• In den vergangenen sieben Pflichtspielen musste der FC Bayern sechs Mal einen 0:1-Rückstand aufholen.
  • Muss Bayern-Coach Hansi Flick in den kommenden Wochen von wesentlichen Elementen seiner Triple-Taktik abweichen?
  • Es spricht sehr viel dafür. Denn Bayerns Plan A funktioniert derzeit nicht.
Steffen Meyer
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht des Autors dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.

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Die Erleichterung nach dem 3:3 im Topspiel gegen RB Leipzig war groß beim FC Bayern. Mit dem Unentschieden konnten Spieler und Verantwortliche am Ende sehr gut leben. Thomas Müllers Ausgleich sicherte dem Rekordmeister die Tabellenführung in einem Spiel, das die Elf von Hansi Flick ohne Weiteres auch hätte verlieren können.

Bayern in den vergangenen Wochen sechs Mal in Rückstand

Zweimal lagen die Münchner im Verlauf der Partie zurück. Eine Erfahrung, die sie in den vergangenen Wochen viel häufiger machen mussten als ihnen lieb sein kann. In den vergangenen sieben Pflichtspielen mussten die Mannen um Kapitän Manuel Neuer sechs Mal (!) einen 0:1-Rückstand aufholen.

Drei dieser Spiele endeten Unentschieden. Drei konnten die Bayern am Ende noch gewinnen. Nachhaltig ist das natürlich nicht. Zumal die angeschlagenen Münchner zurzeit eigentlich Kräfte sparen müssten, anstatt regelmäßig mit großen Kraftanstrengungen Spiele zu drehen.

Auch wenn Niederlagen vor allem dank der exzellenten Moral der Mannschaft bisher ausgeblieben sind, zeigen die vielen Rückstände ein tieferliegendes Problem. Der Plan A der Bayern funktioniert zurzeit nicht.

So spektakulär das tempogeladene Ganzfeldpressing der Münchner im Frühjahr und Frühherbst aussah, so schwerfällig und lückenhaft wirkt es im Moment. Das hat natürlich mit Verletzungen zu tun. Flick muss seine Viererkette quasi im Dreitagesrhythmus umbauen.

Dazu hat die schwere Verletzung von Joshua Kimmich im Mittelfeldzentrum ein Loch gerissen. Auch Thiagos Abgang hat hier seine Spuren hinterlassen - zumal Neuzugang Marc Roca offenbar nicht das volle Vertrauen von Flick genießt. Dazu fehlt derzeit auch die Zeit, Dinge im Training einzustudieren oder zu schärfen.

Gegen Leipzig war zu sehen, dass Flicks System - das in der aktuellen Saisonphase ohnehin schon etwas weniger aggressiv interpretiert wird als noch vor einigen Monaten - nicht unabhängig vom Personal funktioniert. Javi Martinez und Leon Goretzka sollten gemeinsam den Anker vor einer weit vorgeschobenen Viererkette bilden.

Das funktionierte überhaupt nicht. Vor allem, weil Julian Nagelsmann ohne echten Stürmer agierte und dafür eine Reihe von beweglichen und spielstarken Offensivspielern für sein schnelles Umschaltspiel nutzte. Die Bayern waren damit sichtlich überfordert.

Hohe Viererkette wird für FC Bayern zum Risiko

Erst die Hereinnahme von Jamal Musiala nach 25 Minuten sorgte für dringend notwendige Entlastung, weil Bayern so zumindest bei eigenem Ballbesitz das Zentrum stärker bestimmen konnte als zuvor mit Martinez. Trotzdem rollten, wie schon in den Vorwochen, auch in der Folgezeit immer wieder vielversprechende Konterdurchbrüche auf Manuel Neuers Tor.

Es wirkt derzeit so, als könne die Mannschaft sich nicht richtig entscheiden welche Art Fußball sie spielen möchte. Die Viererkette um Jerome Boateng schiebt immer noch extrem hoch und rückt regelmäßig bis zur Mittellinie vor, wie sie es aus der Triple-Saison gewohnt war. Doch davor stimmen derzeit weder die Abstände noch die Intensität im Pressing.

Zumindest nicht konstant. Hohe Ballgewinne werden weniger. Wenn dann noch leichte Ballverluste nach ungenauen oder weit geschlagenen Bällen dazu kommen, wie gegen Leipzig, wird die hohe Viererkette zur ständigen Gefahr für das eigene Tor.

Rückt Flick von der Triple-Taktik ab?

Das nutzten nicht nur Leipzig, sondern in den vergangenen Wochen auch deutlich schwächere Teams wie der SV Werder Bremen oder der VfB Stuttgart für ungewöhnlich viele gute Torchancen. Das letzte Spiel ohne Gegentor liegt inzwischen auch schon sechs Wochen beziehungsweise neun Spiele zurück.

Flick sprach das Problem auf der Pressekonferenz nach dem Leipzig Spiel durchaus eindeutig an. "Wir haben in der letzten Saison immer mit der gleichen Viererkette gespielt. In dieser Saison müssen wir schon das ein oder andere Mal wechseln und da kann es sein, dass die Abstimmung nicht so stimmt. Das hat auch damit zu tun, dass wir sehr hoch agieren und dem Gegner so natürlich Chancen bieten. Wir müssen im Trainerteam jetzt besprechen, ob wir hier etwas ändern", erklärte Flick direkt nach dem Spiel.

Der Fußball der Münchner in der Triple-Saison gehörte zum besten und spektakulärsten was der Club in seiner langen Geschichte gespielt hat. Für die kommenden Wochen sollte Flick dennoch davon abrücken und seine eigene Mannschaft so entlasten, mindestens bis zur Rückkehr von Joshua Kimmich.

Weniger Risiko, mehr Kontrolle mit dem Ball und mehr Absicherung gegen Konter können der Mannschaft in dieser Phase helfen, um auch ins Jahr 2021 als Tabellenführer zu starten. Denn auf Dauer wird es auch dem FC Bayern nicht gelingen, Woche für Woche Rückstände aufzuholen und zu drehen.

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