Unvermögen, Naivität, Pech: Borussia Dortmund hadert nach der Niederlage gegen den FC Bayern mit dem Schicksal und sich selbst. Die Bayern zeigen sich von ihrer besten Spitzenspiel-Seite, bangen aber nun um einen ihrer wichtigsten Spieler.

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Nichts hätte das Bundesliga-Spitzenspiel besser zusammenfassen können als diese Sequenz kurz nach der Pause. Borussia Dortmund führte mal wieder einen sauberen Angriff in die gefährliche Zone, Erling Haaland tauchte frei vor Manuel Neuer auf. Kein guter Winkel für den Mittelstürmer - also entschied sich der BVB-Stürmer für den Querpass auf Marco Reus.

Ein einfacher Ball eigentlich, den Haaland aber komplett verpatzte und ins Nichts flankte. Es wäre die 2:1-Führung für Dortmund gewesen.

Kaum 60 Sekunden später hatte Robert Lewandowski etwas, das man gemeinhin nicht einmal als eine Halbchance durchgehen lässt. Einen Kopfball fast schon wieder im Rückwärtslaufen aus elf Metern, heftig bedrängt von Gegenspieler Mats Hummels.

Und trotzdem führte der FC Bayern mit 2:1. Den Unterschied von diesem Tor retteten die Münchener ins Ziel, nach etwas mehr als 90 Minuten hieß es 3:2 - und wieder einmal war der Angriff des vermeintlich schärfsten Kontrahenten in der Bundesliga pariert.

Favre: "Das ist schwer zu akzeptieren"

Borussia Dortmund und der FC Bayern lieferten sich eine Partie auf Augenhöhe, ein echtes Spektakel, das schillernd hervorstach aus dem doch sehr grauen Mittelmaß, das die Bundesliga ansonsten so zu bieten hat. Wie wenig die Elogen den BVB trösteten, konnte man an den Aussagen der Protagonisten nach dem Spiel leicht ableiten.

"Es ist schwer, solche Spiele zu verlieren. Wir wollten wenigstens einen Punkt. Das ist schwer zu akzeptieren", sagte Trainer Lucien Favre bei "Sky".

Hummels sah "viele Riesen-Torchancen, die wir nicht genutzt haben" und verwies damit auf eine sehr entscheidende Disziplin, in der die Bayern ihrem Gegner einmal mehr überlegen waren. Wie schon im einen oder anderen Spiel in dieser Saison gewährten die Münchener ihren Gegnern deutlich zu viele Gelegenheiten und zeigten immer dann teilweise massive Probleme, wenn im hohen Pressing kein richtiger Balldruck erzeugt werden konnte.

"Die Bayern sind offensiv sehr stark, aber in der Defensive auch offen", führte Hummels weiter aus und auch aus dem Lager des Deutschen Rekordmeisters hätte ihm wohl niemand widersprechen können.

Wenn es darauf ankommt, schlagen die Bayern zu

15 Torschüsse und sechs Großchancen für den BVB notierten die Statistiker, die Ausbeute von zwei Toren - eines durch Reus und eines durch Haaland - ist dafür schlicht zu wenig und gegen eine Mannschaft wie die Bayern in so einem Topspiel am Ende tödlich. Nun haderten auch die Münchener ein wenig mit ihrer Effizienz vor dem Tor, aber in den entscheidenden Momenten waren die Bayern halt wieder einmal voll da.

Für die Antwort auf Reus‘ Führungstreffer benötigten die Gäste keine vier Minuten, förmlich mit der letzten Aktion vor der Pause traf David Alaba mit einem abgefälschten Freistoß zum Ausgleich. Ein sehr bedeutsames Tor für die Bayern, wie Torhüter Neuer zugab.

"Das 1:1 war sehr wichtig. So konnten wir in der Halbzeit noch einmal durchschnaufen." Um dann bei Gleichstand in der zweiten Halbzeit die bis dahin ziemlich unruhige Partie besser in den Griff zu bekommen.

Die Bayern spielten eine Spur zu ungeduldig, gönnten sich selbst zu wenig Ball- und damit Spielkontrolle und ließen sich stattdessen ein auf viele Umschaltmomente - was in der Regel eher dem jeweiligen Gegner hilft und nur sehr selten den Bayern selbst.

Dortmund bekam erstaunlich viel Tiefe in sein Spiel und Situationen, in denen die Bayern ohne zusätzliche Absicherung verteidigen mussten. Wie bei Haalands Chance beim missglückten Querpass auf Reus.

In diesen Momenten entscheiden sich Spiele, da muss man zupacken. Der BVB verpasste den Moment, die Bayern schlugen quasi im Gegenzug durch Lewandowski und mit etwas Glück - der Pole köpfte Hummels an den Kopf und erst dadurch fand der Ball den Weg ins lange Eck - zu.

Die besseren Spieler entscheiden das Spiel

Vielleicht ist das auch eine Erkenntnis der Partie: Man kann viele Dinge durchanalysieren, Vergleiche und Modelle anstellen. Am Ende entscheiden aber in der Regel die besseren Fußballspieler ein Fußballspiel.

Und die Bayern haben in der Summe die besten Einzelspieler der Bundesliga. Deshalb gewinnen sie Spiele. Wenn Erlig Haaland sehr, sehr gut ist, dann ist Lewandowski sehr, sehr Weltklasse. So einfach könnte die Analyse der Partie auch lauten.

Die Bayern hatten die paar entscheidenden Zutaten, die dem BVB einmal mehr in einem großen Spiel und speziell gegen die Bayern abgingen. Der Dreiklang aus fehlender Kaltschnäuzigkeit, einer Prise Naivität und etwas Pech bei gleich drei abgefälschten Gegentoren kostete Dortmund nicht nur einen Punkt, sondern vielleicht sogar einen durchaus möglichen Sieg.

Die Bayern boten genug an, aber dann muss man eben auch zugreifen. Aber, in Anlehnung an den großen Philosophen Monaco Franze: A bissl was fehlt beim BVB einfach immer.

Sorgen um Kimmich

So konnten die Münchener mit ihrer "herausragenden Mentalität", wie Trainer Hansi Flick es nannte und ihrer nicht minder überragenden Qualität im Kader den Sieg davontragen. Das war die schöne Seite des Abends von Dortmund. Die unschöne war die Verletzung von Joshua Kimmich, der sich in der ersten Halbzeit nach einem Foul an Haaland selbst am Knie verletzte und unter Tränen vom Platz humpelte.

Es gebe keinen Grund für Spekulationen oder Wasserstandsmeldungen, sagte Flick. Aber auch dem Trainer ist klar, was ein längerer Ausfall eines seiner wichtigsten Spieler bedeuten könnte.

"Wir schauen jetzt mal, was bei den Untersuchungen herauskommt und werden entsprechend reagieren. So ein Ausfall wäre für uns nicht ganz so einfach wegzustecken." Einen Spieler wie Kimmich der letzten Wochen und Monate haben selbst die Bayern nicht doppelt und dreifach in ihrem Kader.

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