Fußballerisch zählt er zu den besten Spielern der deutschen Nationalmannschaft. Dennoch hat Julian Draxler den Sprung zum unangefochtenen Leistungsträger noch längst nicht geschafft. Bei der bevorstehenden WM 2018 sieht er seine große Chance gekommen.

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Mangelndes Selbstvertrauen? Das kann man Julian Draxler nun wirklich nicht vorwerfen. Trotz der starken Konkurrenz im Mittelfeld hat er das Selbstverständnis, bei der bevorstehenden Weltmeisterschaft in Russland eine große Rolle zu spielen. "Ich bin überzeugt, dass ich viel Spielzeit haben werde. Ich habe in den letzten Jahren viele gute Spiele in der Nationalmannschaft gemacht", stellt der 24-Jährige klar.

Noch nicht auf Augenhöhe mit Müller und Kroos

43 Länderspiele bestritt der Linksaußen bislang. Das ist tatsächlich ein beachtlicher Wert für sein junges Alter. Der Sprung zum unangefochtenen Stammspieler, wie es zum Beispiel Thomas Müller oder Toni Kroos seit vielen Jahren sind, gelang ihm trotzdem nicht.

Bei der siegreichen Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien kam er gerade einmal auf 14 Minuten Einsatzzeit. Damals allerdings sei die Situation eine völlig andere gewesen als heute, wie Draxler erklärt: "2014 war ich noch sehr, sehr jung und hatte eine schwierige Phase auf Schalke. Die Vorzeichen haben sich geändert. Ich bin gereift, ein besserer Spieler und kann der Nationalmannschaft viel geben."

Tatsächlich nahm er seitdem in der Nationalmannschaft eine ordentliche Entwicklung. Bei der Europameisterschaft 2016 stand er in fünf von sechs Spielen auf dem Platz und hatte durchaus gute Auftritte wie zum Beispiel gegen die Slowakei, als er dem 3:0 ein Tor und eine Vorlage beisteuerte. Allerdings hätte er damals wohl längst nicht so viel Spielzeit bekommen, wäre nicht Marco Reus verletzungsbedingt ausgefallen.

Beim Confed-Cup 2017 war Draxler dann plötzlich Kapitän, weil Bundestrainer Joachim Löw auf viele Leistungsträger verzichtet hatte. Umso überragender, dass Draxler die DFB-Auswahl zum Titel führte und sogar zum Spieler des Turniers ernannt wurde.

Extralob vom Bundestrainer

Dafür gab es auch ein dickes Lob vom Bundestrainer. "Julian ist an seiner Aufgabe gewachsen", sagte Joachim Löw damals auf DFB.de. "Er hat wirklich Verantwortung übernommen und war ein sehr, sehr guter Kapitän. Er hat sich auf und neben dem Platz gekümmert um die jungen Spieler, hat sehr viel kommuniziert und für die Mannschaft gedacht."

Doch die Verdienste von damals zählen heute nicht mehr. Die deutsche Nationalmannschaft startet praktisch ohne Verletzungsausfälle in die Weltmeisterschaft. Das heißt: Draxler hat auf Linksaußen nicht nur Marco Reus vor der Nase. Das offensive Mittelfeld ist mit vielen weiteren Top-Spielern wie Mesut Özil, Thomas Müller, Julian Brandt und Leon Goretzka der vielleicht bestbesetzte Mannschaftsteil. "Ich weiß, dass wir auf jeder Position doppelt gut besetzt sind", sagt Draxler, stellt aber zudem klar: "Der Bundestrainer kann mir vertrauen."

An dem fußballerischen Potential von Draxler besteht kein Zweifel. Er hat eine exzellente Technik, eine hohe Spielintelligenz, ist stark im Dribbling, kann Tore schießen und auch vorbereiten. Jedoch konnte er diese Fähigkeiten nicht immer abrufen.

In seinen letzten 18 Monaten auf Schalke hatte er Verletzungsprobleme und litt zudem auch unter der Bürde, als Eigengewächs der große Hoffnungsträger des Vereins zu sein. Beim VfL Wolfsburg blieb er daraufhin vielfach unter seinen Möglichkeiten und schadete zudem seinem Image, als er einen Wechsel öffentlich erzwingen wollte.

Im Januar 2017 ging er für eine Ablöse von 40 Millionen Euro zu Paris Saint-Germain und hatte das Pech, dass ein halbes Jahr später für die gleiche Position Superstar Neymar verpflichtet wurde – und zwar für eine Ablöse von 222 Millionen Euro.

In großen Spielen bisher meist Bankdrücker

Draxler hatte zwar noch immer seine Einsätze, allerdings meist eher in zentraler Position und nicht immer von Anfang an. In den ganz großen Spielen, zum Beispiel im Pokalfinale gegen Les Herbiers VF oder den Champions-League-Achtelfinal-Spielen gegen Real Madrid, kam er lediglich von der Bank.

Draxler schätzt die Situation dennoch positiv ein: "Ich habe in diesem Jahr für Paris verletzungsfrei 47 Spiele bestritten, also bin ich fit." Ob das genügt, um bei der WM durchzustarten?

Dass er im Mittelfeld auf mehreren Positionen spielen kann und zudem als Führungsspieler gereift ist, lässt seine Chancen steigen. Zumal Mesut Özil aufgrund einer Knie-Verletzung nicht nur das heutige Testspiel gegen Saudi-Arabien, sondern eventuell auch den WM Start verpassen könnte.

Schafft Draxler bei der WM den Sprung zum internationalen Topspieler?

Für Draxler geht es darum, bei der WM nun endlich den Sprung zum internationalen Top-Spieler zu schaffen.

Danach könnte er vielleicht zu einem anderen europäischen Spitzenverein wechseln, wo er zu den absoluten Leistungsträgern zählen würde. Vielleicht könnte er diese Rolle auch in Paris einnehmen, sollte sich Neymar Richtung Real Madrid verabschieden.

Gelingt ihm der Durchbruch allerdings nicht, haftet Draxler schnell das Image des Dauertalentes an. Und das wird man so schnell nicht mehr los.

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