Vor fast drei Monaten hieß es, dass sich der FC Bayern München und Trainer Thomas Tuchel im Sommer trennen werden. Doch es gibt erste kleine Anzeichen dafür, dass ein Verbleib nun doch eine realistische Option ist.

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Es wäre eine der ungewöhnlichsten Entscheidungen in der Geschichte des FC Bayern: Laut einem Bericht von "sky" könnte Thomas Tuchel möglicherweise über die Saison hinaus Trainer bleiben. Manuel Neuer und Thomas Müller sollen sogar aktiv an die Bayern-Verantwortlichen herangetreten sein, um sich für eine weitere Zusammenarbeit mit Tuchel starkzumachen.

Auch andere Leistungsträger wie Leroy Sane, Harry Kane, Eric Dier oder Jamal Musiala sollen Interesse haben, weiter mit dem Trainer zusammenzuarbeiten. Der Tenor in der Kabine soll lauten: Es war nicht immer alles gut, aber wir haben extrem viel von Tuchel und seinem Trainerteam gelernt.

Auch die Co-Trainer spielen eine wichtige Rolle

Hinzu kommt, dass Tuchels Co-Trainer Zsolt Löw, Arno Michels und besonders Anthony Barry beim Großteil der Mannschaft sehr beliebt sind. Assistenztrainer werden in der Öffentlichkeit zwar vielfach kaum wahrgenommen, sind aber für die Trainingsarbeit und das Innenleben einer Mannschaft extrem wichtig. Oftmals haben Spieler zu den Co-Trainern einen engeren Draht als zum Cheftrainer.

Ein weiteres Argument für Tuchel ist der Erfolg in der Champions League: Er hatte vor allem für die entscheidenden Rückspiele gegen Lazio Rom und den FC Arsenal die richtigen Taktiken parat. Selbst der Finaleinzug gegen Real Madrid war zum Greifen nahe, bis Manuel Neuer in der Schlussphase der entscheidende Fehler unterlief.

Den Spielern dürfte zudem klar sein, dass die Pleite im DFB-Pokal gegen den Drittligisten 1. FC Saarbrücken sowie die Niederlagen in der Bundesliga nicht dem Trainer anzulasten sind. Sie waren vielmehr das Resultat von individuellen Fehlern der Spieler.

Lob von Kimmich und Goretzka

Nachdem im Februar verkündet wurde, dass der FC Bayern die Zusammenarbeit mit Tuchel ein Jahr vor Vertragsende im Sommer 2024 beendet, hat sich das Verhältnis zwischen Mannschaft und Trainer offenbar eher verbessert als verschlechtert. Leon Goretzka sagte im "Kicker": "Ich finde, dass er die Situation sehr gut angenommen hat. Aber nicht nur er, sondern auch die Mannschaft."

Selbst Joshua Kimmich, der von Tuchel eher unfreiwillig vom Mittelfeldspieler zum Rechtsverteidiger umfunktioniert wurde, fand zuletzt lobende Worte für den Trainer. "Ich habe in dieser Saison unterschiedliche Positionen gespielt, das hilft dir als Spieler, dich zu entwickeln", erklärte er.

In Bezug auf die taktische Ausrichtung von Tuchel fügte er hinzu: "Über weite Strecken der Saison haben wir einen etwas anderen Fußball gespielt, teilweise auch schnellen Angriffsfußball. Sein Ansatz ist, über Ballbesitz und Kontrolle zu kommen. Er hat sich an die Mannschaft angepasst und wir konnten uns an die jeweiligen Gegner anpassen. So konnte jeder Spieler etwas mitnehmen."

Den Spielern dürfte bewusst sein, dass ein Trainerwechsel auch mit Risiken verbunden ist, wenn der neue Übungsleiter eine andere Art von Fußball spielen lässt. Könnte das bei einigen Akteuren zum Nachdenken geführt haben?

Fan-Petition für einen Verbleib von Tuchel

Auch bei den Fans genießt Tuchel hohes Ansehen. In der vergangenen Woche gab es sowohl nach dem Champions-League-Spiel in Madrid als auch beim Bundesliga-Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg Tuchel-Sprechchöre.

Damit nicht genug: Es gibt sogar eine Fan-Petition für einen Tuchel-Verbleib auf change.org, die bereits von mehr als 20.000 Unterzeichnern unterstützt wird. Der Gründer der Petition schreibt: "Sowohl die negative Berichterstattung über ihn als auch die Personalsituation bei den verletzungsgeplagten Münchnern hielten den Champions League Sieger nicht davon ab, seine Mannschaft ins Halbfinale der Champions League zu führen."

Hamann sieht Kritik von Hoeneß an Tuchel als Hindernis

Sky-Experte Didi Hamann kann sich einen Verbleib von Tuchel eher nicht vorstellen. "Wenn die Bayern wirklich mit dem Gedanken spielen, ist das wohl vorstellbar. Die Frage ist nur, ob Tuchel das machen würde. Nach den kritischen Aussagen von Uli Hoeneß dachte ich eigentlich, dass sich das erledigt hat. Hoeneß hat schließlich noch einen erheblichen Einfluss. Mich würde das wundern. Aber ausgeschlossen ist momentan wohl nichts", sagte er im Interview mit unserer Redaktion.

Zur Erinnerung: Hoeneß hatte die Arbeit von Tuchel erst kürzlich kritisiert. "Er meint nicht, dass er einen (Alphonso) Davies, (Aleksandar) Pavlovic oder (Jamal) Musiala verbessern kann. Wenn es nicht klappt, sollte man einen anderen kaufen", sagte Hoeneß über Tuchel. Der Kritisierte empfand diese Vorwürfe als "absolut haltlos" und fügte an: "Ich fühle mich in meiner Trainerehre verletzt."

Ist eine weitere Zusammenarbeit nach diesem Zerwürfnis denkbar? Dem FC Bayern gehen jedenfalls die Alternativen aus, weil Wunschlösungen wie Xabi Alonso und Ralf Rangnick nicht zustande kamen. Sollte Tuchel sich bereiterklären, seinen ursprünglich bis zum Sommer 2025 gültigen Vertrag doch zu erfüllen, wäre er eine gute Übergangslösung, bis Alonso oder Jürgen Klopp möglicherweise zur Verfügung stehen.

Kehrt Tuchel nach England zurück?

Doch wäre Tuchel dazu bereit? Der Trainer könnte andere Optionen haben. Wie die "Bild" berichtete, ist Tuchel die Wunschlösung für den englischen Rekordmeister Manchester United, sollte sich der Verein von Erik ten Hag trennen. Selbst eine Rückkehr zum FC Chelsea, mit denen er 2021 die Champions League gewann, könnte eine Option sein. Dessen Trainer Mauricio Pochettino steht stark in der Kritik.

Tuchel ist auf einen Verbleib in München daher nicht angewiesen.

Verwendete Quellen:

Der FC Bayern träumt: Mit Pep Guardiola in die Zukunft?

Alonso, Nagelsmann, Rangnick und jetzt, aller Voraussicht nach, auch Julen Lopetegui: Die Liste der Trainer, die beim FC Bayern nicht Thomas Tuchel beerben wollen, wird immer länger. Doch nun mehren sich die Gerüchte um einen alten Bekannten: Kehrt Pep Guardiola nach acht Jahren Abstinenz nach München zurück? Unbegründet sind die Gerüchte nicht.
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