Steckt der FC Bayern München in einer Krise? Präsident Uli Hoeneß will davon nichts wissen und beschuldigt die Medien, Unruhe von außen reinzubringen. Im Champions-League-Gruppenspiel in Piräus hat der Meister nun die Chance, die sportliche Antwort zu geben.

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Seit dem Kreuzbandriss Niklas Süles in Augsburg geht es beim FC Bayern München ausnahmsweise nicht mehr nur darum, ob Niko Kovac Thomas Müller wieder einsetzt. Mindestens so existenziell erscheint die Frage nach einem geeigneten Stellvertreter für Süle.

"Die Abwehrproblematik wird sich demnächst erledigen, wenn der Martínez auf der Sechs spielt. Dann bekommen wir sowieso in Zukunft wenig Gegentore", beantwortete mit Uli Hoeneß einer die Frage, zu der sich in anderen Vereinen sonst der Trainer äußert.

Kovac nimmt die vermeintliche Einmischung seines Bosses so gelassen, wie er es nach zwei Jahren als Spieler und fast anderthalb Jahren als Trainer des Rekordmeisters inzwischen sein kann - zumindest nach außen.

Kovac: "Ich habe Javi Martínez aufgestellt"

"Er hat niemanden gefordert", spielte Kovac Hoeneß' Ansage vor dem schweren Champions-League-Gang nach Piräus herunter. "Ich habe Javi gebracht, und das war einzig und allein die Entscheidung meines Trainerteams und meiner Person."

"Ich tausche mich mit Uli oft aus. Man muss nicht versuchen, das anders zu interpretieren", warf Kovac den Journalisten zudem vor.

Seit dem mageren 2:2 in Augsburg machen ohnehin Berichte über eine Herbst-Depression des Meisters die Runde. "Wir sind einen Punkt hinter dem Ersten. Wollen Sie uns eine Krise einreden?", kanzelte Hoeneß vor dem Abflug gen Griechenland einen Reporter ab.

Überhaupt: Uli Hoeneß scheidet zwar als Präsident des FC Bayern München am 15. November aus. Zuvor allerdings läuft er nochmals zur Hochform auf.

Vor dem Spiel in Piräus kam er auch auf den medialen Umgang mit Kovacs fortgesetztem Verzicht auf Thomas Müller zu sprechen. "Man zwingt den Trainer, ihn aufzustellen. Das ist einfach eine Schweinerei!", hatte Hoeneß den vermeintlichen Versuch der Medien genannt, Müller in die Mannschaft zu schreiben.

Hoeneß: Medien bringen die Unruhe rein

Wie so oft werde seitens der Berichterstatter versucht, die "Unruhe von außen" in einen Verein hineinzutragen, in dem "totale Ruhe" herrsche. Das Gerede von der Krise sei "Käse".

Unstrittig aber ist, dass die Mannschaft zu sorglos mit ihren zahlreichen Torchancen umgeht. Darin sind sich auch Kovac und Hoeneß einig. "Das ist die Einstellung. Man muss geil sein auf die Tore", sagte der Präsident - und stellte somit indirekt die ligaweit in der laufenden Saison gerne diskutierte Frage nach der Mentalität.

Die ist im Hexenkessel des Karaiskakis-Stadions besonders gefragt. Die Bayern wollen nach dem 3:0-Heimsieg über Roter Stern Belgrad und der 7:2-Gala von Tottenham den nächsten Schritt Richtung Achtelfinale machen.

"Die Benchmark ist das Spiel in Tottenham, daran muss man sich orientieren", sagte Sportdirektor Hasan Salihamidzic, wohl wissend, dass es seit diesem Ausreißer nach oben ein 1:2 daheim gegen Hoffenheim und jenes 2:2 in Augsburg gab.

In der Königsklasse ist der FC Bayern klar Erster, steht in der Liga aber mit nur vier Siegen und 15 Zählern nach acht Ligapartien national so schlecht da wie zuletzt im Herbst 2010 unter Trainer Louis van Gaal.

Die Gegentorbilanz erinnert gar an die Zeit von Jürgen Klinsmann. Beide Trainer waren am jeweiligen Saisonende nicht mehr im Amt.

Um Kovac dieses Schicksal zu ersparen, muss dessen Star-Ensemble in Griechenland eine Reaktion zeigen. Seit zehn Auswärtsspielen in Europa sind die Münchner ungeschlagen, eine weitere Partie würde den Vereinsrekord bedeuten.

Kommt Thomas Müller ins Team?

Vor vier Jahren gewannen die Bayern in der Gruppenphase 4:0 und 3:0 gegen Olympiakos. In der guten, alten Müller-Zeit bejubelte dieser damals drei Tore. Ob der Weltmeister von 2014 es nach zuletzt sechs Bank-Frusterlebnissen am Stück wieder in die Startelf schafft, ist fraglich.

Kovac will sich davon nicht beeinflussen lassen, versicherte aber, dass Müller auch seine Einsätze bekommen werde. "Ich weiß, welche Wertigkeit er hat", ließ Kovac wissen, um dann einen Satz hinzuzufügen, der ähnliches Stirnrunzeln auslöste, wie jene "Not-am-Mann"-Bemerkung Richtung Müller nach der Hoffenheim-Pleite.

"Das hat er letztes Jahr bewiesen", sagte Kovac über einen Spieler, der bereits 2010 Torschützenkönig der WM war, 2014 Weltmeister wurde und für den FC Bayern München seinen Wert mit aktuell 228 Pflichtspieltoren und 172 Vorlagen schon lange vor der Saison 2018/19 erwiesen hatte.

Mit Material der dpa und der AFP
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