Der Europäische Gerichtshof kassiert die deutsche Pkw-Maut. Sie sei in ihrer aktuellen Form nicht mit EU-Recht vereinbar und würde vor allem Autofahrer aus anderen EU-Staaten diskriminieren. So fallen die Reaktionen auf das Urteil aus.

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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Pkw-Maut in Deutschland gestoppt. Sie sei EU-rechtswidrig und diskriminierend, da ihre wirtschaftliche Last praktisch ausschließlich auf den Haltern und Fahrern von in anderen EU-Staaten zugelassenen Fahrzeugen liege, erklärten die obersten EU-Richter am Dienstag in Luxemburg.

Die Einführung der Maut nach dem jetzigen Modell ist damit nicht möglich, das Prestigeprojekt der CSU steht damit vor dem endgültigen Aus. So fallen die Reaktionen aus.

Die Reaktionen aus Deutschland

Die deutsche Pkw-Maut ist nach den Worten von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) in ihrer jetzigen Form "vom Tisch". Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sei "zu respektieren und zu akzeptieren", sagte Scheuer am Dienstag in München.

Es sei eine Task Force eingesetzt worden, um die Folgen der Entscheidung zu bewerten, sagte Scheuer. Diese werde noch am Dienstag tagen. Der Minister versicherte zugleich, dass das Urteil keine Absage an eine Nutzerfinanzierung der Infrastruktur sei. Diese gebe es auch in vielen anderen EU-Staaten.

Die Pkw-Maut sollte eigentlich ab Oktober 2020 erhoben werden. Die organisatorische Umsetzung sei in "vollem Gang" gewesen, sagte Scheuer. Er erinnerte zudem daran, dass auch die EU-Kommission grünes Licht für das deutsche Modell gegeben habe. Die Pkw-Maut ist seit Jahren auch in Deutschland umstritten und gilt vor allem als Prestigeprojekt der CSU.

Bundesinnenminister und Ex-CSU-Chef Horst Seehofer hat das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Maut kritisiert. "Man muss Gerichtsurteile akzeptieren, aber man muss sie nicht verstehen", sagte er am Dienstag in Berlin. Nach seiner Einschätzung werde die Entscheidung die Zustimmung gegenüber europäischen Institutionen nicht gerade erhöhen - "schade", fügte er hinzu. Seehofer hatte sich als bayerischer Ministerpräsident und CSU-Chef immer stark gemacht für die Einführung einer PKW-Maut in Deutschland.

Für die SPD ist das auf Betreiben der CSU beschlossene Modell für eine Pkw-Maut mit dem Urteil des EuGH hinfällig. "Die Pkw-Maut der CSU wird nicht kommen", sagte SPD-Fraktionsvize Sören Bartol am Dienstag.

"Die Bedingungen der SPD für eine Einführung der Pkw-Maut sind nicht mehr gegeben." Voraussetzung für die Zustimmung in der großen Koalition sei unter anderem gewesen, dass die Maut nicht gegen europäisches Recht verstoße.

Bartol kritisierte weiter, es sei ein Fehler gewesen, dass Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) das Urteil nicht abgewartet und schon den Zuschlag für die Erhebung der Maut an einen privaten Betreiber erteilt habe. "Er muss jetzt sicherstellen, dass für den Bundeshaushalt kein finanzieller Schaden entsteht."

Die Grünen begrüßten das Urteil des EuGH. "[Verkehrsminister] Andreas Scheuer kommt nicht durch mit seiner wahnwitzigen Idee einer Zahlung für alle, die ihre Steuern nicht in Deutschland zahlen", sagte ihr Verkehrsexperte im Europaparlament, Michael Cramer. Bereits im Vorfeld des Urteils hatten die Grünen den Sinn der Abgabe angezweifelt und vor einem "Minusgeschäft" gewarnt.

FDP-Chef Christian Lindner sieht im Scheitern der geplanten Pkw-Maut einen Gewinn für Europa. "Das Urteil über die Rache-Maut ist eine Niederlage für die CSU, aber ein Gewinn für Europa und die deutschen Steuerzahler", sagte Lindner den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Kosten und Nutzen standen nie in einem angemessenen Verhältnis." Der grenznahe Verkehr und damit die wirtschaftlichen Verflechtungen hätten Schaden genommen.

Der Autofahrerclub ADAC fordert nach dem Scheitern der geplanten Pkw-Maut nun einen völligen Verzicht auf eine solche Abgabe. "Die Koalition hatte eine finanzielle Mehrbelastung der heimischen Autofahrer ausdrücklich ausgeschlossen", sagte ein ADAC-Sprecher am Dienstag. "Dieses Versprechen muss angesichts der bereits hohen Belastungen für Autofahrer eingehalten werden."

Die Reaktionen aus Österreich

Österreich sieht sich in seiner kritischen Haltung gegenüber der Einführung einer deutschen Pkw-Maut durch das Urteil der Richter auf ganzer Linie bestätigt.

Verkehrsminister Andreas Reichhardt hat die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Pkw-Maut in Deutschland begrüßt. "Die Richter des EuGH haben die deutsche Pkw-Maut für diskriminierend erklärt und damit zum Glück Klarheit geschaffen", sagte Reichhardt am Dienstag in Wien.

Das Urteil sei aus seiner Sicht ein deutliches Signal für Fairness und einen gemeinsamen Binnenmarkt. Er gehe nun davon aus, dass Deutschland "dieses EuGH-Urteil respektieren wird und damit die Diskriminierung von ausländischen Pkw-Fahrern hintangestellt wird", sagte Reichhardt.

Sein Vorgänger, der Ex-FPÖ-Verkehrsminister Norbert Hofer, begrüßte das Urteil des EuGH ebenfalls. Er zeigte sich "erleichtert" und äußerte nochmals Kritik an Bundesverkehrsminister Andreas Scheurer: "Während meiner Amtszeit als Verkehrsminister habe ich mehrere Gespräche mit meinem deutschen Amtskollegen Andreas Scheuer geführt. Er wollte mich zu einem Rückzug der österreichischen Klage bewegen – ich habe abgelehnt. Das heutige Urteil gibt der österreichischen Position recht."

Für den Österreichischen Automobilclub ÖAMTC ist das EuGH-Urteil "ganz im Sinne der europäischen Idee". Es sei eine Schlechterstellung von Autofahrern aus anderen EU-Ländern verhindert worden.

Zwar stünde es Deutschland weiterhin frei, eine Maut einzuführen. Das Urteil zeige jedoch, "dass die vorgeschlagene Variante, die deutsche Autofahrer über den Umweg der Kfz-Steuer entlastet hätte, nicht rechtskonform ist", sagte Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung.

Reaktionen aus den Niederlanden

Die Niederlande sind froh über das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), wonach die Pkw-Maut in Deutschland rechtswidrig und diskriminierend ist. Das ist ein "Pluspunkt für den niederländischen Autofahrer", erklärte Verkehrsministerin Cora van Nieuwenhuizen am Dienstag in Den Haag, wie die niederländische Agentur ANP berichtet.

Die Niederlande hatten sich der Klage Österreichs vor dem Gerichtshof angeschlossen, weil sie erhebliche Kosten für Niederländer fürchteten. Die Maut sei eine Diskriminierung ausländischer Autofahrer. "Ich bin froh, dass unser Widerstand Erfolg hatte", sagte die Ministerin. (mgb/dpa)

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