minuten lang erhebliche Probleme mit Leipzig und speziell deren Pressing.

Kovac' Mannschaft fand überhaupt kein Mittel gegen das frühe und aggressive Anlaufen - was insofern verwunderlich war, weil Leipzig sowohl in der Grundordnung im 4-2-2-2 als auch in der Ausrichtung exakt so auftrat, wie man es erwarten konnte. Die Bayern schienen darauf aber nicht besonders gut vorbereitet.

Die Bayern hatten das, was man wohl Matchglück nennt, und waren dann plötzlich voll da. Während Manuel Neuer bei seinem Comeback einen eigentlich unhaltbaren Kopfball parierte und so den bis dato verdienten Rückstand verhinderte, ließ sich sein gegenüber Peter Gulacsi von Robert Lewandowskis zugegeben spektakulären Kopfball überraschen.

In diesen punktuellen Highlights des Spiels sollten die Münchener bis zum Schlusspfiff die kältere, effizientere Mannschaft bleiben und ihre individuelle Überlegenheit nutzen.

Besserer Torhüter, besserer Knipser

Die Bayern spielten herausragend schöne Tore heraus, Leipzig vergeigte seine herausragend schön herausgespielten Chancen. Und am Ende stand es 3:0, was nicht so ganz dem Spielverlauf entsprach und wie zum Trotz der klarste aller Siege im Pokal in dieser Bayern-Saison war. Gegen Drochtersen-Assel, Rödinghausen, Hertha BSC, Heidenheim und Bremen hatte es jeweils nur zu Siegen mit einem Tor Unterschied gereicht.

Im Endspiel hatten die Münchner aber unter anderem die größere Erfahrung, den besseren Torhüter und den besseren Angreifer. Lewandowski hat mit seinen Pokalendspieltoren Nummer fünf und sechs nun sogar Uwe Seeler und den ewigen Gerd Müller überholt.

So manches Mal nahmen die Münchner im letzten Spiel einer Saison den Pokalsieg noch so als Zuckerl obendrauf mit. In dieser Saison war der Sieg aber elementar wichtig.

"Das kann man ja sehen, dass das nicht irgendein Sieg für uns war. Das ist ein emotionaler Tag für uns. Wir haben nochmal alles rausgehauen. Es ist überwältigend", sagte Thomas Müller, der in seiner neunten Profi-Saison den fünften Pokalsieg einfuhr.

Boateng hat wenig Lust zu feiern

Also feierten die Profis ausgelassen wie selten zuvor. Franck Ribery und Arjen Robben durften in ihrem wirklich letzten Spiel noch einmal ein paar Minuten ran, der ebenfalls scheidende Rafinha nicht - was den schönen Nebeneffekt hatte, dass das Trio nun exakt auf 1.000 Pflichtspieleinsätze im Bayern-Trikot kommt.

Jerome Boateng durfte wie Rafinha nicht ran. Auch um den Ex-Nationalspieler ranken sich die Gerüchte, dass er den Klub verlassen will oder muss. Boateng aber hatte überhaupt keine Lust, gute Miene zum für ihn schlechten Spiel zu machen.

Emotionslos durchstand er die Pokalübergabe und machte sich danach dann als einziger und offenbar recht bockig auf in die Kabine, während die Kollegen und ihr Trainer Besseres zu tun hatten.

Kovac drappierte sich vor den Fans und bedankte sich für die Unterstützung zumindest in den letzten Wochen. Auch aus der Anhängerschaft waren die Vorbehalte gegen seine Person ja nicht zu überhören und übersehen gewesen.

"Zwei, drei Wochen, um herunterzukommen"

Nun scheint es aber so, dass Kovac den ganz großen Umbruch ab dem Sommer wirklich anleiten darf. Die Bayern werden ihre Mannschaft ja ziemlich radikal umbauen, mit noch teureren Spielern verbessern und so die Konkurrenz auf Abstand halten.

Das alles darf Kovac angehen mit der Gewissheit, das schwere erste Jahr in München überstanden und jede Menge dazugelernt zu haben. "Ich bin froh, dass das Jahr ein Happy-End genommen hat. Es war eine anstrengende Saison", sagte Kovac auf der Pressekonferenz nach dem Spiel. "Wir brauchen jetzt mal zwei, drei Wochen, um herunterzukommen. Dann werden wir die neue Saison vorbereiten."

Dann geht das alles wieder von vorne los: Das Double als Pflicht, die Champions League als Kür, der Druck, die Debatten. Die Bosse haben den Daumen nicht gesenkt. Für Niko Kovac geht es weiter.

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