• Das 13. Saisonrennen in Ungarn verdeutlicht, warum Max Verstappen wohl erneut den Titel holen wird.
  • Red Bull Racing ändert vor dem Start spontan die Strategie, und Verstappen fliegt von Startplatz zehn zum Sieg.
  • Parallel vergeigt Ferrari die Strategie mal wieder komplett.

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Max Verstappen spürte es. Auf der Runde zur Startaufstellung zum 13. Saisonrennen in Ungarn fühlte der Niederländer Probleme mit dem Grip, sein Red-Bull-Renner rutschte mehr, als er sollte. Der Weltmeister teilte seinem Team daher noch vor dem Start mit, dass man niemals wie ursprünglich geplant auf harten Reifen starten könne. Gesagt, getan: Verstappen nahm den Grand Prix auf der weichen Mischung in Angriff, der harte Reifen kam gar nicht zum Einsatz. Eine goldrichtige Entscheidung, die symptomatisch für den Unterschied zu Ferrari bei einem elementaren Teil des WM-Kampfes steht - der Strategie.

"Das mit Abstand Wichtigste war, die richtigen Reifen zu nehmen, um den Grip zu haben", sagte Verstappen, der auch dank der Strategie von Startplatz zehn aus förmlich zum Sieg flog. "Deshalb auch ein Lob an das Team, weil wir die Strategie erst anders geplant hatten, uns dann aber noch schnell umentschieden haben. Dies stellt dem Team ein gutes Zeugnis aus - dass wir eben die Selbstsicherheit haben, uns für einen anderen Weg zu entscheiden und aus diesem Weg einen Sieg machen", so Verstappen.

Außerdem passte das Timing, Verstappen kam zum richtigen Zeitpunkt an die Box, wo dann auch die Reifenwechsel fehlerfrei über die Bühne gingen. Ein titelreifer Auftritt. Verstappen brachte es auf den Punkt: "Es geht um die Details."

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Extralob für Chefstrategin Hannah Schmitz

Und zwar nicht nur unmittelbar auf der Strecke. Ebenso essenziell sind ein klarer Kopf bei den Strategen an der Boxenmauer, der richtige Durchblick, Ruhe, die richtigen Entscheidungen und die notwendige Flexibilität. "Das ist unglaublich wichtig, wenn man um einen Titel kämpfen will. Da kann man sich nicht viele Fehler leisten", sagte Verstappen. Und verteilte ein Extralob an Red Bulls Chefstrategin Hannah Schmitz, die im Hintergrund einmal mehr erfolgreich die Fäden zog. "Hannah war heute wahnsinnig ruhig. Ja, sie ist sehr gut."

Ferrari hätte im übertragenen Sinne gerne eine Hannah Schmitz, denn die Italiener haben die Strategie in Ungarn einmal mehr versemmelt. Die Patzer der Roten ziehen sich wie eine nicht enden wollende Tragik durch die bisherige Saison. Hin und wieder verbockt es WM-Kandidat Charles Leclerc selbst, doch viel öfter ist es der Kommandostand um Teamchef Mattia Binotto, der Rennen und mögliche Siege wie in Ungarn strategisch buchstäblich vor die Wand fährt - eingerahmt von einem Auto, das zu oft herumzickt.

Charles Leclerc kritisiert Ferrari-Strategie

Diesmal war es vor allem die Entscheidung in Runde 39, Leclerc in Führung liegend die von Red Bull Racing verschmähten harten Reifen aufzuziehen. Es war eine Reaktion auf einen unmittelbar zuvor erfolgten Stopp von Verstappen, und da Leclerc zwei Mal die Medium-Mischung genutzt hatte, kam zu dem Zeitpunkt nur der harte Reifen in Frage. Doch der funktionierte - wie von Verstappen vor dem Rennen angemerkt - überhaupt nicht, Leclerc kam anschließend mit den Pneus nicht in Fahrt, legte einen weiteren Stopp ein, um den Fehler zu korrigieren. Doch da war es schon zu spät. Er wurde am Ende Sechster. Und sparte nicht mit Kritik.

"Wir müssen mit dem Team sprechen und mal schauen, was die Ideen dahinter waren. Ich war recht stark auf den Medium-Reifen, es war alles unter Kontrolle aber aus irgendeinem Grund sind wir auf den harten Reifen umgestiegen", so Leclerc, der noch am Funk sagte, dass er möglichst lange auf den Reifen bleiben wolle, um später dann auf weiche Reifen gehen zu wollen: "Ich weiß nicht, wieso wir eine andere Entscheidung getroffen haben. Wir hätten nicht [auf Verstappen] reagieren sollen." Bei seinem Teamkollegen Carlos Sainz vermied man nach den Leclerc-Problemen den Fehler, er wurde von Startplatz zwei aus letztendlich aber auch nur Vierter.

Ferrari reiste als Topfavorit nach Ungarn und stürzte im Rennen brutal ab. Sainz schob das auf das Auto, auch Binottos Analyse ging in diese Richtung. Die Reifen, speziell der harte am Ende, hätten stark abgebaut und das Auto habe sich nicht wie erwartet verhalten, merkte der Italiener an, und mutmaßte, dass dies an den kühleren Bedingungen gelegen haben könnte. "Das Auto hat nicht funktioniert wie erwartet. Ich glaube es wäre egal gewesen, welche Reifen wir gefahren wären", sagte Binotto und kündigte mal wieder an, die Fehler aufzuarbeiten: "Wir werden das analysieren und unsere Schlüsse ziehen."

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Keine Schadenfreude beim Gegner

Das Problem: Geholfen hat das analytische Vorgehen bislang nicht, viele Fehler wiederholen sich, neue kommen hinzu. Weshalb Sky-Experte Ralf Schumacher halb-böse, halb-analytisch anmerkte, der größte Helfer im Titelkampf für Verstappen und Red Bull sei Ferrari. Für Binotto werde es nicht leicht, glaubt Schumacher: "Es sind zu viele Kleinigkeiten, die schiefgegangen sind, es gibt zu viele technische Probleme. Wenn man schon so ein Geschenk bekommt, wieder ein Wörtchen um den WM-Titel mitreden zu können und das so gefährdet und wegwirft, dann tut das weh."

Und wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Als Verstappen, der Zweite Lewis Hamilton und der Dritte George Russell (beide Mercedes) im "Cooldown-Room" vor der Podiumszeremonie das Überholmanöver von Verstappen gegen Leclerc sahen, fragte Hamilton, ob Leclerc tatsächlich auf harten Reifen unterwegs gewesen sei. Verstappen bestätigte und das Trio musste lachen.

Später wurde Verstappen gefragt, ob Ferrari ihm mit den vielen Fehlern im WM-Kampf geholfen habe. So weit will er dann nicht gehen. "Jeder versucht immer, das Beste zu machen. Das ist aber nicht in jedem Grand Prix möglich. Ich weiß nicht so recht, was ich dazu sagen soll. Keiner macht doch absichtlich Fehler. Und wir haben ja auch einige Punkte liegenlassen", sagte er und stellte klar: "Ich würde nie so weit gehen und behaupten, Ferrari helfe uns".

Durchhalteparolen bei Ferrari

Nicht wegzudiskutieren sind aber seine 80 Punkte Vorsprung auf Leclerc nach 13 und bei noch verbleibenden neun Rennen. Binotto bleiben nur Durchhalteparolen. "Die WM ist nicht vorbei", sagte er. "Es liegt noch immer ein langer Weg vor uns. Wir müssen uns auf uns konzentrieren und versuchen, uns zu verbessern." Selbst wenn das tatsächlich nach der Sommerpause endlich gelingen sollte - für 2022 dürfte es zu spät sein.

Verwendete Quellen:

  • Pressekonferenzen
  • TV-Übertragung Sky
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