• Am 13. Dezember wollen die Ministerpräsidenten im Rahmen einer Video-Konferenz mit der Kanzlerin das weitere Vorgehen in der Corona-Pandemie beraten. Die Bestätigung des Termins aber steht noch aus.
  • Bereits zuvor handeln viele Bundesländer und verkünden verschärfte Einschränkungen des öffentlichen Lebens.

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Deutschland steuert auf einen bis zu drei Wochen dauernden harten Lockdown noch vor Weihnachten zu. Immer mehr Bundesländer stemmen sich mit verschärften Einschränkungen gegen die dramatisch fortschreitende Corona-Ausbreitung.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller, der auch Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ist, marschierte mit entsprechenden Vorhaben für die Bundeshauptstadt voran. Der Senat will sich am kommenden Dienstag damit befassen. Müller will sich dabei auch mit Brandenburg abstimmen.

Für Müller zeichne es sich ab, auch in den Gesprächen mit den Kollegen der Bundesländer, "dass ab 20. es doch erhebliche Einschnitte gibt" und der Einzelhandel "deutlich" heruntergefahren wird.

Die Schulferien hätten dann ohnehin begonnen, viele Menschen gingen nicht mehr arbeiten und im Nahverkehr werde es ruhiger. "Zwischen dem 20. Dezember und 10. Januar haben wir praktisch drei Wochen massive Einschränkungen, die mit Sicherheit auch dazu führen werden, dass die Inzidenzen runtergehen", sagte Müller in der ZDF-Sendung "Markus Lanz".

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Müller erwartet geeintes Vorgehen der Ministerpräsidenten

Müller äußerte die Erwartung, dass sich die Ministerpräsidentenkonferenz darauf verständigen wird, dass das öffentliche Leben in diesen drei Wochen weitestgehend heruntergefahren wird.

Auch jene, deren Länder niedrige Infektionszahlen aufwiesen, sagten nun, man befinde sich bundesweit in einer Krisensituation, in der man solidarisch sein müsse. Die eindringlichen Appelle von Bundeskanzlerin Angela Merkel seien hier sehr hilfreich gewesen. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bezeichnete die Lage als "bitterernst". "Wenn sich, wie zur Zeit, jeden Tag Zehntausende Menschen mit dem Virus infizieren, wenn täglich Hunderte an dem Virus sterben, dann bedeutet das wohl auch, dass wir unsere Anstrengungen im Kampf gegen die Pandemie dringend weiter verstärken müssen."

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther sagte, er gehe davon aus, dass sich Bund und Länder am Sonntag beraten. Auch der "Spiegel" berichtete, dass sich die Länder mit Merkel am 13. Dezember zusammenschalten wollen.

Die Bundesregierung nannte vorerst aber noch keinen genauen Termin. Sie habe keinen Termin anzukündigen, sagte Vizeregierungssprecherin Martina Fietz.

Laschet und Günther wollen ein früheres Treffen

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet wünschte sich, der geplante Gipfel solle "besser schon am Samstag" stattfinden. "Wir können nicht mehr warten", sagte Laschet in Düsseldorf. "Der Lockdown muss schnellstmöglich kommen." Er nenne vor Beginn der Beratungen von Bund und Ländern bewusst keinen Tag für den Start des Lockdowns, um keine "Verwirrung" zu verursachen.

In Nordrhein-Westfalen endet die Präsenzpflicht für Schüler vorerst am 14. Dezember. Ab Klasse acht wird auf Distanz unterrichtet, Schüler der unteren Stufen sollen von zu Hause aus am Unterricht teilnehmen. Die Schulferien werden um zwei Tage verlängert.

Günther forderte sogar ein Treffen der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mt der Kanzlerin "am besten" noch am Freitag. In seinem Bundesland sollen statt zehn noch fünf Personen aus maximal zwei Hausständen zusammenkommen dürfen - auch an Weihnachten. Ausgenommen sei nur die engste Familie. Ab Montag soll es - wie in NRW - für Schüler ab der 8. Klasse keinen Präsenzunterricht mehr geben.

Alkohol-Verbot in der Öffentlichkeit in Schleswig-Holstein

Zudem ist in Schleswig-Holstein das Ausschenken und Trinken von Alkohol in der Öffentlichkeit von Samstag an verboten. Die Alkohol-Regel gilt unabhängig von den aktuellen Corona-Zahlen in der jeweiligen Region.

Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil sagte in einem ZDF-"spezial": "Ich gehe davon aus, zwischen dem 19. Dezember und dem 10. Januar werden wir ganz generell in Deutschland eine sehr, sehr ruhige Phase haben. Und das muss auch sein."

Am Donnerstag hatte sich auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig dafür ausgesprochen, den Einzelhandel - Lebensmittelläden ausgenommen - schon zum vierten Advent zu schließen.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer sagte in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner": "Ich glaube, wir müssen auch an Weihnachten, auf jeden Fall auch an Silvester wirklich streng sein."

Bundesfamilienministern Franziska Giffey empfahl den Bürgern in der "Rheinischen Post", sich nur "im kleinsten Kreis" zu treffen und "ansonsten auf Verwandtschaftsbesuche über die Feiertage möglichst" zu verzichten.

Peter Altmaier: "Wir müssen dringend handeln"

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier zeigte sich - ebenfalls bei "Maybrit Illner" - besorgt über die aktuelle Entwicklung. "Das exponentielle Wachstum setzt wieder ein. Und das bedeutet: Wir müssen dringend handeln." Der CDU-Politiker fügte an: "Wir müssen mehr handeln, als bisher geplant war".

Altmaier sagte zugleich mit Blick auf die Infektionszahlen, was er am Abend gehört habe, lasse für die Meldungen am Freitagmorgen "nichts Gutes erwarten". Am Donnerstagmorgen hatte das Robert-Koch-Institut mit 23.679 Corona-Neuinfektionen den Höchstwert binnen 24 Stunden gemeldet. 24 Stunden später stiegen die täglichen Neuinfektionen tatsächlich auf einen neuen Höchtwert: auf 29.875.

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Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach mahnte zur Eile. "Einen harten Lockdown erst nach Weihnachten starten zu lassen, wäre zu wenig und zu spät. Wir brauchen bereits in der kommenden Woche diesen bundesweiten, möglichst harten Lockdown inklusive Schulschließungen", sagte Lauterbach der "Rheinischen Post".

Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, mahnte im Interview des "Redaktionsnetzwerks Deutschland": "Angesichts der aktuell sehr hohen Todeszahlen und einer unverändert hohen Belastung in den Kliniken müssen wir die Kontakte schnell und deutlich reduzieren."

Sorgen um das Weihnachtsgeschäft macht sich der Einzelhandel. Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverband Deutschland (HDE), Stefan Genth, forderte in der "Welt" im Fall von Ladenschließungen Entschädigungen "analog zur Gastronomie in den Monaten November und Dezember". Ansonsten komme es zu einem Flächenbrand in den Innenstädten, warnte Genth.

Eine ganze Reihe von Bundesländern hat bereits strenge Maßnahmen beschlossen. Die für den Zeitraum vom 23. Dezember bis zum 1. Januar geplanten Lockerungen von Kontaktbeschränkungen wurden in einigen Ländern bereits eng begrenzt.

Nächtliche Ausgangssperre in Baden-Württemberg

Baden-Württemberg führt zu Anfang nächster Woche eine nächtliche Ausgangssperre sowie tagsüber Ausgangsbeschränkungen ein. Nach einem Gespräch der grün-schwarzen Landesregierung mit den kommunalen Spitzenverbänden verkündete Ministerpräsident Winfried Kretschmann diese Maßnahmen. Tagsüber dürften sich bis zu fünf Personen aus nicht mehr als zwei Haushalten treffen. Und wer das Haus tagsüber verlässt, soll das nur noch aus einem triftigen Grund tun, etwa für die Arbeit oder einen Besuch beim Arzt. Geöffnet bleiben sollen bis auf Weiteres Schulen, Kitas, Hochschulen und Einzelhandel

Es gebe nach Kretschmanns Wahrnehmung einen Konsens unter den Länder-Regierungschefs, sagte der Grünen-Politiker in Stuttgart. "Davon kann man also ausgehen. Die Bevölkerung kann sich darauf einstellen."

In Sachsen, zurzeit bundesweit das Land mit den höchsten Infektionszahlen, sollen Schulen, Kitas, Horte und viele Geschäfte vom kommenden Montag an geschlossen werden. Geplant sind auch nächtliche Ausgangssperren zwischen 22 und 6 Uhr. Das sieht die neue Corona-Schutzverordnung vor, die das Kabinett am Freitag beschließen will.

Einkaufen in Sachsen soll von nächster Woche an nur innerhalb eines 15-Kilometer-Radius möglich sein. Ziel der Maßnahme ist es, Einkaufstourismus in angrenzende Bundesländer zu verhindern.

Das Kabinett von Thüringen, das ebenfalls hohe Infektionszahlen aufweist, beschloss am Donnerstagabend weitere Maßnahmen für den Freistaat. So sollen Handels- und Dienstleistungsbetriebe mit Ausnahmen von Lebensmittelläden und Geschäften für den Grundbedarf, "soweit die Ministerpräsidentenkonferenz keine zeitlich davor liegenden Regelungen trifft", mit Ablauf des 18. Dezember schließen.

Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans sagte der "Rheinischen Post", er befürworte einen harten, mindestens zweiwöchigen Lockdown. "Entscheidend ist, dass sich alle Bundesländer gemeinsam mit dem Bund auf ein abgestimmtes, einheitliches und für die Menschen nachvollziehbares Vorgehen einigen. Der Föderalismus muss zeigen, dass er in der Bekämpfung der Pandemie handlungsfähig ist", sagte Hans der Zeitung.

Markus Söder: "Ich rate uns zu einem einheitlichen Vorgehen"

Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder setzt auf die Gemeinsamkeit der Länder. "Ich rate uns zu einem einheitlichen Vorgehen und hoffe dabei auf die Ministerpräsidentenkonferenz", sagte der CSU-Chef dem Nachrichtenportal "t-online".

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn fügte bei einem gemeinsamen Termin mit Söder in einem Impfzentrum in Nürnberg an, es brauche "ohne Zweifel auch bundesweit einheitlich zusätzliche Maßnahmen - besser früher als später".

Bundesinnenminister Horst Seehofer, Vorgänger Söders im Amt des bayerischen Ministerpräsidenten, unterstrich im Nachrichtenmagazin "Der Spiegel": "Die einzige Chance, wieder Herr der Lage zu werden, ist ein Lockdown, der aber sofort erfolgen muss."

In Bayern gelten schon seit Mittwoch strengere Regeln wie Ausgangsbeschränkungen, Alkoholverbot in Innenstädten und Ausgangssperren in Hotspots. "Es braucht bundesweit Ausgangsbeschränkungen, nächtliche Ausgangssperren in Hotspots, Geschäftsschließungen, Betriebsferien und überall verlängerte Schulferien", sagte Söder der Deutschen Presse-Agentur in München. Nur Läden für den alltäglichen Bedarf wie Lebensmittel sollen offenbleiben. (dpa/AFP/hau)

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