Der französische Präsident Emmanuel Macron hat eine bewegende Rede im Bundestag gehalten. Es ging um das Erinnern an die Kriegstoten. Angesichts der Krisen in der Welt hatte er auch eine eindringliche Zukunftsbotschaft. Anschließend sprachen Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel über ein gemeinsames Eurozonen-Budget.

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Der französische Präsident Emmanuel Macron hat Deutschland zu einer Kraftanstrengung aufgerufen, um Europa in Zeiten eines neuen Nationalismus rasch krisenfester zu machen. "Heute müssen wir ein neues Kapitel aufschlagen", sagte Macron am Sonntag in einer Rede zum Volkstrauertag im Deutschen Bundestag. "Das schulden wir Europa."

Auch der Klimawandel, Handelskonflikte und andere gewaltige Herausforderungen müssten gemeistert werden. "Wir wünschen uns alle eine faire Weltordnung." Macron bedankte sich, dass er an diesem Tag im Bundestag reden dürfe; das sei ein großes Signal der Versöhnung. "Unsere Gemeinsamkeiten sind stärker als unsere Unterschiede."

Gemeinsames Eurozonen-Budget soll kommen

Macron forderte "mehr Europa", das bedeute auch eine stärkere Abgabe von nationaler Souveränität. "Dieses neue Kapitel macht uns Angst", sagte Macron. Denn jedes Land müsse Entscheidungsgewalt teilen, mit anderen Staaten gemeinsam über seine Außenpolitik, seine Zuwanderungs- und Entwicklungspolitik entscheiden.

Macron fordert zum Beispiel auch ein europäische Armee. Der Kampf um mehr europäische Souveränität sei nicht gewonnen. "Dieser Kampf wird nie gewonnen sein."

Zum Abschluss war Macron noch bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Kanzleramt zu Gast. Sie wollen versuchen, bis Mitte Dezember den EU-Partnern umfassende Reformvorschläge vorzulegen. Man müsse nun "auch wirklich liefern", sagte Merkel

Im Ringen um gemeinsame EU-Reformen soll erstmals ein gemeinsames, milliardenschweres Eurozonen-Budget innerhalb der EU-Haushaltsstrukturen kommen, um ökonomische Ungleichheiten besser abzufedern. Die Höhe ist aber noch unklar.

Um bei neuen Eurokrisen besser gegensteuern zu können, soll der Rettungsfonds ESM zu einem Europäischen Währungsfonds weiterentwickelt werden. Zudem müssten letzte Details für den bis 22. Januar geplanten neuen Elysee-Vertrag für eine noch engere deutsch-französische Zusammenarbeit geklärt werden.

Bundesregierung fürchtet Vergeltungsmaßnahmen

Streit gibt es weiter um eine Digitalsteuer, um große Internetkonzerne wie Amazon und Apple in Europa mehr zur Kasse zu bitten. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) erteilte der raschen Einführung eine Absage.

Er wolle zunächst bis Mitte 2020 im Rahmen der 36 Mitgliedsstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Regeln zur Mindestbesteuerung und zur Besteuerung der digitalen Unternehmen vereinbaren, sagte Scholz der Deutschen Presse-Agentur. Klappe das nicht, sei eine EU-Regelung denkbar.

Die französische Regierung wirft der Bundesregierung in der Frage ein Ausbremsen vor. Auch die Grünen, die Linke und die SPD-Linke pochen vehement auf eine Digitalsteuer, da viele Bürger das Abschöpfen der Gewinne dank ihrer Daten für höchst ungerecht halten.

Die Bundesregierung fürchtet aber Vergeltungsmaßnahmen der US-Regierung von Präsident Donald Trump gegen deutsche Autokonzerne in den USA.

Merkel nannte Macrons Rede beeindruckend

Der Volkstrauertag wurde 1919 in Erinnerung an die Toten des Ersten Weltkriegs eingeführt. Inzwischen gedenkt man aller Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. Deutschland habe die "blutrünstigen Dämonen des Nationalismus" überwunden, sagte Macron.

"Ich bin stolz, dass Frankreich eine Rolle bei dieser Wiederauferstehung gespielt hat." Man habe nach den zwei Weltkriegen gemeinsam daran gearbeitet, ein europäisches Projekt aufzubauen und sich die Hand zu reichen. Er zitierte in dem Kontext Goethe: "Und so, über Gräber vorwärts."

Merkel nannte es wiederum "sehr symbolisch", dass sie vor einer Woche zum Gedenken an die Toten des Ersten Weltkriegs nach Frankreich eingeladen worden sei. "Und Du bist heute in Deutschland zu Gast." Macrons vorherige Rede im Bundestag zum Volkstrauertag nannte sie beeindruckend und großartig. (ff/dpa)

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