Das Wahlergebnis für die CSU am Sonntag war desaströs. Nun muss die Partei die Lehren daraus ziehen – und zwar schnell. Die nächsten Landtagswahlen stehen in Bayern 2018 vor der Tür. Die Parteispitze kündigte bereits an, die "rechte Flanke“ zu schließen. Martialisch wird auch der Ton an der Basis. Rückt die CSU jetzt nach rechts außen?

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Nach dem niederschmetternden Ergebnis der Bundestagswahl gärt es in der CSU gewaltig. Vereinzelte Rücktrittsforderungen an Horst Seehofer sind da das kleinste Problem, mit dem sich die Partei aktuell beschäftigen muss.

Sie braucht eine Strategie, verlorene Wählerstimmen wieder einzufangen. Doch viel Zeit bleibt nicht. Schon im nächsten Jahr wird in Bayern der neue Landtag gewählt.

CSU will Obergrenze für Flüchtlinge

Weshalb mehr als eine Million Wähler von der Union hin zur AfD abgewandert sind, weiß man in der CSU genau. Die Flüchtlingspolitik ist der Knackpunkt. "Es ist eindeutig, dass die Flüchtlingspolitik Wähler zur AfD getrieben hat“, sagt auch Politik-Experte Oskar Niedermayer von der Freien Universität Berlin im Gespräch mit unserer Redaktion.

Man dürfe nicht vergessen, dass die AfD nach ihrer Spaltung 2015 in den Umfragen gerade mal bei drei bis vier Prozent lag. Mit der Flüchtlingskrise aber schnellten die Werte für die Partei in die Höhe. "Das ist eindeutig auf die Flüchtlingskrise zurückzuführen“, sagt Niedermayer.

Nach der Wahl am Sonntag hält nun eine Partei rechts neben der Union Einzug in den Bundestag. Der Stimmverlust im konservativen Lager verhindert eine mehrheitsfähige Koalition aus Union und FDP.

Dass ein Einzug der AfD auch im bayerischen Landtag sicher scheint, treibt den CSUlern die Sorgenfalten ins Gesicht. Daher proklamiert die CSU, die "rechte Flanke“ nun schließen zu wollen.

"Mit klarer Kante und klaren politischen Positionen“, wie Horst Seehofer noch am Sonntagabend in München ankündigte. "Am besten durch eine Politik, die gewährleistet, dass Deutschland Deutschland bleibt.“

Seehofer will also einen klaren Kurs Mitte-Rechts. Für die CSU bleibt der Satz von Franz Josef Strauß gesetzt: "Rechts von der CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben".

Der Streit um die Obergrenze bleibt somit ein zentrales Thema. Dafür erhielt der CSU-Chef von zahlreichen Vorstandsmitgliedern Rückendeckung. CSU-Vize Manfred Weber tönte ganz martialisch: "Wir müssen jetzt unseren Kampfanzug anziehen.“

Wähler haben Seehofers Einknicken nicht verziehen

Obergrenzen zu fordern sei ein Mittel, um die "rechte Flanke" zu schließen, sagt Niedermayer. Doch ob diese Strategie die Wähler zurück zur CSU führen wird, ist fraglich. "

Die CSU hat die rechte Flanke mehr abgedeckt als die CDU. Und die CSU hat mehr verloren als die CDU“, kritisiert etwa Norbert Blüm (CDU). Diese Diskussion führe in die falsche Richtung.

Das sieht Niedermayer ähnlich. Seehofers Strategie, Obergrenzen zu fordern, habe am Anfang noch gefruchtet. "Zur Hoch-Zeit der Flüchtlingskrise im Januar 2016, als der Streit zwischen CDU und CSU am schärfsten geführt wurde, lagen die Umfragewerte für die CSU bei 47 Prozent. Die der AfD lagen bei acht Prozent“, erklärt der Politik-Experte.

Doch Seehofers späteres Einknicken bei dem Thema, sei bei vielen Wählern und Parteileuten nicht gut angekommen. "Die plötzliche Versöhnung mit Merkel haben ihm viele nicht verziehen“, unterstreicht Niedermayer. Für den Burgfrieden mit der CDU mit Blick auf die Bundestagswahl sei das Einlenken aber gerechtfertigt gewesen.

Doch für sein Einknicken straften viele Wähler die CSU ab. Niedermayer sieht die Strategie von Seehofer damit als gescheitert.

Zudem gibt es innerhalb der Union dazu ganz unterschiedliche Auffassungen. "Die CSU will jetzt Klarheit schaffen und sich mit der CDU auf einen Kurs einigen. Auch darüber, wie die Union mit möglichen Koalitionsparteien spricht“, sagt Niedermayer.

Wie die Kanzlerin darauf eingehen wird, wird sich zeigen. Bisher hat sie in Bezug auf die von der CSU geforderte Obergrenze immer eine rigide Haltung vertreten.

CSU in der Zwickmühle

Sogenannte rechte Flanken schließen zu wollen, bringt die CSU außerdem in eine Zwickmühle: "In Bayern kämpft sie an zwei Fronten. Einerseits will sie da die AfD kleinhalten, aber auch die Grünen“, erklärt Niedermayer. Im Bund aber steht sie nun vor einer möglichen Koalition mit den Grünen.

"Wenn die CSU dann im Bund für Jamaika wesentliche Kompromisse eingeht, dann hilft das nicht dem Wahlkampf in Bayern.“

Politikwissenschaftler Herfried Münkler warnt vor Kurskorrekturen. "Das desaströse Ergebnis der CSU spricht dagegen, dem Kurs von Horst Seehofer zu folgen. Auch er hat die liberalen CSU-Anhänger der FDP zugeführt. Und wer eine wirklich harte Flüchtlingspolitik will, der wählt gleich die AfD“, sagte er der Oldenburger "Nordwest-Zeitung".

Das spricht für die weit verbreitete These, dass das Original für die Wähler interessanter ist, als die Kopie.

Die Gefahr, dass die CSU extrem nach rechts rückt, sieht Niedermayer nicht. "Die CSU war immer eine Volkspartei, die eine sehr starke Sozialkompetenz hat. Sonst wäre sie nicht so stark, wie sie war und wie sie es ist. Sie hat immer versucht, die konservativen Werte hochzuhalten.“

Auf diese Werte gilt es sich wieder zu besinnen - ohne im Kielwasser der AfD zu schwimmen.

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