Der überraschende Ausrüster-Wechsel vom bisherigen Partner Adidas zum US-amerikanischen Sporthersteller Nike trägt dem DFB Verwunderung und Kritik ein. Sie kommt auch von höchster politischer Stelle. Darauf reagiert der DFB - nicht aber auf die Spekulationen über die Höhe der Nike-Zahlungen.

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Erst vor wenigen Tagen sorgte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) mit der Vorstellung der neuen EM-Trikots für reichlich Gesprächsstoff. Nun gibt es neuen Wirbel.

Der spektakuläre Ausrüster-Wechsel von Adidas zu Nike bringt dem Deutschen Fußball-Bund offenbar mindestens eine Verdopplung der bisherigen Zahlung. Wie das "Handelsblatt" unter Berufung auf "Branchenkreise" berichtet, habe US-Gigant Nike mit einem Angebot im dreistelligen Millionen-Bereich pro Jahr den Verband überzeugt.

Die Rede ist von 100 Millionen Euro pro Jahr für den DFB

Mit mindestens 100 Millionen Euro pro Jahr würde der Sieben-Jahres-Vertrag dem DFB somit deutlich über den bisher von Adidas gezahlten 50 Millionen pro Jahr liegen und das Gesamtvolumen des Deals über die Laufzeit von sieben Jahren eine halbe Milliarde Euro klar übertreffen.

Nike würde damit dem deutschen Verband auch deutlich mehr zahlen als beispielsweise derzeit den Franzosen. Der Vertrag mit der Equipe tricolore, die seit 2011 die Marke aus Oregon trägt, ist derzeit mit rund 50 Millionen Euro dotiert und läuft noch bis 2026.

Europakarte: Trikothersteller der EM-Teilnehmerländer
© dpa-infografik GmbH

Medienberichten zufolge soll der französische Verband aber an einer Verbesserung interessiert sein. Ein Kandidat für die Nachfolge soll Adidas sein, das bereits bis 2010 Ausrüster des Verbandes war.

DFB wechselt Ausrüster: Aus Adidas wird Nike

Nike wird künftig der neue Ausrüster der Nationalmannschaften – die jahrzehntelange Zusammenarbeit mit Adidas endet damit. Diese einschneidende und vollkommen überraschende Entscheidung verkündete der DFB am 21. März. Die Partnerschaft mit Nike läuft zunächst von 2027 bis 2034 und soll in dieser Zeit alle Nationalteams ausrüsten.

"Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Nike und über das in uns gesetzte Vertrauen. Die künftige Partnerschaft ermöglicht es dem DFB, auch in der kommenden Dekade zentrale Aufgaben mit Blick auf eine umfassende Entwicklung des Fußballs in Deutschland wahrzunehmen", wird DFB-Präsident Bernd Neuendorf in der offiziellen Mitteilung zitiert.

"Wir verstehen jede Emotionalität."

DFB auf X

Später reagierte der DFB auf aufkommenden Kritik an dem Deal. "Wir verstehen jede Emotionalität. Auch für uns als Verband ist es ein einschneidendes Ereignis, wenn feststeht, dass eine Partnerschaft, die von vielen besonderen Momenten geprägt war und ist, nach mehr als 70 Jahren zu Ende geht. Das lässt uns nicht kalt", schrieb der DFB auf X.

Der DFB sei aber "zuallererst dem deutschen Fußball und dessen Entwicklung verpflichtet", hieß es weiter und begründete die Entscheidung mit wirtschaftlichen Gesichtspunkten: "Der DFB hat ein Alleinstellungsmerkmal: Er ist ein Sport-Fachverband, der seine Mitgliedsverbände und die Basis im Amateurbereich finanziert und nicht von ihnen finanziert wird. Er steckt das Geld in den Fußball. Damit Fußball ein Volkssport bleibt."

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Nike äußert sich nicht zu Gerüchten um den Vertragsinhalt mit dem DFB

Nike zeigte sich ebenfalls hocherfreut über die neue Partnerschaft und erläuterte seine Ziele: "Wir freuen uns, ab 2027 offizieller Partner des Deutschen Fußball-Bundes zu sein und mit ihm zusammenzuarbeiten, um das zukünftige Potenzial des Fußballs zu erschließen", teilte Nike Europe dem SID mit. Auf die Spekulationen über den finanziellen Umfang des Sponsorings ging das Unternehmen nicht ein.

Der DFB sei eine "legendäre globale Kraft im Fußball, die unsere Leidenschaft für den Sport teilt. Gemeinsam können wir Katalysatoren für Veränderungen sein - von der Unterstützung der Männer- und Frauen-Nationalmannschaften mit den besten Produktinnovationen bis hin zum Ausbau des Frauenfußballs und der Förderung des Breitensports."

Nike glaubt, unschlagbar zu sein

Es sei "ein großartiger Beweis dafür, dass wenn wir unser Bestes bringen, uns niemand schlagen kann", sagte Konzernchef John Donahoe in einer Telefonkonferenz mit Analysten nach Vorlage aktueller Quartalszahlen in der Nacht zum 22. März. Es gab keine Angaben zu finanziellen Details des Deals, mit dem Nike Adidas ab 2027 nach mehr als 70 Jahren als Ausstatter der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ablösen soll.

Donahoe verwies zum einen auf die Attraktivität des Sportausrüsters bei Design und Leistung, die sich auch ins Lifestyle-Geschäft ausweiten lasse. Dabei verwies er speziell auf den Frauen-Fußball und eine Verknüpfung zur Jugend-Kultur. Zugleich habe Nike aber auch die Fähigkeit demonstriert, das deutsche Team zu einer "globalen Marke" zu machen und die Fußballer zu "globalen Helden".

Adidas reagiert überrascht

Für den Sportartikelhersteller Adidas kam das Ende der langjährigen Partnerschaft mit dem Deutschen Fußball-Bund offenbar überraschend. "Wir sind vom DFB heute darüber informiert worden, dass der Verband ab 2027 einen neuen Ausrüster haben wird", teilte ein Sprecher des Unternehmens auf dpa-Anfrage mit.

Der plötzliche Ausrüsterwechsel beim DFB traf auch die deutsche U21 unerwartet. "Es war sehr überraschend", sagte U21-Nationaltrainer Antonio Di Salvo am Abend des 21. März am Tag vor dem EM-Qualifikationsspiel in Chemnitz gegen den Kosovo. "Ich habe nicht damit gerechnet. Es steht mir auch nicht zu, großartig darauf einzugehen." Er verbinde sehr viel mit Adidas, weil das die Historie sei. Auch U21-Kapitän Eric Martel vom 1. FC Köln zeigte sich überrascht. Aber als Spieler werde er tragen, was ihm auf den Platz gelegt wird.

Habeck kritisiert Ausrüsterwechsel: "Mehr Standortpatriotismus"

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck kritisierte den Ausrüsterwechsel. "Ich kann mir das deutsche Trikot ohne die drei Streifen kaum vorstellen. Adidas und Schwarz-Rot-Gold gehörten für mich immer zusammen. Ein Stück deutscher Identität. Da hätte ich mir ein Stück mehr Standortpatriotismus gewünscht", sagte Habeck.

Auch von einem Ministerkollegen Habecks kam deutliche Kritik. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach schrieb auf der Plattform X, dem früheren Twitter: "Adidas soll nicht mehr Nationaltrikot im Fußball sein? Statt dessen ein US Unternehmen? Halte ich für eine Fehlentscheidung, wo Kommerz eine Tradition und ein Stück Heimat vernichtet…".

Scholz äußert sich nicht zur Thematik

Im Gegensatz zu seinen Kabinettskollegen Habeck und Lauterbach hat Bundeskanzler Olaf Scholz den Ausrüsterwechsel unkommentiert gelassen. "Der Kanzler sagt dazu: Das ist eine autonome Entscheidung des Deutschen Fußball-Bundes", sagte der Stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner am Freitag in Berlin.

"Das Wichtigste ist ja, dass Tore geschossen werden", sagte Scholz wenig später auf einer Pressekonferenz in Brüssel auf eine Journalistenfrage nach der DFB-Entscheidung. Weiter wolle er sich nicht dazu äußern. "Der DFB hat entschieden, er hat mich auch nicht gefragt", sagte der Kanzler.

Die CSU-Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär bezeichnete den Wechsel beim DFB von Adidas zu Nike auf X als "eine gnadenlose Fehlentscheidung".

Früherer Adidas-Chef Hainer überrascht von Ausrüsterwechsel

Der frühere Adidas-Chef Herbert Hainer hat sich vom Ausrüster-Beben beim DFB überrascht gezeigt. Als Präsident des FC Bayern hob er zugleich die Bedeutung von Adidas für den deutschen Rekordmeister hervor. "Ich kenne die Details und Hintergründe nicht, aber ich bin schon überrascht, dass diese Entscheidung nach einer über 70 Jahre langen erfolgreichen Partnerschaft nun so vom DFB getroffen wurde", sagte Hainer mehreren Medien.

"Für den FC Bayern ist Adidas stets ein sehr guter und absolut verlässlicher Partner, mit dem der Klub seit inzwischen über 60 Jahren hervorragend zusammenarbeitet", führte der 69-Jährige aus. Hainer leitete den Sportartikelkonzern aus Herzogenaurach 15 Jahre lang. In dieser Zeit stieg der Wert des Unternehmens von drei Milliarden Euro auf das Zwölffache.

DFB und Adidas: Über 70 Jahre Partnerschaft

Adidas ist seit mehr als 70 Jahren Partner des DFB. Den überraschenden WM-Triumph 1954 aber feierte die Nationalmannschaft, die Adidas-Schuhe trug, noch in Trikots des Familienunternehmens Leuzela, einem Vorläufer der Firma Erima, ansässig in Pfullingen bei Reutlingen. Weltmeister daheim wurde die Nationalelf 1974 in Trikots der Firma Palme Trikotagen aus Glshütten bei Bayreuth.

"Die Vergabe an den künftigen Ausrüsterpartner Nike ist das Ergebnis einer transparenten und diskriminierungsfreien Ausschreibung", sagte Holger Blask als Vorsitzender der Geschäftsführung der DFB GmbH & Co. KG.

Laut DFB-Mitteilung hat Nike "das mit Abstand beste wirtschaftliche Angebot abgegeben und zudem mit seiner inhaltlichen Vision überzeugt, die auch ein klares Bekenntnis für die Förderung des Amateur- und Breitensports sowie die nachhaltige Entwicklung des Frauenfußballs in Deutschland beinhaltet".

Der DFB betont seine Verantwortung für den Amateurbereich als Basis

Der DFB sei "zuallererst dem deutschen Fußball und dessen Entwicklung verpflichtet", hieß es weiter und begründete die Entscheidung mit wirtschaftlichen Gesichtspunkten: "Der DFB hat ein Alleinstellungsmerkmal: Er ist ein Sport-Fachverband, der seine Mitgliedsverbände und die Basis im Amateurbereich finanziert und nicht von ihnen finanziert wird. Er steckt das Geld in den Fußball. Damit Fußball ein Volkssport bleibt."

Sportökonom Christoph Breuer im Interview

Wechsel von adidas zu Nike: Sportökonom versteht Vorgehen des DFB

Nach über 70 Jahren mit den drei Streifen auf dem Trikot wechselt die deutsche Nationalmannschaft 2027 den Ausrüster. Für Sportökonom Christoph Breuer ist der kontroverse Deal mit Nike allerdings "nachvollziehbar".

Die Heim-EM 2024, die Frauen-EM 2025 in der Schweiz sowie die Männer-WM 2026 in den USA, Mexiko und Kanada werden die DFB-Teams noch mit Adidas-Trikots absolvieren. "Bis Dezember 2026 werden wir uns mit aller Kraft für den gemeinsamen Erfolg mit unserem langjährigen und aktuellen Partner Adidas engagieren, dem der deutsche Fußball seit mehr als sieben Jahrzehnten sehr viel zu verdanken hat", stellte Neuendorf klar. (dpa/sid/ms/cgo/hau)

Verwendete Quellen:

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