• Mit dem Ende der Regierungszeit von Angela Merkel ist auch die Zeit von Regierungssprecher Steffen Seibert zu Ende gegangen.
  • Der 61-Jährige war länger im Amt als jeder seiner Vorgänger. Er bekleidete das Amt seit 2010.
  • Was macht Steffen Seibert jetzt, wie groß sind die Fußstapfen, die er hinterlässt und wer ist sein Nachfolger?

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Angela Merkels Zeit als Bundeskanzlerin endete nach 16 Jahren. Den Rekord des großen CDU-Kanzlers Helmut Kohl verpasste die Physikerin um nur wenige Tage. Ihr Regierungssprecher Steffen Seibert hat es dagegen geschafft. Keiner war bislang länger im Amt als Seibert, der seit 2010 an der Seite von Angela Merkel stand.

Der 61-Jährige wurde in dieser Zeit zum zentralen medialen Repräsentanten der Bundesregierung. Als Leiter des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung nahm er an über 1000 Bundespressekonferenzen (BPK) teil und machte sich einen Namen als souveräner und besonnener Sprecher. Im Auftreten war er seiner Chefin Angela Merkel ähnlich.

Steffen Seibert: Der Mann der BPK und Merkels Langstreckenläufer

Genau wie die Bundeskanzlerin präsentierte sich Seibert mal als klarer Kommunikator mit deutlichen Ansagen und präzisen Auskünften, mal blieb er allgemein und vage. Die diplomatische und bisweilen auch nichtssagende Kommunikation war auch Thema auf der letzten Bundespressekonferenz von "Merkels Langstreckenläufer", wie ihn einst die "Süddeutsche Zeitung" nannte.

Der BPK-Vorsitzende Mathis Feldhoff kommentierte am 6. Dezember 2021 in Richtung Seibert: "Nicht immer waren Ihre Antworten auf unsere Fragen wirklich erschöpfend. Nicht immer waren wir mit Ihren Antworten zufrieden." Doch der ZDF-Journalist übte auch Selbstkritik: "Nicht immer waren alle Fragen von tiefer journalistischer Tragweite."

Ex-Regierungssprecher Seibert: Bundespressekonferenz ist "gutes Stück Demokratie"

Die Institution der Bundespressekonferenz ist ein international beneidetes Format und für Seibert war sie eine seiner Hauptaufgaben. Drei Mal in der Woche musste er sich in einer von Journalistinnen und Journalisten organisierten Pressekonferenz den Fragen der Medien stellen, auf die die Bundesregierung keinen Einfluss hat. Im Prinzip darf dort alles gefragt werden.

Nicht ohne Grund bezeichnete Seibert diese Institution deshalb als "gutes Stück Demokratie". So nehmen Journalistinnen und Journalisten aus aller Welt an der BPK teil und nutzen die journalistische Freiheit, die nicht überall in dieser Form gegeben ist. "Was es in den meisten Ländern gibt, sind Regierungen, die meist nach ihren Kabinettssitzungen eine Pressekonferenz anbieten und die dabei selber bestimmen, wer fragt und wie lange", erklärte Seibert.

Steffen Seibert: Start der Karriere beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk

Der nun ehemalige Regierungssprecher ist in München geboren und studierte nach seinem Abitur und einem Jahr Zivildienst an der Universität Hamburg Geschichte, Literaturwissenschaften und Öffentliches Recht. Auch die berühmte London School of Economics findet sich in seinem Lebenslauf. Im Jahr 1988 begann er dann sein Volontariat beim ZDF und damit seine journalistische Karriere.

Beim ZDF arbeitete er als Auslandskorrespondent in Washington D.C. und kam nach drei Jahren im Ausland als Moderator unter anderem beim "ZDF-Morgenmagazin" zum Einsatz. Als Redaktionsleiter war er für die Sendungen "hallo deutschland" und "ZDF-Reporter" verantwortlich. Viele Deutsche kennen ihn außerdem durch seine Moderation der ZDF-Sondersendung beim Anschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001, für die er mit der "Goldenen Kamera" als "Shootingstar" des Jahres 2001 ausgezeichnet wurde.

Steffen Seibert: Vom ZDF zum Regierungssprecher

Seibert machte sich nach und nach einen Namen als couragierter und integrer Journalist und moderierte von 2003 bis 2010 die "heute"-Nachrichten, sowie das "heute journal". Das blieb auch der Bundesregierung um Angela Merkel nicht verborgen. Angeblich wurden die Berater der Kanzlerin durch einen Tipp des Chefredakteurs der "Zeit", Giovanni di Lorenzo, auf Steffen Seibert aufmerksam. Im Jahr 2010 folgte Seiberts Wechsel in die Politik.

Er übernahm das Amt des Regierungssprechers von seinem Vorgänger Ulrich Wilhelm und wurde zunächst als Newcomer von der Presse kritisch beäugt und als "Problem für die Kanzlerin" ("Tagesspiegel") schon beinahe aus dem Amt geschrieben. Wilhelm, der von 2005 bis 2010 Chef des Bundespresseamtes und Regierungssprecher war, wurde im Jahr 2011 Intendant des Bayerischen Rundfunks (bis 2021) und war von 2018 bis Dezember 2019 sogar Vorsitzender der ARD.

Problematische Verzahnung: Politik und öffentlich-rechtlicher Rundfunk

Der Wechsel von Wilhelm schlug hohe Wellen, von einer zu engen Verzahnung von eigentlich unabhängigem Journalismus und der Politik ist die Rede. Da Seibert selbst mit seinem Wechsel in die Politik auch Mitglied der CDU wurde und mit "heißem Herzen", wie er auf seiner ersten BPK im Jahr 2010 erklärte, zu Angela Merkel ging, scheint vor diesem Hintergrund eine Rückkehr zum ZDF nicht zu erwarten zu sein.

Als Seibert 2010 das ZDF verließ, wurde sein Vertrag allerdings nicht aufgelöst, sondern lediglich ruhen gelassen, wie der "Spiegel" im Jahr 2016 berichtete. Ihm wurde ein "allgemeines Rückkehrrecht" zum Sender eingeräumt. Das bestätigte auch ein ZDF-Sprecher. Doch nach Informationen von "t-online" gab es zwischen dem Sender und Seibert bislang keine Gespräche über eine neuerliche Aktivierung seines Vertrages. Es gebe "keine Planungen für eine Rückkehr."

Steffen Seibert: Seine Zukunft ist noch ungeklärt

Was also macht Steffen Seibert in Zukunft? Auf Anfrage von "t-online" antwortete er mit einem sehr vagen Statement: "Sollte es eines Tages etwas zu meiner beruflichen Zukunft zu sagen geben, werde ich das zum gegebenen Zeitpunkt auch sagen." Es spricht also alles dafür, dass sich Seibert zunächst einmal aus der Öffentlichkeit zurückziehen wird. So hatte er auch auf seiner letzten Bundespressekonferenz alle Nachfragen nach seiner Zukunft abgeblockt: "Also, wir bleiben mal schön dabei, dass wir hier über Regierungspolitik berichten."

Unter seinen Vorgängern lassen sich verschiedene Karrierewege beobachten. Uwe-Karsten Heye, der als Regierungssprecher (1998-2002) von Gerhard Schröder bekannt geworden war, war von 2003 bis 2005 als Generalkonsul in New York tätig und machte als Autor von sich reden. Béla Anda, der als Nachfolger von Heye unter der rot-grünen Koalition von 2002 bis 2005 Regierungssprecher war, arbeitete drei Jahre als stellvertretender Chefredakteur der "Bild" (2012-2015) und hat sich inzwischen mit einer PR-Firma selbstständig gemacht.

Steffen Seibert: Sein Nachfolger war ebenfalls Journalist

Finanziell hat Seibert jedenfalls den notwendigen Spielraum, sich Zeit zu lassen. Er wird mit dem Ausscheiden der Bundesregierung in den vorzeitigen Ruhestand versetzt und nach dem Beamtenversorgungsgesetz bezahlt. Scheidet nämlich ein beamteter Staatssekretär nach einem Regierungswechsel aus, erhält er in den ersten drei Monaten das volle Gehalt und in der Zeit danach dann ein laut "Spiegel" "ansehnliches Ruhegehalt".

So sind auch seine persönlichen Social-Media-Pläne, wie Seibert verrät, noch nicht existent. Den offiziellen Twitteraccount des Regierungssprechers hat er jedenfalls bereits an seinen Nachfolger Steffen Hebestreit übergeben. Hebestreit war bereits Sprecher des Bundesfinanzministeriums unter Olaf Scholz und zuvor als Journalist unter anderem bei der "Frankfurter Rundschau" tätig.

Die letzte Bundespressekonferenz von Steffen Seibert: Zeichen auf Abschied

Bei seiner letzten Bundespressekonferenz erhielt Seibert als Abschiedsgeschenk bezeichnenderweise einen Messerschleifer vom BPK-Vorsitzenden und ZDF-Journalisten Feldhoff. Ein doppeldeutiges Geschenk: Zum einen kocht Seibert gerne, zum anderen, so Feldhoff, hätte man sich von ihm "hin und wieder ein paar schnittigere Antworten gewünscht."

Schnittig waren auch seine Abschiedsworte nicht. Sie lassen aber vermuten, dass man Seibert so schnell nicht mehr in der Öffentlichkeit sehen wird. Der 61-Jährige, der verheiratet ist, in Berlin lebt und drei Kinder hat, sagte vielsagend: "Ich danke Ihnen, alles Gute. Wenn sich ein Wiedersehen ergibt, wäre es schön. Ansonsten: Leben Sie wohl."

Verwendete Quellen:

  • bundesregierung.de: Regierungspressekonferenz vom 6. Dezember 2021
  • bundesregierung.de: Steffen Seibert
  • dpa
  • goldenekamera.de: Goldene Kamera 2002 – 37. Verleihung
  • spiegel.de: Regierungssprecher – ein Job mit Rückfahrticket
  • sueddeutsche.de: Merkels Langstreckenläufer
  • tagesspiegel.de: Steffen Seibert wird zum Problem für die Kanzlerin
  • t-online.de: Was wird jetzt aus Merkel-Sprecher Steffen Seibert?
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