Thomas Tuchel wird am Samstag ein letztes Mal auf der Bank des FC Bayern sitzen. Verein und Trainer sind nicht mehr zusammengekommen, auch wenn eine 180-Grad-Wende kurzzeitig im Raum stand. Es ist wohl einfach zu viel vorgefallen. Die nächsten Wochen werden schwer für den FC Bayern.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Sabrina Schäfer sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Thomas Tuchel wirkt so, als hätte er wirklich gerne weitergemacht mit diesem Team, das sich in den vergangenen Wochen, auch in Form der Führungsspieler Thomas Müller und Manuel Neuer, starkgemacht hatte. "Ich bin ein bisschen traurig, weil ich ungern Mannschaften und den Staff verlasse", erklärte er in der Pressekonferenz vor dem letzten Spieltag, kurz nachdem er auch bekannt gegeben hatte, dass es mit ihm beim FC Bayern nicht weitergehen würde.

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Tuchel zeigt sich emotional

"Das ist die letzte Pressekonferenz an der Säbener Straße. Wir haben keine Einigung gefunden für eine weitere Zusammenarbeit. Deshalb bleibt es bei der Vereinbarung im Februar", sagte Tuchel. Zu den genauen Gründen für diese Entscheidung wollte er sich nicht auslassen. Aber ganz ohne Spekulation ist festzuhalten, dass in den vergangenen Monaten einfach viel vorgefallen ist zwischen Trainer und Verein. Zu viel offenbar. Die Aussagen von Altpräsident Uli Hoeneß, Tuchel würde keine jungen Spieler weiterentwickeln, war da wohl nur das Tüpfelchen auf dem i. Tuchels Kommentar dazu: "Wir haben uns am Rande des Spiels gegen Real Madrid getroffen und haben es begraben. Es macht keinen Sinn, nachtragend zu sein. Passt." Verletzt dürfte es ihn trotzdem haben.

Und auch, dass in den vergangenen Tagen immer wieder Medien vermeldeten, dass Tuchel ohnehin nur die B-Lösung sei und Eberl Gespräche mit Roberto de Zerbi führe, dürfte bei Tuchel nicht gut angekommen sein.

Der FC Bayern hängt in der Luft

Nun steht der FC Bayern weiterhin ohne Trainer da. Die Wochen der Unruhe finden kein Ende und die Aufgaben für Sportvorstand Max Eberl werden eher schwieriger denn leichter. Denn nicht nur die Trainersuche beschäftigt den Verein weiter, auch die angekündigten Top-Transfers, die Eberl schon in wenigen Wochen präsentieren wollte, dürften damit fast ein Ding der Unmöglichkeit werden.

Denn welcher Spieler von internationalem Format geht zu einem Verein, der weder weiß, welcher Trainer künftig auf der Bank sitzen wird, noch offenbar weder die Strahlkraft noch die Verhandlungsmasse besitzt, überhaupt einen Trainer von sich zu überzeugen?

Dazu kommt noch die anstehende Europameisterschaft, viele Spieler sind in ihren Nationalmannschaften eingebunden, was mögliche Transfergespräche zusätzlich erschweren dürfte.

Und was ist eigentlich mit den Spielern, die beim FC Bayern aktuell unter Vertrag stehen? Niemand kann vorhersehen, für wen der neue Trainer Verwendung haben wird und wer vielleicht nicht mehr ins System passt. Der FC Bayern hängt in der Luft.

Eberl will Kontinuität schaffen – das wird nicht leicht

Immerhin: Die Verhandlungen mit Tuchel, die laut des scheidenden Trainers selbst vom Verein ausgingen, haben gezeigt, dass eine gewisse Emanzipation Eberls von den Granden Hoeneß und Rummenigge stattgefunden hat. Beide hätten wohl kaum mehr mit Tuchel über eine Weiterbeschäftigung gesprochen. Ein wichtiger Schritt, um den dringend notwendigen und endgültigen Übergang zur neuen Vereinsführung weiter voranzubringen.

Eberl war angetreten, den FC Bayern in ruhigere Gewässer zu führen. Er wollte eine Abkehr vom "Hire and Fire"-Prinzip des deutschen Rekordmeisters einführen, auf Kontinuität setzen. Das hat der Verein dringend nötig, aber leichter ist dieses Vorhaben mit Tuchels Absage nicht geworden.

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