Der FC Bayern München will im Sommer 2019 aufrüsten wie noch nie. Ist 80-Millionen-Euro-Talent Nicolas Pépé der Richtige?

Steffen Meyer
Eine Kolumne
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Bayern-Präsident Uli Hoeneß nutzt die laufende Länderspielpause mal wieder für die ein oder andere Kampfansage.

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Die Bayern wollten im Sommer investieren wie noch nie. "Wir sind gerade dabei, unsere Mannschaft zu verjüngen. Das ist das größte Investitionsprogramm, das der FC Bayern je hatte", sagte Hoeneß unter der Woche.

Dazu passen die Gerüchte, die ebenfalls in diesen Tagen durch die Medienlandschaft wabern. 80 Millionen Euro soll der FC Bayern angeblich bereit sein, für Nicolas Pépé auszugeben. Nicolas wer? Genau.

Ligue 1: Nur Kylian Mbappé trifft häufiger

Pépé kam 2017 zum OSC Lille und vermied in der Vorsaison nur mit Mühe und Not den Abstieg aus der französischen League 1.

Inzwischen hat sich das Blatt gewendet. Lille liegt in der laufenden Saison auf Platz zwei, hinter den übermächtigen Hauptstädtern von Paris Saint Germain.

Hauptverantwortlich für die gute Platzierung des OSC? Nicolas Pépé. 17 Tore und 8 Assists in 29 Spielen sprechen eine deutliche Sprache. Der 23-Jährige ist in Frankreich die Entdeckung dieser Saison. Statistisch ist nur einer besser. Frankreichs Superstar Kylian Mbappé.

Pépé ist grundsätzlich in der Tat für den FC Bayern ein sehr interessanter Spieler. Der Linksfuß spielt auf der rechten offensiven Seite und hat alles, was ein Flügelstürmer heute braucht: ein wahnsinniges Tempo, einen guten Abschluss und eine Prise Genialiät im Dribbling.

Der Mann, der für die Nationalmannschaft der Elfenbeinküste spielt, agiert am liebsten mit ordentlich Raum vor ihm. Den nutzt er, um Tempo aufzunehmen und häufig überforderte Abwehrspieler zu überlaufen oder zu umspielen.

Kaum ein Spieler wird in Frankreich häufiger gefoult. Ebenfalls ein Qualitätsnachweis, der für seine Überlegenheit in direkten Duellen spricht. Wer einen Vergleich benötigt, sollte an den ehemaligen Dortmunder Ousmane Dembélé denken. Das Spiel der beiden ähnelt sich in Pépés besten Momenten sehr.

An knapp sechs Torschüssen ist Pépé pro Spiel beteiligt. Ein guter Wert für einen Flügelspieler. Defensiv ist sein Spiel hingegen längst nicht ausgereift – auch, wenn sein Tempo ihm auch hier hilft.

Der FC Liverpool muss der Maßstab sein

Es ist logisch, dass die Bayern ihren wohl teuersten Transfer für den Flügel reserviert haben. Hier ist der Bedarf für ein Upgrade nach dem feststehenden Abgang von Arjen Robben und dem erwarteten Abschied von Franck Ribéry am größten.

Zwar überzeugen Serge Gnabry und der häufig verletzte Kingsley Coman durchaus, doch Weltklasse-Spieler, die zu den Top 5 auf ihrer Position gehören, sind sie noch nicht.

"Für einen einzelnen Spieler können es auch mal 60 bis 80 Millionen Euro sein", steckte Hoeneß die finanzielle Schmerzgrenze des FC Bayern ab. In diesen Regionen muss sich der Verein inzwischen bewegen, wenn er Nicolas Pépé nach München locken will.

Trotzdem muss die Frage erlaubt sein: Ist Pépé wirklich die Antwort, wenn der FC Bayern einen Spieler sucht, der in Zukunft in Champions League-Spielen gegen den FC Liverpool den Unterschied machen soll? Ich bin nicht überzeugt.

Pépé ist als Spielertyp interessant, aber es fehlt bisher der Nachweis, dass er auf allerhöchster Ebene genauso funktioniert wie in Frankreich.

Zu Buche stehen im Kern eineinhalb gute Saisons in der League 1. Auch seine Torquote wirkt bei einem genaueren Blick auf die Entstehung seiner Treffer nicht wirklich nachhaltig.

So waren in dieser Saison unter seinen 17 Toren immerhin sieben Strafstöße und eine Reihe von klassischen Konter-Toren, die es in München so eher selten gibt.

So fehlt insgesamt das Besondere, das Pépé von vielen dribbelstarken und günstigeren Spielern auf seiner Position unterscheidet.

Nicolas Pépé: Bei diesem Preis überwiegen die Zweifel

Nun ist das für einen 23-Jährigen nicht ungewöhnlich, könnte man argumentieren. Er kann weiter wachsen. Doch wenn der FC Bayern für einen Spieler in Rekordsphären aufsteigen und bis zu 80 Millionen Euro ausgeben will, dann sollte er sich sehr, sehr sicher sein, dass dieser Transfer sitzt.

Denn selbst wenn der FC Bayern finanziell gut da steht: Der Klub kann solche Mega-Transfers - zu denen ja auch noch eine enorme Gehaltssumme hinzukommt - nicht jedes Jahr stemmen.

Insofern sind auch Hoeneß' öffentliche Aussagen nicht wirklich klug. Inzwischen dürfte jeder Verein in Europa wissen, dass die Bayern bereit sind, viel Geld auszugeben. Das stärkt die Verhandlungsposition nicht wirklich.

So sind Summen wie die kolportierten 80 Millionen Euro für Pépé zu erklären. Ist Pépé sie wirklich wert? Für mich überwiegt der Zweifel.

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