Wegen der Corona-Krise hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel direkt an die Bürger gewandt. Wir haben die zentralen Punkte ihrer Fernsehansprache zusammengefasst.

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Normalerweise hält Bundeskanzlerin Angela Merkel nur zum Jahreswechsel eine Fernsehansprache. In Zeiten des Coronavirus ist aber nichts normal. Das zeigt: Die Lage ist ernst. "Nehmen Sie es auch ernst", mahnte die CDU-Politikerin.

Der Appell an die Bundesbürger, sich an die Auflagen zur Bekämpfung des Virus zu halten und den ARD und ZDF am Mittwochabend ausstrahlten, ist Chefsache. Wir haben uns Merkels zentrale Aussagen der gut 13 Minuten langen, vorher aufgezeichneten Rede angeschaut und erklären, was hinter den verkündeten Maßnahmen und Regeln steckt:

1. "Seit dem Zweiten Weltkrieg gab es keine Herausforderung an unser Land mehr, bei der es so sehr auf unser gemeinsames solidarisches Handeln ankommt."

Experten gehen davon aus, dass die Corona-Pandemie in Deutschland am Anfang steht. Der Berliner Virologe Christian Drosten rechne mit insgesamt hohen Infektionszahlen. Wahrscheinlich würden sich 60 bis 70 Prozent der Menschen infizieren. Die entscheidende Frage sei, in welchem Zeitraum das passiert.

Die Geschwindigkeit der Ausbreitung kann vor allem gebremst werden, wenn sich weniger Menschen begegnen. Aus diesem Grund wurden deutschlandweit Großveranstaltungen abgesagt, Schulen und Kitas geschlossen und Mediziner wie Politiker appellieren an die Bürger, weitestgehend zu Hause zu bleiben. Je besser es gelingt, die Rate der Ansteckungen kleinzuhalten, desto geringer wird der Druck auf das Gesundheitssystem und die Gesellschaft sein. Und umso mehr Zeit bleibt auch, damit die Forscher ein Medikament und einen Impfstoff entwickeln können. Das klappt aber nur, wenn sich die allermeisten Menschen auch daran halten, sich solidarisch verhalten.

2. "Noch gibt es weder eine Therapie gegen das Coronavirus noch einen Impfstoff."

Die meisten Menschen, die sich mit dem Virus anstecken, benötigen keine Medikamente. Etwa 80 Prozent der Infizierten erholen sich nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO ohne besondere Behandlung.

Bei etwa 15 von 100 Infizierten komme es jedoch zu einem schweren Krankheitsverlauf mit Atemproblemen. Meist sind das Menschen aus Risikogruppen wie Krebskranke in Chemotherapie, ältere Menschen und solche mit Vorerkrankungen.

Eine spezielle Therapie für die Erkrankung COVID-19, die durch das Virus verursacht wird, gibt es nicht. Schwer erkrankte Patienten können deswegen bisher nur symptomatisch behandelt werden: mit fiebersenkenden Mitteln, der Therapie etwaiger bakterieller Zusatzinfektionen und mitunter mechanischer Beatmung. In Einzelfällen werden auch antivirale Medikamente getestet. Aus diesem Grund geht es darum, insbesondere die Risikogruppen zu schützen (siehe 1. Punkt).

3. "Deutschland hat ein exzellentes Gesundheitssystem, vielleicht eines der besten der Welt."

Fakt ist: Das Coronavirus stellt einen Stresstest für die Krankenhäuser und das Personal dar. Letztere sind allerdings bereits in normalen Zeiten oftmals am Limit, deutschlandweit fehlen Zehntausende Krankenpfleger, wie immer wieder kritisiert wird.

Hierzulande gibt es etwa 28.000 Betten für Intensivpatienten, was einer der größten Bettendichten der Welt entspricht, wie Jörn Wegner von der Deutschen Krankenhausgesellschaft sagt. Nach bisherigen Erkenntnissen sei das entscheidend bei der Höhe der Todesrate durch COVID-19. Intensivbetten sind mit komplexen Überwachungsgeräten ausgestattet und werden von mehr Pflegekräften betreut.

4. "Unsere Krankenhäuser wären völlig überfordert, wenn in kürzester Zeit zu viele Patienten eingeliefert würden, die einen schweren Verlauf der Coronainfektion erleiden."

Auf die bange Frage, ob das deutsche Gesundheitssystem dem Druck standhalten kann, gibt es aus Sicht von Experten nur eine Antwort: Das hängt von der Geschwindigkeit der Ausbreitung ab. Auch Merkel betonte in ihrer Rede: "Es geht darum, das Virus auf seinem Weg durch Deutschland zu verlangsamen. Und dabei müssen wir, das ist existentiell, auf eines setzen: das öffentliche Leben so weit es geht herunterzufahren." (siehe 1. Punkt)

5. "Der Staat wird weiter funktionieren, die Versorgung wird selbstverständlich weiter gesichert sein und wir wollen so viel wirtschaftliche Tätigkeit wie möglich bewahren."

Bundesweit gibt es massive Einschränkungen, kein Lebensbereich ist von der Corona-Krise ausgenommen. Aber viele Geschäfte bleiben nach wie vor offen: Supermärkte, Apotheken, Getränkemärkte, Drogerien, Tankstellen, Banken und Postfilialen. Vielerorts sind aufgrund von Hamsterkäufen leere Regale zeitweise entstanden – was aber weniger an einer mangelnden Versorgung liegt, sondern daran, dass das Personal nicht mit dem Wiederauffüllen hinterherkommt. Merkel selbst mahnte: "Hamstern, als werde es nie wieder etwas geben, ist sinnlos und letztlich vollkommen unsolidarisch."

Schon am vergangenen Freitag hatte die Bundesregierung angekündigt, Unternehmen mit einem gewaltigen Schutzschild beizustehen. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) kündigten unbegrenzte Kreditprogramme für betroffene Firmen an.

Ziel eines Maßnahmenpakets ist es, die Liquidität von Firmen sicherzustellen, die wegen der Coronavirus-Krise in Finanznöte geraten – weil Aufträge wegbrechen oder es zu Liefer- und Produktionsengpässen kommt. Altmaier sprach von der umfassendsten und wirksamsten Hilfestellung, die es in der Geschichte der Bundesrepublik bisher gegeben habe.

An den Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Civey kann jeder teilnehmen. In das Ergebnis fließen jedoch nur die Antworten registrierter und verifizierter Nutzer ein. Diese müssen persönliche Daten wie Alter, Wohnort und Geschlecht angeben. Civey nutzt diese Angaben, um eine Stimme gemäß dem Vorkommen der sozioökonomischen Faktoren in der Gesamtbevölkerung zu gewichten. Umfragen des Unternehmens sind deshalb repräsentativ. Mehr Informationen zur Methode finden Sie hier, mehr zum Datenschutz hier.

6. "Alles, was Menschen gefährden könnte, alles, was dem Einzelnen, aber auch der Gemeinschaft schaden könnte, das müssen wir jetzt reduzieren."

Mögliche Ansteckungen sollen so weit wie möglich minimiert werden. Das geht am besten, wenn so wenig Menschen wie möglich in Kontakt kommen. Aus diesem Grund wurden für die kommenden Wochen Sportveranstaltungen, Messen, Konzerte, Schul-, Kita- und Spielplatzbesuche unterbunden. Ebenso soll der freie Reiseverkehr durch Grenzkontrollen und Einreisebeschränkungen drastisch heruntergefahren werden. (siehe 1. Punkt)

7. "Die Bundesregierung tut alles, was sie kann, um die wirtschaftlichen Auswirkungen abzufedern – und vor allem um Arbeitsplätze zu bewahren."

Die Corona-Krise hat dramatische wirtschaftliche Folgen: Geschäfte und Fabriken machen dicht, Aufträge und Umsätze brechen weg. Firmen haben Existenzängste, Arbeitnehmer sorgen sich um ihre Jobs. Die Politik will nun mit Arbeitgebern und Gewerkschaften zusätzliche Notfall-Pakete schnüren – auch, um große Lohneinbußen zu verhindern. Ausgeweitete Kreditprogramme für Firmen sind bereits angelaufen (siehe 5. Punkt). Die wichtigsten Teile des Hilfsprogramms sowohl für Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sind dabei unter anderem: Lohnfortzahlung bei Kinderbetreuung, das Kurzarbeitergeld wird aufgestockt, Lockerung der Spielräume zur Kreditvergabe und Direkthilfen für Freiberufler, Solo-Selbstständige und Minifirmen.

8. "Wir sind nicht verdammt, die Ausbreitung des Virus passiv hinzunehmen. Wir haben ein Mittel dagegen."

Merkel zählt auf, was zahllose Ärzte, Virologen und Gesundheitsexperten seit Wochen predigten:

  • Abstand halten
  • Verzicht auf Händeschütteln und Umarmungen
  • gründlich und oft die Hände waschen – Tipps zum richtigen Händewaschen finden Sie hier
  • Vermeiden, sich mit den Händen ins Gesicht zu fassen
  • kaum noch Kontakte zu den ganz Alten
  • Für Kranke gilt: Vorsicht beim Niesen und Husten – am besten in ein Taschentuch oder die Armbeuge

Experten raten vor allem älteren und chronisch kranken Menschen zudem, sich zum Schutz gegen Lungeninfektionen impfen zu lassen:

  • Keuchhusten
  • Pneumokokken
  • Grippe

Das wichtigste betont Merkel am Ende ihrer Rede:

9. "Dies ist eine dynamische Situation, und wir werden in ihr lernfähig bleiben, um jederzeit umdenken und mit anderen Instrumenten reagieren zu können."

Inwieweit die nötig sind, hänge aber auch davon ab, wie diszipliniert jeder und jede die Regeln befolgt und umsetzt.

Fest steht: Ein Erfolg oder Misserfolg wird erst in einigen Wochen, wenn nicht sogar Monaten sichtbar sein. Es wird eine Geduldsprobe für das ganze Land. (afp/dpa/mf)

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