• Die AfD hat entschieden: Das Duo aus Alice Weidel und Tino Chrupalla zieht für sie in den Bundestagswahlkampf.
  • Die Favoriten von Parteichef Jörg Meuthen waren sie nicht – er hatte das gemäßigtere Team aus Joana Cotar und Joachim Wundrak unterstützt.
  • Weidel und Chrupalla können sich derweil der Unterstützung des rechtsnationalen Lagers um Björn Höcke sicher sein.
  • Wer sie sind, wofür sie stehen.

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Sie hat lange gezögert, nun ist sie doch wieder Spitzenkandidatin: Alice Weidel zieht gemeinsam mit Tino Chrupalla für die AfD in den Bundestagswahlkampf.

Als "Sieg der Radikalen" wurde das in den Medien unlängst bezeichnet. Denn: Weidel und Chrupalla gelten als Kandidaten des rechtsextremen Flügels, zu dem beispielsweise auch Björn Höcke gezählt wird.

Die 42-jährige Weidel kündigte zwar an, im Duo mit Chrupalla die gesamte Partei repräsentieren zu wollen - und auch Chrupalla bezeichnete die Entscheidung als "Votum für ein Ende der innerparteilichen Richtungsdebatte". Favorit des Parteichefs Jörg Meuthen war das Team jedoch nicht: Er machte sich für die vergleichsweise gemäßigtere Alternative aus Joana Cotar und Joachim Wundrak stark. Weidels und Chrupallas Wahl – eine Niederlage für den Parteichef.

Weidel: Von Anfang an mit dabei

Knapp 71 Prozent der AfD-Mitglieder stimmten in einer Online-Befragung für Weidel und Chrupalla. Wohl auch, weil sie in der Partei und in der Öffentlichkeit deutlich bekannter sind.

Weidel, studierte Betriebs- und Volkswirtin, ist bereits seit den Anfängen der Partei mit dabei: 2013 trat sie der AfD bei, 2015 wurde sie in den Bundesvorstand gewählt. In den Bundestag zog sie aber über die Landesliste ein, nachdem sie im Wahlkreis Bodensee erfolglos kandidiert hatte.

Seitdem mischt sie ganz vorne in der AfD mit, mittlerweile ist sie Co-Fraktionsvorsitzende und Oppositionsführerin im Bundestag, stellvertretende Bundessprecherin der Partei und kandidierte bereits als Spitzenkandidatin bei der Bundestagswahl 2017 im Duo mit Alexander Gauland.

Heimatverband der Unternehmensberaterin, die vor ihrer Parteikarriere bei Goldman Sachs, bei Allianz Global Investors und schließlich als selbstständige Unternehmensberaterin arbeitete, ist die AfD Baden-Württemberg.

Eine der Jahrgangsbesten

Aufgewachsen ist Weidel allerdings in Nordrhein-Westfalen im Kreis Gütersloh. Dort machte sie ihr Abitur und studierte im Anschluss an der bayerischen Universät in Bayreuth. Sie schloss als eine der Jahrgangsbesten ab und promovierte später über die Zukunft des chinesischen Rentensystems. Gefördert wurde sie dabei von der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung.

Weidel lebt in der Schweiz – in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft mit Sarah Bossard, einer Film- und Fernsehproduktionsleiterin. Gemeinsam zieht das Paar zwei Söhne groß.

Die AfD-Politikerin ist Mitglied der Bundesprogrammkommission, leitet den Bundesfachausschuss Euro und Währung und ist zudem stellvertretendes Mitglied im Haushaltsausschuss.

Mehrere Skandal-Schlagzeilen

Der breiten Öffentlichkeit wurde Weidel aber eher durch die Schlagzeilen bekannt, die sie immer wieder im Zusammenhang mit verschiedenen Skandalen machte.

So soll sie Mitarbeiter aus dem rechtsextremen Milieu beschäftigt haben und sie kassierte 2018 einen Ordnungsruf durch Wolfgang Schäuble, nachdem sie in einer Rede im Bundestag gesagt hatte: "Burkas, Kopftuchmädchen, alimentierte Messermänner und andere Taugenichtse werden unseren Wohlstand und vor allem den Sozialstaat nicht sichern."

Auch durch andere Äußerungen fiel Weidel auf. Zum Beispiel sagte sie 2017 auf dem AfD-Bundesparteitag in Köln, politische Korrektheit gehöre auf den "Müllhaufen der Geschichte".

Zudem war Weidel in einen Spendenskandal der AfD verwickelt und soll außerdem eine syrische Asylbewerberin in Schwarzarbeit als Haushaltskraft beschäftigt haben.

Unterstützung vom Flügel

Für Medienrummel sorgte Weidel auch, als sie 2017 vorzeitig die ZDF-Wahlsendung "Deutschland, wie geht’s?" verließ, nachdem der damalige CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sie aufgefordert hatte, sich von Gauland und Höcke zu distanzieren.

Auf eben deren Unterstützung dürfte Weidel nun setzen: Dass sie bei den Anhängern des Flügels, der offiziell aufgelöst wurde, punkten will, stellte Weidel bereits durch ihre Teilnahme an der Sommerakademie des Instituts für Staatspolitik von Götz Kubitschek unter Beweis. Er ist politischer Aktivist der neuen Rechten.

Chrupalla: Weidels Gegenstück

Der Mann an Weidels Seite heißt Tino Chrupalla. Das Profil des 46-Jährigen ist in vielen Bereichen das Gegenstück zu Weidel. So kommt Chrupalla aus Weißwasser in Sachsen, repräsentiert also Ostdeutschland. Ihm gelang es im Wahlkreis Görlitz, als Direktkandidat in den Bundestag einzuziehen.

Der Familienvater von drei Kindern ist Malermeister mit eigenem Unternehmen. Zusammen mit Jörg Meuthen ist Chrupalla Parteichef der AfD. Auf einer Pressekonferenz im Anschluss an die Wahl des Spitzenduos sprach Chrupalla von einem "Votum für ein Ende der innerparteilichen Richtungsdebatte".

Er nahm aus Unmut über die Euro- und Flüchtlingskrise erst an Pegida-Demonstrationen teil, trat dann 2015 in die AfD ein. Zuvor war Chrupalla nach eigenen Angaben jahrelang CDU-Wähler und einst Mitglied der Jungen Union.

Schnell stieg er in der AfD auf: Zwei Jahre nach Parteieintritt war er bereits Kreisvorsitzender in Görlitz, wurde zum Direktkandidaten mit Listenplatz 5 der Landesliste gewählt.

Genannt im Verfassungsschutz-Gutachten

Er gewann das Direktmandat mit 32,4 Prozent der Wählerstimmen – ausgerechnet Michael Kretschmer, späterer Ministerpräsident Sachsens, unterlag ihm in seinem Wahlkreis. Im Bundestag ist er stellvertretender Fraktionsvorsitzender, außerdem Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Energie.

Dass die AfD mit Chrupalla als Spitzenkandidat die Option eines gemäßigteren Kurses verwirft, zeigt sich allein dadurch, dass der Verfassungsschutz ihn namentlich in seinem Gutachten nannte, in dem die Einstufung der AfD als Prüffall begründet wird. So gab Chrupalla beispielsweise dem rechtsextremen, verurteilten Holocaustleugner Nikolai Nerling – bei YouTube bekannt als "Volkslehrer" – im Juni 2018 ein Interview.

Chrupalla forderte Parteikollegen im Januar 2019 auf, "schwarze Listen" über Journalisten zu führen, er verwendet Begriffe wie "Umvolkung" und verbreitet bezüglich der Luftangriffe auf Dresden propagandistische Zahlen von Geschichtsfälschern.

"Pfui"-Rufe erntete Chrupalla, als er in einer Bundestagsdebatte zum Mauerfall Kanzlerin Angela Merkel vorwarf, sie habe "damals bei der FDJ gelernt, wie man ein Volk mit Propaganda und Agitation in Schach hält".

In einem ZDF-Sommerinterview wollte Chrupalla dem mittlerweile ausgeschlossenen ehemaligen Brandenburger AfD-Fraktionsvorsitzenden Andreas Kalbitz keinen Extremismus bescheinigen.

Verschärfung der Einwanderungspolitik

Im Einklang mit ihrer Partei setzen sich Weidel und Chrupalla für den Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union ein, fordern außerdem eine Betonung auf soziale und nationale Politik sowie eine harsche Verschärfung der Flüchtlings- und Einwanderungspolitik.

Themen wie Innere Sicherheit, Grenzschließungen und die Stärkung des "klassischen" Familienbildes sind Schwerpunkte des Programms.

Verwendete Quellen:

  • Bundestag.de: Biographie Alice Weidel.
  • Bundestag.de: Biographie Tino Chrupalla.
  • Website von Alice Weidel
  • Website von Tino Chrupalla
  • Bundestag.de: Plenarprotokoll 19/33.
  • Bundestag.de: Bundestag erinnnert an den Mauerfall.
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