Am kommenden Freitag kommt Erdogan zu einem diplomatischen Besuch nach Deutschland. Wegen Erdogans Äußerungen zum Krieg in Nahost steht der Besuch in der Kritik. Doch die Bundesregierung pocht auf den Wert der Diplomatie.

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Die Bundesregierung hat den bevorstehenden Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gegen Kritik verteidigt. "Wir haben immer wieder schwierige Partner, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin. Bei allen Differenzen mit der türkischen Regierung gehe es nun aber darum, bei Themen von gemeinsamem Interesse "weiterzukommen", sagte er.

Als Beispiele für solche Themen nannte Hebestreit etwa den Ukrainekrieg, wo die Türkei als Vermittlerin des Abkommens zum Export ukrainischen Getreides durch das Schwarze Meer gewirkt hatte; den Nahost-Konflikt, wo die Türkei als Regionalmacht eine "wichtige Rolle" einnehme; und den Beitritt Schwedens zur Nato, der lange von der Türkei blockiert worden war.

Mit Blick auf Äußerungen Erdogans zum Konflikt zwischen Israel und der Hamas sprach Hebestreit von einem "Besuch, der angesichts der obwaltenden Umstände herausfordernd sein wird". Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) werde die Differenzen in Bezug auf Israel und die Hamas im Gespräch mit Erdogan ansprechen. Die Diplomatie erfordere es gelegentlich, auch mit "unbequemen Partnern" zu reden, sagte Hebestreit.

Erdogan wirft Westen vor, Kriegsverbrechen zu decken

Erdogan hatte dem Westen unter anderem vorgeworfen, durch Israel begangene "Kriegsverbrechen" zu decken und eine direkte Linie vom Völkermord an den Juden zu den heutigen Opfern im Gazastreifen gezogen. Vor Anhängern seiner islamisch-konservativen Partei AKP hatte er zudem erklärt: "Hamas ist keine Terrororganisation, sondern eine Befreiungs- und Mudschaheddin-Gruppe, die für den Schutz ihres Landes und ihrer Bürger kämpft."

Bundeskanzler Scholz will Erdogan am Freitagabend zu einem Arbeitsessen im Kanzleramt empfangen. Davor wird Erdogan Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier treffen.

Erdogans geplanter Deutschland-Besuch sorgt für Kritik im Bundestag. Die Außenexpertin Sevim Dagdelen (parteilos) forderte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gegenüber der Nachrichtenagentur AFP auf, den Präsidenten wieder auszuladen. "Erdogans Besuch und Empfang in Deutschland kommen zur Unzeit", sagte die Bundestagsabgeordnete.

Ex-Linke Dagdelen: "Erdogan nicht den Roten Teppich ausrollen"

Die Bundesregierung dürfe "Erdogan nicht den Roten Teppich ausrollen, während der türkische Staatschef die Terrororganisation Hamas schönredet und Israel das Existenzrecht abspricht", sagte Dagdelen, die die Linken-Fraktion gemeinsam mit Sahra Wagenknecht verlassen hatte.

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Max Lucks forderte Kanzler Scholz auf, gegenüber Erdogan "die lange Liste an türkischen Fouls" anzusprechen. Erdogan habe sich im Nahost-Konflikt "auf die Seite der islamistischen Terrororganisation Hamas" gestellt. "Das muss politisch genauso sehr wie auch auf dem Feld der militärischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit Konsequenzen haben", erklärte Lucks.

Linken-Parteichef Martin Schirdewan kritisierte das geplante Treffen ebenfalls scharf. Erdogan mache als Unterstützer der Hamas von sich reden, unterdrücke zudem die Opposition in der Türkei, sagte Schirdewan in Berlin. Der türkische Präsident dürfe deshalb "kein Partner für eine glaubwürdige Außenpolitik Deutschlands" und kein normaler Staatsgast sein, sagte Schirdewan in Berlin. (afp/lko)

Wagenknecht

Wagenknecht hält Forderung nach AfD-Verbot für "völlig falsch"

Die frühere Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht ist gegen ein Verbot der in Teilen rechtsextremen AfD. Mit ihrer neuen Partei will sie explizit auch deren Wähler ansprechen. (Bildcredit: Wochit/Imago Images)
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