Vor den Prestigeerfolgen über die Nachbarn Frankreich und Niederlande ist Bundestrainer Julian Nagelsmann mit dem leistungsorientierten Umbau seines Kaders ins Risiko gegangen. Das wurde belohnt. Nagelsmann wird Berichten zufolge in Richtung EM weiter überraschen – zum Beispiel mit dem schnellsten Spieler der Liga.

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Mit über 36 Kilometern pro Stunde, genau 36,41 km/h, wurde Eren Dinkci in der Bundesliga-Saison 2023/24 bereits gemessen. Kein anderer Spieler weist derzeit eine höhere und nachgewiesene Spitzengeschwindigkeit als der Noch-Heidenheimer und künftige Freiburger auf, der in Bremen geboren wurde und von Werder seit Beginn der Saison 2023/24 an Bundesliga-Neuling Heidenheim verliehen ist.

Eren Dinkci winkt die Krönung einer ausgezeichneten Saison

Dinkci ist auf dem Spielfeld nur schwer zu stoppen, wenn er mal Fahrt aufgenommen hat. Er lässt sich – im übertragenen Sinne – auch nicht aufhalten, wenn es um seine Vorwärts-Entwicklung geht. Am Ende seiner ersten Bundesliga-Saison als Stammspieler könnte als Krönung die Teilnahme an der EM in seinem Geburtsland stehen.

Die "Bild"-Zeitung griff Dinkcis Hinweis auf, es habe sich hinsichtlich der Besetzung des EM-Kaders bereits "ein Verband" bei ihm gemeldet. Welcher, wollte der Sohn türkischer Eltern nicht verraten. Es soll der DFB sein. Bei Dinkci verhält sich der Fall ähnlich wie bei Aleksandar Pavlovic vom FC Bayern München. Auch beim Sohn eines serbischen Vaters musste der DFB schnell sein, um ihn als potenziellen EM-Fahrer zu gewinnen. U20-Nationalspieler Pavlovic erkrankte nach seiner Nominierung für die Länderspiele in Frankreich und gegen die Niederlande und wartet entsprechend noch auf sein Debüt in der A-Mannschaft.

Eren Dinkci hat in der Jugend bereits für die Türkei gespielt

Dinkci bestritt ein Länderspiel für die türkische U19, ehe drei Einsätze für die deutsche U20 folgten. Dinkci winkt ein ähnlicher Werdegang wie beispielsweise Weltmeister Mesut Özil, der bei Werder Bremen zum Star reifte, als Dinkci ein kleiner Junge war, oder Ilkay Gündogan. Dem in Gelsenkirchen geborenen Sohn türkischer Eltern vertraut Nagelsmann als Kapitän.

Heidenheimer Torjubel in Dortmund mit Eren Dinkci, Lennard Maloney und Omar Traore
Eren Dinkci (M.) feiert in Dortmund am dritten Spieltag mit seinen Kollegen Lennard Maloney (l.) und Omar Traore (r.) sein erstes Bundesligator für den 1. FC Heidenheim. Am Ende der starken Saison Dinkcis und des Bundesliga-Neulings könnte die EM-Nominierung des 22-Jährigen stehen. (Archivbild) © AFP/Uwe Kraft

Dinkcis Entschluss, auf Leihbasis aus Bremen nach Heidenheim zu gehen, hat sich als goldrichtig erwiesen. Er hat seine Chance, Stammspieler und gar Leistungsträger zu werden, genutzt. Auch wegen Dinkci, der in 26 Partien acht Tore erzielt und fünf weitere vorgelegt hat, hat Heidenheim mit dem Abstiegskampf überraschenderweise nichts zu tun. Es handelt sich für den Spieler und den Verein um eine sogenannte Win-win-Situation. "Er ist ein wichtiger Spieler für uns. Das hat er gestern gezeigt, das hat er die ganze Saison schon gezeigt", lobte Heidenheims Trainer Frank Schmidt den 22-Jährigen im SWR-Interview nach dem 21. Spieltag. Damals legte Dinkci bei seiner Rückkehr nach Bremen für einen anderen Ex-Bremer in Heidenheimer Diensten, Jan-Niklas Beste, das Tor zum 2:0 auf. Endstand: 2:1 für Heidenheim.

Jan-Niklas Beste ist Heidenheims anderer EM-Kandidat

Beste wurde von Nagelsmann mit der Einladung zu den Tests in Frankreich und gegen die Niederlande bereits für seine starke Saison belohnt. Zum Debüt des Vollbart-Trägers aber kam es wegen einer Verletzung im Training vor den beiden Länderspielen nicht.

Trotzdem könnten mit Beste und Dinkci gleich zwei Heidenheimer überraschend auf den EM-Zug aufspringen. Das würden sie bei Werder Bremen, wo beide keine reelle Chance sahen, in der Bundesliga Fuß zu fassen, mit einem lachenden, viel mehr aber mit einem weinenden Auge sehen.

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Nicht zurück nach Bremen, sondern nach Freiburg

Denn auch Dinkci beendet im Sommer 2024 seine Leihe nach Heidenheim nicht mit der eigentlich vorgesehenen Rückkehr an die Weser, sondern zieht zum SC Freiburg weiter. Die Breisgauer haben dem einstigen Champions-League-Dauergast Bremen sportlich den Rang abgelaufen.

"Die Freiburger Verantwortlichen sind schon relativ früh auf mich zugekommen und haben mir von Anfang an ein gutes Gefühl gegeben", kommentierte Dinkci seine Entscheidung. "Da war mir schon klar, dass ich diesen Weg einschlagen möchte. Ich glaube, ich habe gerade einen Flow, und den möchte ich gerne nach Freiburg mitnehmen."

Der SC Freiburg erkennt das Potenzial von Eren Dinkci

Dinkcis Kontrakt bei Werder lief noch bis 2025. Dank einer Ausstiegsklausel über rund fünf Millionen Euro kann er die Hanseaten vorzeitig verlassen. "Eren hat ein sehr spannendes und flexibles Profil", sagte Freiburgs Sportdirektor Klemens Hartenbach und hob Schnelligkeit, Spielverständnis und Abschlussqualität hervor. Der SC wolle ihn zu einem "noch kompletteren Spieler" entwickeln, in dem "noch richtig Potenzial" schlummere. Das Portal transfermarkt.de beziffert Dinkcis Marktwert inzwischen auf zehn Millionen Euro. In Freiburg wird der rechte Außenstürmer nicht mehr auf Trainer Christian Streich treffen, sondern auf dessen Nachfolger Julian Schuster.

Die Bremer hätten den Vertrag mit ihrem Eigengewächs gerne verlängert. Von einem Trend und davon, dass Werder im Ringen um junge Spieler nicht mehr attraktiv sei, will der zukünftige Geschäftsführer Sport, Clemens Fritz, aber nicht sprechen. "Nein, ich mache mir keine Sorgen. Es ist ja auch positiv zu sehen, wie viele junge Spieler von hier aus den Weg in die Bundesliga finden."

Julian Nagelsmanns mutige Philosophie öffnet die EM-Tür

Dinkcis Weg führt womöglich im Eiltempo von der Reservebank in Bremen ins deutsche EM-Aufgebot. Nicht nur das Momentum spricht für ihn, sondern vor allem die Aufbruchstimmung, die genau rechtzeitig vor dem Turnier eingesetzt hat. Der Bundestrainer setzt auf junge, unverbrauchte Profis, die in Wort und Tat nachweisen, dass es nach wie vor der Traum vieler Jungen ist, für die deutsche Nationalmannschaft zu spielen.

Verwendete Quellen:

Heidenheims Cheftrainer Frank Schmidt lobt den in die Nationalmannschaft berufenen Jan-Niklas Beste

Frank Schmidt hält ein Referat über die Stärken von Jan-Niklas Beste

Ein Heidenheimer im DFB-Trikot: Nach Jan-Niklas Bestes Nominierung für die deutsche Nationalmannschaft freut sich Trainer Frank Schmidt für seinen Schützling und hält eine Lobrede auf den gebürtigen Westfalen. Er dürfe nicht auf seine Stärke bei Standards reduziert werden. Er sei vor allem ein "Wettkampftyp".
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