Maybrit Illner diskutierte mit ihren Studiogästen am Donnerstagabend über die Situation im Nahen Osten. Viele Beobachter rechnen mit einer Bodenoffensive Israels im Gazastreifen. Laschet schlug einen harten Ton gegenüber muslimischen Verbänden an und forderte eine Zeitenwende ein. Terrorexperte Neumann gab außerdem eine ernüchternde Prognose ab.

Eine Kritik
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Israel steht seit dem Terrorangriff durch die Hamas unter Schock: Der Krieg hat bereits jetzt eine vierstellige Zahl an Opfern gefordert, mehr als 150 Menschen wurden in den Gazastreifen verschleppt. Doch während auf der einen Seite Entsetzen über die Brutalität herrscht, wird der Terror auf pro-palästinensischen Demos gefeiert – auch in Deutschland.

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Das ist das Thema bei "Maybrit Illner"

Olaf Scholz hat im Bundestag deutlich gemacht: "In diesem Moment gibt es für Deutschland nur einen Platz: den Platz an der Seite Israels." Illner stellte in ihrer Sendung am Donnerstag (12. Oktober) trotzdem die Frage: "Terror-Angriff auf Israel – uneingeschränkte Solidarität?". Dabei wollte sie wissen: Wie genau kann und muss Solidarität mit Israel jetzt aussehen? Zudem ging es um die Zukunft des Gazastreifens und die Gefahr eines großen Krieges, der den ganzen Nahen Osten erfasst.

Das sind die Gäste

  • Annalena Baerbock (Grüne): "Die Hamas haben mit jeglichem internationalen Recht, mit jeglicher Menschlichkeit gebrochen", stellte die Bundesaußenministerin im Vorab-Einzelgespräch klar. Israel habe die volle und uneingeschränkte Solidarität von Deutschland. "Wir haben mehrere Doppelstaatler unter den Geiseln", sagte sie. Es sei auch wichtig, gegenüber dem Iran einen harten Kurs aufrechtzuerhalten.
  • Omid Nouripour (Grüne): "Ich hoffe sehr, dass das jetzt der eine Weckruf ist", sagte der Bundesvorsitzende, als es um die Aktivitäten von Hamas-Mitgliedern in Deutschland ging. Man müsse auch bestimmte, vom Iran geführte Zentren in den Blick nehmen. Dort würden Mahnwachen für syrische Kriegsverbrecher stattfinden. "Das gehört einfach nicht zu unserer Demokratie, zu unserem Land", sagte Nouripour. Ein Verbot sei überfällig.
  • Armin Laschet (CDU): "Für Israel geht es um die Existenz", meinte der Außenpolitiker. Der Staat Israel sei ein unvergleichbarer Schutzraum für Jüdinnen und Juden, es gehe um den Fortbestand eines ganzen Volkes. "Möglicherweise ist das noch existenzieller als in der Ukraine", so Laschet.
  • Meron Mendel: Der Direktor der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt sagte: "Die Israelis sind ein optimistisches Volk, man hat das Gefühl, man hat schon alles erlebt. Und doch leben wir seit Samstag in einer ganz anderen Zeit." Sein Bruder sei als Reservist eingezogen worden, der Sohn eines Bekannten habe stundenlang unter der Leiche seiner Mutter gelegen. "Das sind Kindheitsfreunde, das sind Familienangehörige", so Mendel.
  • Peter Neumann: "Wenn man mit Israelis gesprochen hat, noch vor einer oder zwei Wochen, dann hätten die gesagt: Unsere Überwachung, unsere Informanten – wir kennen diesen Gazastreifen wie kein Territorium der Welt. Wir wissen, wenn dort ein Sack Reis umfällt", sagte der Terrorismusforscher. Nun sei ein bis zwei Jahre lang nicht aufgefallen, dass tausende Menschen einen Angriff geplant hätten. "Das ist ein riesiges Versagen – nicht nur der Israelis, sondern auch der Amerikaner", war er sich sicher.
  • Souad Mekhennet: Die Korrespondentin für internationale Sicherheit der "Washington Post" sagte: "Es ist kein Geheimnis, dass dies als Totalversagen der israelischen Geheimdienste gewertet wird." Dass ein so gut geplanter Militärschlag der Hamas geschehen konnte, ohne, dass internationale Geheimdienste es mitbekommen haben – "Das wirft viele Fragen auf". Eine davon sei, welche anderen Gruppen und Staaten die Hamas unterstützt hätten und wo Trainings stattgefunden hätten.
Illner
Armin Laschet, Meron Mendel, Maybrit Illner, Omid Nouripour, und Peter Neumann (v.l.n.r.) im Studio. Zugeschaltet ist Souad Mekhennet. © ZDF/Jule Roehr

Das ist der Moment des Abends bei "Illner"

"Trotz mancher Kritik von einigen habe ich es für richtig gehalten, dass der Bundeskanzler den Emir von Katar getroffen hat. Außenpolitik ist eben nicht alle zu belehren, sondern mit denen, die entscheiden, zu reden", stellte Laschet klar. Er hoffe, dass Scholz dem Emir deutlich gemacht habe: Wenn Katar wirtschaftliche Beziehungen zu Deutschland haben will, muss er jetzt helfen.

Der Staatssender Al-Jazeera verbreite den Aufruf, am Freitag jüdische Einrichtungen zu attackieren. "Ich finde, wir müssen die Erwartung formulieren, dass nicht weiter aus Katar solche Aufrufe passieren", forderte Laschet. Der Aufruf kommt direkt aus Katar. "Gas hin oder her, da muss man dem Emir sagen: Wenn du gute Beziehungen zu Deutschland willst, bist du jetzt in der Pflicht, dieses brutale Morden zu stoppen", so der CDU-Mann.

Das ist das Rede-Duell des Abends

Illner brachte die Freudentänze auf deutschen Straßen bei pro-palästinensischen Demonstrationen zur Sprache. "Das ist ein Integrationsproblem", stellte Mendel klar. Es sei nicht nur ein Problem der Juden in Deutschland oder von Israel. "Das ist ein Problem der deutschen Gesellschaft", sagte er weiter. Große Teile der Gesellschaft seien antidemokratisch und antiwestlich. Das müsse man mit allen Mitteln bekämpfen – sowohl mit Polizei und Staatsanwaltschaft als auch mit Bildung und in den sozialen Medien. Man müsse aber auch deutlich machen, dass es sich um eine Minderheit von Muslimen handele. Er habe viele Beileidsbekundungen von Muslimen erhalten.

Annalena Baerbock
Maybrit Illner (l.) und Annalena Baerbock diskutieren im Studio. © ZDF/Jule Roehr

Laschet reagierte: "Es stimmt, eine große Mehrheit denkt nicht so, aber: Die islamischen Verbände haben mich in diesen Tagen tief enttäuscht", kritisierte Laschet. Der Zentralrat der Muslime habe nicht angemessen reagiert. "Wenn die das nicht sagen in ihren Gemeinden, dann ist die Chance, alle zu erreichen, wirklich sehr klein. Das ist ein Stück Zeitenwende, auch hier müssen wir jetzt sagen: Wir werden das nicht dulden."

So hat sich Maybrit Illner geschlagen

Illner traf den richtigen Ton und gab Empathie und Mitgefühl Vorrang vor Analyse und Kontextualisierung. "Was wünschen die Menschen in Israel sich von Deutschland?", fragte sie den israelischen Gast Mendel zum Beispiel. Sie stellte aber auch die entscheidenden, drängenden Fragen: "Warum geschah das alles so plötzlich?", "Würden Sie auch sagen‚ Israel muss diesen Krieg gewinnen?" und "Wie groß ist die Gefahr, dass es eskaliert?".

Das ist das Ergebnis bei "Illner"

Bei Illner wurde am Donnerstagabend deutlich: Auf viele Fragen gibt es derzeit noch keine Antwort, aber sie werden zu einem späteren Zeitpunkt wieder auf den Tisch kommen. Terrorexperte Neumann machte die Situation im Gazastreifen anschaulich, als er erklärte: "Das Gebiet ist kleiner als Köln, aber doppelt so dicht besiedelt." Seine Einschätzung: "Das wird eine der schwierigsten militärischen Operationen, von der ich jemals gelesen habe."

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