Die DFB-Frauen schlagen Österreich nach 0:2-Rückstand noch mit 3:2. Zwischen viel Kampf und spielerischen Problemen sucht das Team von Horst Hrubesch derzeit nach Rhythmus.

Eine Analyse
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Immer einen Schritt zu spät, immer vergeblich auf der Suche nach einer Mitspielerin – die erste Hälfte der DFB-Frauen in Österreich war kein Bewerbungsschreiben für eine Favoritinnenrolle bei Olympia im Sommer.

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Österreich zeigte die Probleme des deutschen Teams gnadenlos auf, presste mit sechs Spielerinnen flexibel und aggressiv weit in der Hälfte der Gäste. Mal mit einer Doppelspitze, mal mit einer einzelnen Angreiferin und einem massiven Mittelfeldblock dahinter – das Team von Irene Fuhrmann verstand es gut, die für Deutschland wichtigsten Zonen zu verengen.

Deutschland wiederum fand keine alternativen Lösungen, lief sich auf den Flügeln fest oder verlor den Ball früh. Mehrfach versuchten die Innenverteidigerinnen Kathrin Hendrich und Sara Doorsoun, das zentrale Mittelfeld zu überspielen und direkt die offensiver positionierten Spielerinnen zu finden. Meist verbunden mit einem Ballverlust oder einem unnötigen Foul.

Einerseits lag das daran, dass die Mittelfeldspielerinnen und Angreiferinnen keine Lücken im Defensivsystem der Österreicherinnen fanden, um sich entsprechend anzubieten. Andererseits fehlte es in der Viererkette von Bundestrainer Horst Hrubesch schlicht an Qualität.

DFB-Frauen haben ein Defensivproblem

Hendrich (VfL Wolfsburg) und Doorsoun (Eintracht Frankfurt) sind beide gute Spielerinnen, die in ihren Klubs auf hohem Niveau spielen. Beide haben aber auch ihre Defizite, wenn es um den Spielaufbau oder eine gewisse Handlungsschnelligkeit geht. Beim 0:1 sah vor allem Doorsoun nicht gut aus, weil sie zu lange brauchte, um eine Entscheidung zu treffen.

Allerdings war auch Hendrich an einigen guten Chancen der Österreicherinnen beteiligt. Hinzu kommt, dass Sarai Linder ihre Stärken in der Offensive hat, defensiv jedoch häufig schlecht positioniert ist oder in Zweikämpfen nicht gut aussieht. Das war nicht nur gegen Österreich so.

Spielt ein Team mit so viel Tempo wie Österreich im ersten Durchgang, kommt Deutschland ins Schwimmen. Auch weil es taktisch keine klaren Abläufe gibt, um die Schwächen der Abwehrspielerinnen etwas besser zu verstecken.

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Horst Hrubesch: Kein moderner Trainer, aber …

Denn rein taktisch betrachtet agiert das deutsche Team recht simpel. Hrubesch ist dahingehend kein moderner Trainer, was mehr als Feststellung und weniger als Vorwurf zu verstehen ist. Der 72-Jährige hat seinem Team mit seiner einfachen und klaren Herangehensweise im ersten Schritt große Sicherheit und auch Selbstvertrauen geben können.

Für den Moment war es genau das, was die DFB-Frauen brauchten. Im nächsten Schritt aber wird Christian Wück nach Olympia daran arbeiten müssen, den Spielerinnen auch taktisch wieder mehr Lösungen an die Hand zu geben.

Gegen Österreich zeigten die Deutschen immerhin Moral und kamen mit viel Einsatz im Pressing, aber auch mit einer gehörigen Portion Glück zum Anschlusstreffer durch Klara Bühl. Auch der Ausgleich fiel kurz nach dem Seitenwechsel durch einen starken Abschluss der Bayern-Stürmerin. Das verunsicherte Österreich und gab den Deutschen etwas mehr Vertrauen in sich.

Halbzeitwechsel und Klara Bühl bringen Deutschland auf Kurs

Auch Hrubesch traf bei den personellen Wechseln gute Entscheidungen, brachte Bibiane Schulze Solano für die schwache Doorsoun und Laura Freigang für die bemühte, aber glücklose Sydney Lohmann. Mit Freigang fand Deutschland etwas häufiger den Weg zwischen die Linien der Österreicherinnen und entlastete damit den eigenen Spielaufbau, weil die Gegenspielerinnen sich automatisch weiter nach hinten orientierten.

Freigang war entscheidend in der Entstehung des Ausgleichs beteiligt und holte den Elfmeter heraus, der den Siegtreffer durch Giulia Gwinn brachte. Die Frankfurterin lief sich im Zentrum häufig frei und fand auch bei Tiefenläufen die richtigen Schnittstellen in der gegnerischen Abwehr.

So auch in der Schlussphase, als sie frei vor Manuela Zinsberger auftauchte, die Entscheidung auf dem Fuß hatte, aber an der Torhüterin scheiterte. Dennoch eine Szene, wie sie Deutschland zuvor nicht einmal hatte, weil offensiv die entsprechenden Läufe fehlten.

Auch Lea Schüller war oft nicht gut eingebunden, hatte so zu wenig Aktionen, um sich in Abwesenheit von Alexandra Popp zu beweisen. Dass die Wolfsburgerin fehlte, ist aber nur bedingt das Problem. Denn auch mit ihr sah das Offensivspiel zuletzt nicht viel flüssiger und kreativer aus. Stattdessen setzte man sehr viel auf Flanken.

Horst Hrubesch: "Haben wir leider im Moment nicht"

Dass das Team dennoch eine Reaktion gezeigt hat, zurückkam und sich in das Spiel gearbeitet hat, spricht für die Spielerinnen. "Für mich geht es darum, dass wir eine Mannschaft kriegen, die zusammenwächst und das haben wir leider im Moment nicht", sagte Hrubesch nach der Partie in der "ARD".

Für den Bundestrainer wird es bis Olympia darum gehen, Rhythmus aufzunehmen sowie im Aufbau- und Offensivspiel ein paar Abläufe hinzubekommen. Auch wenn die Partie gegen Österreich abermals gezeigt hat, dass Deutschland mehr Intensität und mehr Arbeit in seinem Spiel braucht, als es mit der auf dem Papier vorhandenen technischen Qualität nötig wäre, so kann sich das in den Wochen und Monaten vor Olympia noch verändern.

Bisher sei es immer darum gegangen, erfolgreich zu sein, sagte Hrubesch. Der Druck war enorm. Insofern muss man in Deutschland wohl auch einfach lernen, damit umzugehen, dass der Glanz vergangener Tage nicht von heute auf morgen zurückkehren kann.

Die Spielerinnen nehmen ihre Situation jedenfalls an. Österreich trotz eines 0:2-Rückstands mit einer Mischung aus viel Arbeit und etwas Glück noch mit 3:2 zu schlagen, ist daher als weiterer Schritt nach vorn zu werten. Auch wenn man vor allem im ersten Durchgang etwas zu oft den einen Schritt zu spät kam.

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