Die deutsche Nationalmannschaft hatte es im zweiten Gruppenspiel bei der WM mit einem echten Kaliber zu tun: Gegen aggressiv spielende Kolumbianerinnen verlor die DFB-Elf 1:2 (0:0) und hat den vorzeitigen Einzug ins Achtelfinale verpasst.

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Die DFB-Frauen haben sich gegen physisch starke Kolumbianerinnen von Beginn an schwerer getan als gegen Marokko im ersten Gruppenspiel und 1:2 (0:0) verloren. Die Mannschaft von Martina Voss-Tecklenburg kontrollierte das Spiel über weite Teile, fand allerdings kein Durchkommen gegen eine kompakt stehende Defensive. Die Südamerikanerinnen hielten vor 40.499 Zuschauern im Sydney Football Stadium gut dagegen und gingen hart in die Zweikämpfe.

Die deutschen Spielerinnen bekamen das zu spüren: Alexandra Popp musste auf dem Platz behandelt werden (15.), auch Lina Magull wurde mehrfach getroffen.

Nelson Abadia, Kolumbiens Trainer, ist noch vom Copa-América-Finale vergangenes Jahr gesperrt und wurde auf der Trainerbank von seinem Co-Trainer Angelo Marsiglia vertreten. Das Team presste hoch und prüfte die deutsche Abwehr mit Schüssen von Stürmerin Mayra Ramirez und Starspielerin Linda Caicedo. Für Abwehrchefin Marina Hegering, die nach Verletzung weiterhin fehlte, stand erneut Sara Doorsoun auf dem Platz. Linksverteidigerin Felicitas Rauch, die durch eine Stauchung im Knie ausfällt, wurde durch Chantal Hagel ersetzt.

Erst ein Foulelfmeter brachte den Ausgleich

Die beste Chance vor der Pause hatte Alexandra Popp, Zweifachtorschützin aus dem ersten Gruppenspiel, die einen abgefälschten Pass von Lena Oberdorf bekam und über den Kasten zog (42.). Die Flügelspielerinnen Jule Brand und Klara Bühl zeigten sich engagiert, wurden aber zu häufig von den Kolumbianerinnen gestoppt. Sie waren es, die direkt nach der Pause das Spiel auf links drehten: Starspielerin Linda Caicedo wirbelte den Ball sehenswert von der linken Strafraumseite ins rechte obere Eck (53.) – Kolumbien führte.

In der Folge war fast nur noch die deutsche Mannschaft auffällig, erst ein Foulelfmeter brachte den Ausgleich. Lena Oberdorf war nach Pass von Lea Schüller allein auf dem Weg vors kolumbianische Tor, als Torhüterin Catalina Perez sie rüde von den Beinen holte. Kapitänin Alex Popp schoss vom Punkt in die Mitte und traf (89.).

In der siebten Minute der Nachspielzeit schraubte sich Manuela Vanegas hoch und köpfte wunderschön in Frohms‘ Tor. Kolumbiens Mannschaft und Fans im Stadion waren in völliger Ekstase.

Die Stars des Spiels: Kolumbiens Stürmerinnen wirbelten

Die 18-jährige Linda Caicedo zeigte, warum sie in ihrem Heimatland ein Star ist. Sie erzielte nicht nur den Führungstreffer, sondern zeigte sich in ständigem Kontakt mit Mayra Ramirez, was für viel Torgefahr sorgte.

Kurz vor Schluss musste Caicedo, die mit 15 Jahren an Eierstockkrebs erkrankte, auf dem Platz behandelt werden, doch sie wollte weiterspielen. Eine Kämpferin eben.

Die Szene des Spiels: Caicedo schockt Deutschland

So schnell kann es gehen: Die Elf von Voss-Tecklenburg kann eine Ecke der Kolumbianerinnen nicht klären, der Ball bleibt im Sechzehner – und gelangt zu Linda Caicedo. Die 18-Jährige dribbelte sich auf der linken Strafraumseite geschickt frei, setzte sich dabei gegen Svenja Huth und Sara Däbritz durch, die beide zu harmlos versuchten, ihr den Ball abzunehmen.

Das Offensivtalent von Real Madrid konnte sich den Ball sogar noch geschickt zurechtlegen und spielte einen wunderschönen Bogen ins rechte obere Toreck. DFB-Torfrau Merle Frohms hatte keine Chance, an den Ball zu kommen. 1:0 für Kolumbien (53.).

Die Lehren des Spiels:

1. Kolumbien kämpft mit Händen und Füßen (und Ellbogen)

Die DFB-Elf war gewarnt: Kolumbiens Testspiel gegen Irland wurde wegen ihres überharten Einsteigens abgebrochen. Auch im zweiten Gruppenspiel kämpfte die Mannschaft von Nelson Abadia mit vielen Mitteln, packte häufiger die Ellbogen aus.

Arias schubste Alex Popp, die an den Rippen behandelt werden musste (15.), Lina Magull lag mehrfach am Boden, auch Jule Brand bekam die Physis der Kolumbianerinnen zu spüren.

2. Brand und Bühl: Variables, aber harmloses Flügel-Duo

Die rechte und die linke Flügelspielerin interpretierten ihre Rollen variabel, wechselten sich auf beiden Seiten ab und harmonierten als Duo. Die 20-jährige Jule Brand zeigte sich dabei noch ein wenig flexibler. Nachdem die Bundestrainerin die etatmäßige rechte Flügelspielerin Svenja Huth nach hinten abgezogen hat, ist die neue Zusammensetzung eine echte Alternative.

Das Spiel gegen Kolumbien zeigte aber auch, dass sich beide mehr Robustheit zulegen und aggressiver werden müssen. Vor allem Klara Bühl fand kaum ein Durchkommen gegen die kolumbianische Abwehr. Schnelle Sprints und eine gute Ballbehandlung reichen nicht.

3. Die Abwehr bleibt ein Problem

Die Sorgen reißen nicht ab: Linksverteidigerin Felicitas Rauch stauchte sich im Training das Knie und fällt erst einmal aus. Abwehrchefin Marina Hegering ist noch nicht wieder fit. Also verteidigte zentral erneut Sara Doorsoun und machte einen mehr als soliden Job in der ersten Halbzeit – mit einer Muskelverhärtung musste sie danach auch raus.

Die international noch unerfahrene Chantal Hagel übernahm die linke Seite. Dabei zeigte sie keine gröberen Fehler, Stabilität und Sicherheit strahlte die Abwehrkette aber nicht aus. Kolumbien kam zu häufig vor den gegnerischen Kasten.

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