• Borussia Dortmunds Ausscheiden nur an der diskutablen Elfmeterszene festzumachen, greift zu kurz.
  • Der BVB zeigte auf diesem Niveau zu viele strukturelle Probleme und konnte auch nicht auf seine Anführer zählen.

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Natürlich kochten die Emotionen beim einen oder anderen noch hoch. Erst bei Marius Wolf, der sich gegen Ende der Partie beim FC Chelsea noch eine Privatfehde mit Ben Chilwell leistete und dann vor allen Dingen bei Matthias Sammer und Emre Can.

Beide bemühten sich gar nicht erst um Diplomatie in der Bewertung einer letztlich sehr spielentscheidenden Szene und attackierten stattdessen Schiedsrichter Danny Makkelie mit unverblümt scharfen Worten. Tatsächlich waren die Entscheidungen des Niederländers rund um den Elfmeter, der zum 2:0 und damit dem Weiterkommen für die Blues führte, diskutabel. Der Dortmunder Ärger deshalb auch verständlich.

Mit etwas Abstand und einer nüchternen Betrachtung muss man aber auch konstatieren, dass Borussia Dortmund zu Recht im Achtelfinale der Champions League ausgeschieden ist - weil der FC Chelsea in beiden Spielen die jeweils bessere Mannschaft war.

Dortmund kostet von der eigenen Medizin

Eine "großartige Leistung" brauche seine Mannschaft, um an der Stamford Bridge zu bestehen. Das hatte BVB-Sportchef Sebastian Kehl noch vor dem Abflug prophezeit. Von einer großartigen Leistung war das Team dann aber Dienstagnacht ein ganzes Stück entfernt.

Die Borussia hatte früh mit Personalsorgen zu kämpfen, Keeper Gregor Kobel musste doch noch einmal passen und nach nur zwei Minuten verletzte sich mit Julian Brandt einer der formstärksten Spieler am Oberschenkel. Besonders Brandts Ausfall erklärt ein gutes Stück fehlender individueller Klasse. Es erklärt aber nicht die zahlreichen strukturellen Probleme, die die Mannschaft immer wieder zeigte.

Wie beim ersten Gegentor, als die Mannschaft im eigenen Strafraum zwar klar in Überzahl war, das Zuordnen zum Gegenspieler aber völlig missachtete. Alle Dortmunder Spieler schauten nur zum Ball und verteidigten den Raum - während sich im Rücken gleich der Blaue ohne direkten Gegenspieler in Position bringen durften.

Was sich Edin Terzic von seiner Mannschaft wünschte, nämlich den Gegner durch die Positionierung der Mittelfeldspieler und Angreifer im eigenen Ballbesitz in Entscheidungszwang zu bringen, musste dann der BVB selbst erfahren: Es war nicht so ganz klar, wo Emre Can denn nun letztlich spielen sollte. Blieb Can im Mittelfeld an der Seite von Salih Özcan, fehlte in der Absicherung ein Spieler gegen die langen Bälle der Gastgeber und Nico Schlotterbeck und Niklas Süle konnten nicht auf die sich kurz anbietenden Kai Havertz und Joao Felix rausschieben.

Ließ sich Can, wie im Lauf des Spiels dann immer wieder zu sehen, zwischen die Innenverteidiger fallen, ergaben sich im Zentrum so große Räume, die Özcan und Bellingham kaum noch zulaufen konnten.

Probleme in der Restverteidigung

Die Dortmunder rannten im eigenen Ballbesitz sich in der ersten Halbzeit immer wieder im Zentrum fest, statt den Weg über die Halbräume und die Flügel zu suchen und luden mit ihren dann aufgerückten Außenverteidigern den Gegner förmlich zum Kontern ein. Chelsea war im geordneten Ballbesitz nicht besonders sattelfest oder gar kreativ, in den Umschaltmomenten mit den sich herausragend gut bewegenden Havertz und Felix aber eine ständige Gefahr.

Zumal die Dortmunder Restverteidigung wie schon so oft in dieser Saison erhebliche Probleme beim Halten der Höhe zeigte, sprich: Es fiel immer wieder ein Spieler der Viererkette einen oder zwei Meter tiefer als die anderen drei und hob so das Abseits beinahe auf. Ein paar Mal ging das wie in den letzten Wochen schon gut. Ein Dauerzustand dürfen diese Abstimmungsprobleme aber nicht werden. Schon gar nicht auf diesem Niveau.

Zu wenige Spieler am Leistungslimit

Chelsea wäre trotz seiner enormen individuellen Klasse besonders in der Offensive ein schlagbarer Gegner gewesen. Das zeigten die Probleme der Mannschaft beim tiefen Verteidigen und in besagten Offensivsequenzen. Aber die Borussia war weder im Kollektiv noch mit seinen Einzelspielern in der Lage, daraus Kapital zu schlagen.

Zwar versuchte es die Mannschaft nach dem 0:2-Rückstand und nach einigen Wechseln vermehrt über die Flügel. Die Besetzung des gegnerischen Strafraums war aber bis tief hinein in die Schlussphase ungenügend, das Nachrücken der Achter und von Marco Reus und dem für Brandt eingewechselten Giovanni Reyna zu zögerlich.

Überhaupt waren Reus nur bei einem ordentlichen Freistoß und Jude Bellingham bei der zweiten guten Dortmunder Chance auffällig. Ansonsten erwischten auch die Führungsspieler keinen besonders guten Abend. Und wenn dann weder die inhaltlichen Punkte gut umgesetzt sind, noch individuelle Highlights gesetzt werden, ist selbst ein mittelmäßiger Gegner wie der FC Chelsea eine Nummer zu groß für die Borussia.

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Terzic: "Zwei Spiele auf Augenhöhe"

Trainer Edin Terzic, der sich jede Kritik am Schiedsrichter verkniff, sah trotzdem "zwei Spiele auf Augenhöhe". Das Ausscheiden sei unfassbar bitter, "wir sind extrem enttäuscht. In der zweiten Halbzeit haben wir sehr dominant gespielt." Eine grundsätzlich richtige Einschätzung, die sich allein schon anhand fast aller Statistiken belegen lässt.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass seine Mannschaft auch in dieser Druckphase bis auf Bellinghams Chance kaum einmal gefährlich werden konnte. Vielleicht war der Trainer deshalb auch in der abschließenden Betrachtung hin- und hergerissen. "Es ist verdient, dass Chelsea weitergekommen ist", sagte Terzic. "Aber wir hätten es genauso verdient."

Verwendete Quellen:

  • ruhrnachrichten.de: BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl vor dem Chelsea-Spiel "In Europa ein Ausrufezeichen setzen"
  • bvb.de: Terzic: "Es waren zwei Spiele auf Augenhöhe"
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