• Mehr als 40 Prozent der Deutschen haben bereits eine dritte Impfung erhalten.
  • Das Boostern schützt vor schweren Krankheitsverläufen und verringert das Ansteckungsrisiko.
  • In Ländern mit hohen Quoten an Zweifachimpfungen steigen die Ansteckungen mit Omikron wieder.

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In Deutschland sind 71,9 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft. Insgesamt 42,0 Prozent haben zusätzlich eine Auffrischungsimpfung erhalten (Stand 11.01.2022). Mit dieser Quote steht das Land im europäischen Vergleich gut da.

Zwar haben Dänemark und Großbritannien beim Boostern mit über 50 Prozent die Nase vorn, dann folgen bereits Österreich und Deutschland mit einer Quote von über 40 Prozent. Länder wie Portugal und Spanien, die mit knapp 90 und 82 Prozent eine sehr hohe Impfquote verzeichnen, kommen hingegen mit der Auffrischung weniger rasch voran. Hier sind erst rund 33 Prozent dreifach geimpft.

Die Boosterkampagne in Deutschland läuft unter anderem aufgrund der Bestrebungen der Bundesregierung auf Hochtouren. "Es wurden ausreichend Impfstoffe beschafft und die notwendige Infrastruktur für das Impfen geschaffen", betont Reinhold Förster, Vize-Präsident der Deutschen Gesellschaft für Immunologie und Leiter des Instituts für Immunologie an der Medizinischen Hochschule Hannover. "Hier hat man sich aktiv um die Impfwilligen gekümmert, die das Angebot in großer Zahl angenommen haben."

So erhielten seit September 35,6 Millionen Menschen (Stand 11.1.2022) die dritte Impfung, ein Problem ist allerdings die vergleichsweise geringe Zahl an Erstimpfungen (74,6 Prozent der Bevölkerung). Dabei könnten laut Angaben von Gesundheitsminister Karl Lauterbach in den nächsten Wochen jede Woche zehn Millionen Menschen geimpft werden. Das Ziel sei es laut einer Modellierung des Robert-Koch-Instituts, dass mehr als 80 Prozent der doppelt Geimpften auch geboostert sind. Das wären rein rechnerisch 56 Prozent der Bevölkerung.

Hohe Boosterquote wichtig im Kampf gegen Omikron

In vielen Ländern ist die Omikron-Variante vorherrschend. Einige Experten nennen die neue Corona-Welle eine Wand, da die Inzidenzen sehr stark ansteigen. "In einigen Ländern sind die Zahlen sehr hoch - wie in England, Irland oder den USA", erklärt Reinhold Förster.

"In Deutschland sind wir mit der Omikron-Welle deutlich später dran als andere Länder. Einerseits galten bei uns aufgrund der hohen Delta-Welle noch strenge Vorsichtsmaßnahmen wie Kontaktbegrenzungen, andererseits wurde relativ rasch geboostert. Das schützt uns eventuell jetzt vor der großen Welle, wie wir sie in anderen Ländern bereits sehen", sagt der Experte. "Es kann aber auch sein, dass uns die große Omikron-Welle nur mit einer zeitlichen Verzögerung erreicht."

Drosten: Booster-Impfung macht im Kampf gegen Omikron den Unterschied

Der Virologe Christian Drosten sieht die Booster-Impfung als effektivste Waffe im Kampf gegen die sich rasch ausbreitende Omikron-Variante des Coronavirus. "Was richtig schützt gegen Omikron ist die Dreifach-Impfung", sagte der Wissenschaftler von der Berliner Charité am Dienstag im Podcast "Coronavirus-Update" bei NDR-Info. Folglich sei die starke Konzentration auf die Booster-Impfungen in Deutschland richtig und wichtig. Fotocredit: imago images

Eine wichtige Rolle im Kampf gegen Omikron spielt die dreifache Impfung. Laut dem Virologen Christian Drosten halbiert sich durch das Boostern das Risiko, sich bei einem Omikron-Patienten anzustecken.

Im Vergleich dazu führt bei der Delta-Variante bereits die zweifache Impfung zu mehr als einer Halbierung des Risikos, bei der dreifachen Impfung geht das Infektionsrisiko auf fast ein Drittel zurück. Aktuelle Zahlen zeigen, dass die Booster-Impfung die Übertragung in der Bevölkerung kontrolliert.

Auffrischung verbessert Schutz vor schwerer Erkrankung

Daten zur Wirksamkeit der COVID-19 Impfung insbesondere mit mRNA-Impfstoffen in Bezug auf den Schutz vor der Omikron-Variante liegen laut RKI vor allem aus England vor. Sie belegen einen Effekt der Impfung nach Abschluss der Grundimmunisierung (zwei Dosen), wobei der Schutz vor der neuen Variante 20 bis 30 Prozent niedriger ist als vor der Delta-Variante und innerhalb weniger Wochen weiter abnimmt. Das betrifft vor allem den Schutz vor milden Infektionen.

Der Schutz vor hospitalisierungsbedürftiger COVID-19 Erkrankung aufgrund der Omikron-Variante betrug in England im Zeitraum von zwei bis 24 Wochen nach der zweiten Impfstoffdosis 72 Prozent. Durch eine Auffrischungsimpfung kann die Omikron-spezifische Wirksamkeit sowohl in Bezug auf den Schutz vor milder auf 70 bis 80 Prozent als vor auch hospitalisierungsbedürftiger Erkrankung auf 88 Prozent gesteigert werden.

Vierte Impfung wahrscheinlich

Auch durch eine Booster-Impfung wird die aktuelle Omikron-Variante also nicht vollständig abgefangen. Eine Verbreitung des Virus ist weiterhin möglich. Zudem besteht die Gefahr neuer Virusvarianten, gegen die der aktuelle Impfstoff nicht ausreichend wirkt. Vor diesem Hintergrund hält Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach eine vierte Impfung für sehr wahrscheinlich.

"Insbesondere die dreifache Impfung bietet derzeit einen sehr guten Schutz vor schwerer Erkrankung", betont Förster. "Im Laufe der Zeit nimmt die Anzahl der Antikörper und der T-Zellen jedoch ab und es stellt sich die Frage, wie gut wir nach einigen Monaten noch durch den Booster vor schweren Infektionen geschützt sind. Wenn der Effekt nachlässt, kann eine vierte Impfung nötig sein."

Dabei sei noch offen, ob diese flächendeckend angeboten werden müsse oder ob lediglich vulnerable Gruppen oder Mitarbeitende im Pflegebereich eine vierte Impfung erhalten müssten. Das hänge zudem stark davon ab, ob es neue, angepasste Impfstoffe gibt und wie gut diese dann schützen.

Doppelt geimpfte Bevölkerung nicht vor Infektion geschützt

Einige Länder wie Portugal oder Spanien verfügen über eine besonders hohe Impfquote bei Erst- und Zweitimpfungen. Hier sind weit über 80 Prozent der Bevölkerung mit zwei Impfdosen geimpft. "In diesen Ländern sieht man jetzt, dass der Impfschutz nicht ausreicht, um sich vor Infektionen mit der Omikron-Variante zu schützen", so Förster.

Durch die hohe Frequenz von Zweifachimpfungen waren die Länder zwar gegen die Delta-Variante gewappnet und es gab kaum Maßnahmen wie Kontaktbegrenzungen. "Gegen die Omikron-Variante fehlt jetzt der Schutz und es gibt deutlich mehr Ansteckungen." Deutschland ist demgegenüber derzeit im Vorteil, da seit der Delta-Variante zahlreiche Einschränkungen gelten und viele Menschen bereits geboostert sind.

Über den Experten: Prof. Dr. Reinhold Förster ist Vize-Präsident der Deutschen Gesellschaft für Immunologie und Leiter des Instituts für Immunologie an der Medizinischen Hochschule Hannover.

Verwendete Quellen:

  • Interview mit Prof. Reinhold Förster, Vize-Präsident der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. (am 11.1.22)
  • Schriftliche Anfrage an das Robert-Koch-Institut, Pressestelle
  • Schriftliche Anfrage an das Bundesministerium für Gesundheit, Referat Presse
  • Impfdashboard des Bundesministeriums für Gesundheit: "Aktueller Impfastatus"
  • Our World in Data. "COVID-19 vaccine boosters administered per 100 people".
  • Podcast Coronavirus-Update Folge 107 mit Christian Drosten
  • UK Health Security Agency. "Omicron VOC-21NOV-01 (B.1.1.529) technical briefing: hospitalisation and vaccine effectiveness.”
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