Titelverteidiger FC Bayern München steht unter Druck: Mit sechs Punkten Rückstand auf Borussia Dortmund geht der Rekordmeister in das Eröffnungsspiel der Bundesliga-Rückrunde. In Sinsheim wartet die TSG 1899 Hoffenheim. Ausrutscher dürfen sich die Bayern keine mehr leisten. Meistermacher Ottmar Hitzfeld weiß, dass Niko Kovac in München bereits "ein kleines Erdbeben" überstanden hat. Wir haben ihn zum Ausgang des Titelkampfes befragt.

Ein Interview

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Herr Hitzfeld, Ihre beiden Ex-Vereine Borussia Dortmund und Bayern München kämpfen um die Deutsche Meisterschaft. Wem gönnen Sie den Titel?

Ottmar Hitzfeld: Ich bin immer neutral und realistisch. Wer die Leistung bringt und am Schluss Meister wird, hat es auch verdient. Dortmund hat die besseren Chancen. Ich würde aber die Bayern nie abschreiben. Die ersten Rückrundenspiele haben eine große Bedeutung. Bayern darf sich keine Ausrutscher mehr leisten.

Sie kennen Lucien Favre lange. Wird er angesichts des Sechs-Punkte-Vorsprungs auf den FC Bayern irgendetwas anders machen als zuvor?

Er weiß genau, dass die Meisterschaft noch nicht entschieden ist. Ich kenne Lucien Favre als vorsichtigen Menschen. Er wird der Mannschaft den Übermut austreiben. Und auch die Euphorie, die berechtigterweise vorhanden ist. Es ist wichtig, dass ein Trainer mahnend den Finger hebt.

Sie sind also neutral, würden aber Lucien Favre den Titel gönnen?

Nein, auch den Bayern. Ich freue mich, wenn Lucien Favre den Titel gewinnt, aber auch, wenn Niko Kovac ihn gewinnt. Gegen Lucien Favre habe ich in der Schweiz sogar noch gespielt. Und Niko Kovac war mein Spieler.

Wie ist Niko Kovac durch die Schwächephase mit den Bayern durchgekommen? Zuletzt hat er mit der Mannschaft fünf Bundesligasiege nacheinander hingelegt.

Das ist beachtenswert. Niko Kovac ist ruhig geblieben. Er hat eine super Mentalität. Das galt für ihn schon als Spieler. Er hat immer das Optimum aus sich herausgeholt. Vor allem ist er ein Teamplayer. So kenne ich ihn. Er macht einen hervorragenden Job. Er hat bei den Bayern ein kleines Erdbeben überstanden. Das ist bewundernswert.

Werden die Bayern in dieser Saison nochmals so schwächeln?

Das glaube ich nicht. Der Fußball aber ist manchmal verrückt. Man muss vorsichtig sein. Ich wäre ein schlechter Toto-Spieler.

Ottmar Hitzfeld kam am 12. Januar 1949 in Lörrach zur Welt, unweit der Schweizer Grenze. Bis 1968 spielte Hitzfeld für den TuS Stetten und den FV Lörrach in der Jugend. Anschließend machte er sich als Torjäger des FV Lörrach in der Amateurliga einen Namen. Auf Eigeninitiative schaffte Hitzfeld 1971 beim FC Basel den Sprung in den Profifußball. Er blieb bis 1983 aktiv, spielte aber nur ein Jahr in der Bundesliga: 1977/78 nach dem Aufstieg mit dem VfB Stuttgart. Als Trainer von Borussia Dortmund und dem FC Bayern München wurde Hitzfeld, der bei den Olympischen Sommerspielen 1972 in München fünfmal für die Auswahl des DFB traf, in Deutschland ab 1991 einem breiten Publikum bekannt. Zuvor hatte Hitzfeld in der Schweiz beim SC Zug, beim FC Aarau und bei den Grasshoppers in Zürich für Aufsehen gesorgt. Mit dem BVB und den Bayern gewann Hitzfeld vom Weltpokal über die Champions League, die Deutsche Meisterschaft und den DFB-Pokal zwischen 1995 und 2008 alle großen Titel. Anschließend erfüllte er sich den Traum, die Nationalmannschaft der Schweiz zu trainieren. Mit dem bitteren WM-Aus im Achtelfinale 2014 gegen den späteren Finalisten Argentinien endete Hitzfelds großartige Karriere. Parallel arbeitete Hitzfeld ab 2008 (bis 2017) als TV-Experte für den Bezahlkanal Sky. Hitzfeld lebt inzwischen als Großvater und Rentner in seiner Heimat.
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