Viel erreicht und trotzdem unbeliebt: Frank Plasberg will von seinen Gästen wissen, ob die GroKo noch eine Zukunft hat. Eine eindeutige Antwort hat darauf niemand – auch nicht der Mann, der SPD-Chef werden will.

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Die Redaktion von "Hart aber fair" hat sich in der Vergangenheit immer wieder getraut, ungewöhnliche Themen auf die Tagesordnung zu setzen. Frank Plasberg hat mit seinen Gästen schon über späte Mutterschaft oder den Sinn und Unsinn von Schönheits-Operationen diskutiert. Am Montagabend aber widmet auch er sich dem Thema, an dem derzeit offenbar keine Talkshow vorbeikommt: Es geht um die Krise der vermeintlichen Volksparteien CDU und SPD und die Zukunft der Großen Koalition.

Immerhin können sich Moderator und Zuschauer vor allem von einem Gast neue Erkenntnisse erhoffen: In der Runde sitzt Norbert Walter-Borjans, der gerne SPD-Vorsitzender werden würde.

Plasberg scheint entschlossen zu sein, aus ihm herauszukitzeln, ob er die GroKo platzen lassen würde oder nicht.

Wer sind die Gäste bei "Hart aber fair"?

Norbert Walter-Borjans: Der frühere nordrhein-westfälische Finanzminister will im Duo mit Saskia Esken den SPD-Parteivorsitz übernehmen. In der Diskussion um die Einführung einer Grundrente liegt er klar auf der Linie seiner Partei. Auch er fordert, dass die Rente ohne Bedürftigkeitsprüfung eingeführt wird. "Ohne Grundrente macht diese Koalition keinen Sinn."

Norbert Röttgen: Vor einer "historisch nie dagewesenen Vertrauenssystemkrise" warnt der CDU-Politiker: "Wenn es uns nicht gelingt, dass die große Mehrheit der Bevölkerung wieder das Gefühl hat, dass ihre Sorgen in den Parteien beheimatet sind, werden wir das nicht überkommen."

Katrin Göring-Eckardt: Auch wenn ihre eigene Partei davon eher profitiert: Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion spart nicht mit Kritik am Dauerzank in der GroKo. "Es wird jeden Tag chaotischer, es wird jeden Tag mehr Kindergarten, was da passiert."

Andreas Rödder: Der Mainzer Geschichtsprofessor wiederum warnt davor, Streit als etwas Schlechtes zu betrachten: "Der Appell zur Geschlossenheit ist der Appell zur Friedhofsruhe in einer Demokratie." Streit sei vielmehr das "Lebenselixier der Demokratie", findet das CDU-Mitglied.

Melanie Amann: Die Journalistin leitet das Hauptstadt-Büro des "Spiegel" und macht viele Gründe für das schlechte Erscheinungsbild der CDU aus. Einer davon ist ihrer Einschätzung nach die Bundeskanzlerin: "Merkel hat sich so zurückgezogen, als hätte sie nichts mehr mit der Partei zu tun. Deswegen stolpert die Partei auch so führungslos herum."

Was ist das Rede-Duell des Abends?

Interessant ist ein Moment gleich am Anfang der Sendung, bei dem der sonst so redegewandte Norbert Röttgen in Erklärungsnot gerät. Der CDU-Politiker hat gerade den früheren Unions-Fraktionschef Friedrich Merz für seinen "Negativton" kritisiert – Merz hatte der Großen Koalition bekanntlich ein "grottenschlechtes Erscheinungsbild" attestiert.

Da konfrontiert Frank Plasberg seinen Gast allerdings mit einem Beitrag in der "New York Times", in dem der CDU-Politiker recht deutlich die Außenpolitik der Kanzlerin kritisiert hatte.

Röttgen verteidigt sich: Das sei ja nur auf die Sachpolitik bezogen gewesen. Spiegel-Journalistin Amann grinst trotzdem genüsslich und zeigt sich "fasziniert von dieser Akrobatik": "Das muss man erstmal hinkriegen: In einer Debatte zur Mäßigung aufzurufen und sie gleichzeitig zu befeuern."

Was ist der Moment des Abends?

Viel Applaus erntet zum Ende hin eine Durchhalteparole an die Große Koalition von unerwarteter Seite. Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt hätte eigentlich ein Interesse daran, dass das Bündnis scheitert und ihre Partei möglicherweise bei Neuwahlen abräumen würde.

Davon will sie aber noch nichts wissen: Sie fordert, dass sich Union und SPD beim Streitthema Grundrente einigen, statt die Koalition aufs Spiel zu setzen. Alles andere würde das Vertrauen in Politik aufs Spiel setzen, schimpft Göring-Eckardt – eine Einigung müsse möglich sein: "Das ist das Mindeste, was man von einer Koalition und von Politikern in dieser Zeit verlangen kann."

Wie schlägt sich Frank Plasberg?

In den vergangenen Wochen haben Plasberg und seine Redaktion viel Kritik einstecken müssen. Inzwischen scheint den Moderator das nicht mehr zu kümmern. Er fragt wie so häufig gezielt und bisweilen provokativ. Problematisch aber ist, dass das Gespräch zum Teil zwischen den einzelnen Themen hin- und herspringt. Mal geht es um die CDU, dann um die SPD, dann wieder um die CDU.

Zu Beginn leistet sich Plasberg zudem einen kleinen Patzer: Norbert Walter-Borjans stellt er sinngemäß schon als nächsten SPD-Vorsitzenden vor. Er mag zwar mit Saskia Esken als Favoriten-Duo in die Stichwahl gehen – gewählt ist er trotzdem noch nicht.

Was ist das Ergebnis?

Eines hat Frank Plasberg nicht geschafft: Auch im dritten Anlauf will Norbert Walter-Borjans nicht verraten, ob er die SPD aus der Großen Koalition führen würde oder nicht. Der Kandidat redet lieber um den heißen Brei herum, statt eine klare Antwort zu geben.

Am interessantesten ist noch die indirekte Botschaft, die der Zuschauer aus dieser Sendung mitnehmen kann. Im Gegensatz zur Runde bei Anne Will am Vorabend überwiegen hier die Durchhalteparolen: Eigentlich habe die GroKo viel erreicht, eigentlich könnte sie sich auch bei der Grundrente einigen und dann weiterregieren. So könnte ein Fazit lauten.

Trotzdem wird man den Eindruck nicht los, dass das Thema in den Talkshow-Studios inzwischen mürbe diskutiert wurde. Vielleicht sollte die Redaktion von "Hart aber fair" in der kommenden Woche lieber wieder ein Überraschungsthema aus dem Hut ziehen.

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