Die Welt schaut voller Anspannung auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine sowie die immer weiter eskalierenden Spannungen zwischen China und Taiwan. Bei "Markus Lanz" lieferten sich CDU-Politiker Roderich Kiesewetter und AfD-Mann Rüdiger Lucassen dazu am Mittwoch ein hitziges Wortgefecht.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Nicht nur der andauernde Angriffskrieg in der Ukraine, sondern auch der Konflikt zwischen China und Taiwan stellt Europa und den Rest der westlichen Welt vor große Herausforderungen. Auch bei "Markus Lanz" wurde am Mittwochabend das jüngste chinesische Militärmanöver in der Nähe Taiwans diskutiert. Dabei warnte CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter vor den Drohungen Xi Jinpings, während sich AfD-Verteidigungsexperte Rüdiger Lucassen im Gespräch mit Markus Lanz ein verbales Wortgefecht lieferte.

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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Im Zuge des russischen Angriffskrieges in der Ukraine steht zunehmend Russlands Beziehung zu China im Fokus der Debatten. Auch bei "Markus Lanz" ging es am Mittwochabend nicht nur um den aktuellen Stand in der Ukraine, sondern auch um die Rolle Europas im sich zuspitzenden Taiwan-Konflikt.

CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter bezog im Gespräch mit Lanz Stellung zum jüngsten chinesischen Militärmanöver in der Nähe Taiwans und erklärte, was Xi Jinpings jüngste Drohung "tatsächlicher Kampfhandlungen" wirklich bedeutet. AfD-Verteidigungsexperte Rüdiger Lucassen übte derweil heftige Kritik an der deutschen Außen- und Verteidigungspolitik.

Das sind die Gäste

  • Roderich Kiesewetter, CDU-Außenpolitiker und Oberst a. D.: "Wir müssen uns darauf einstellen, dass China unberechenbar bleiben will."
  • Rüdiger Lucassen, AfD-Verteidigungsexperte und Oberst a. D.: "Putins Angriffskrieg hat eine rote Linie überschritten."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Am Mittwochabend begrüßte Markus Lanz seine beiden Gäste zunächst mit den Worten: "Beide verbindet die Tatsache, dass sie einen militärischen Hintergrund haben, doch trotzdem könnten ihre Positionen nicht unterschiedlicher sein." Der ZDF-Moderator schwenkte daraufhin jedoch schnell auf das eigentliche Thema des Abends und fragte in die Runde: "Die militärische Droh-Gebärde vor der Küste Taiwans - was hat das zu bedeuten? Was will China damit bezwecken?"

CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter antwortete prompt: "China hat damit versucht, Muskeln zu zeigen, und wir müssen uns darauf einstellen, dass China unberechenbar bleiben will." Lanz hakte nach: "Wer sind die wahren Adressaten dieser Bilder?" Der Politiker erklärte: "Es ist ein Zeichen an die eigene Bevölkerung und ein Zeichen der Entschlossenheit, dass Taiwan einverleibt werden soll. Es soll zeigen, dass sie sich nicht von ihrem Weg abbringen lassen, Taiwan als Teil Chinas zu sehen."

Der ZDF-Moderator entgegnete mit ernstem Blick: "Da geht es einem kalt den Rücken runter." Daraufhin legte Kiesewetter noch einen obendrauf und warnte, dass China sich nicht von Staatsbesuchen wie dem aktuellsten von Ursula von der Leyen und Emmanuel Macron beirren lasse. Im Gegenteil: "Xi Jinping missachtet die Souveränität Taiwans. Es geht hier um eine Besatzung und wir müssen gewappnet sein, dass es in den nächsten Jahren passiert, wenn wir nicht richtig verhandeln."

AfD-Verteidigungsexperte Lucassen stimmte zunächst zu und ergänzte: "Wir haben noch nicht in unser Bewusstsein geholt, welch schrecklichen Krieg wir gerade schon in Europa haben. Ich halte es für brandgefährlich." Eine kriegerische Auseinandersetzung in Taiwan würde auch Deutschland betreffen, "vor allem wirtschaftlich".

Lanz sprach daraufhin das jüngste Interview von Emmanuel Macron an. Darin mahnte der französische Präsident im Gespräch mit der französischen Zeitung "Les Echos", dass Europa in der Taiwan-Frage nicht zum "Mitläufer" werden dürfe "und uns dem amerikanischen Rhythmus und einer chinesischen Überreaktion anpassen müssten". Eine Aussage, der vor allem Rüdiger Lucassen zustimmte und sagte: "Autonom zu sein ist in der Linie unserer Partei."

Ganz anders sah dies Kiesewetter. Der CDU-Politiker zeigte sich mit Blick auf Macron enttäuscht: "Wir müssen begreifen, dass Frankreich Führungsanspruch hat als Atommacht. Jetzt fällt er den Amerikanern in den Rücken und sagt, das ist nicht unser Krieg." Lanz wollte wissen: "Wie sollte Deutschland reagieren?" Kiesewetter antwortete prompt: "Deutschland muss sich positionieren, und wir müssen wieder Anwalt der Europäer werden. Macron verfolgt streng nationale Ziele und will ein eigenes, souveränes Europa." Von der Bundesregierung und Bundeskanzler Olaf Scholz forderte er deswegen eine enge Positionierung ein: "Die Rolle Deutschlands ist zurzeit ein Vakuum."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Daraufhin wurde es in der Runde hitziger, als Lanz in Richtung Lucassen fragte: "Ist uns Taiwan egal?" Der Politiker antwortete ruhig: "Das kann uns nicht egal sein. Die Frage ist doch aber: Was können wir tun? Militärisch haben wir gar keine Möglichkeiten." Gleichzeitig warnte er: "Die USA als Großmacht verfolgen sicher eigene Interessen und nicht die Interessen Europas."

Dies wollte Kiesewetter nicht unkommentiert lassen: "Das halte ich für völlig falsch. Die Amerikaner haben uns bislang sehr geholfen, weil sonst die Ukraine längst zerfallen wäre. Wir Europäer sollten zeigen, dass wir in der Lage sind, eine vernünftige transatlantische Lastenteilung zu bringen." Der CDU-Mann sagte gleichzeitig über die Gefahr seitens Xi Jinping: "China hat gesagt, Taiwan ist ein Geschwür, das herausgeschnitten werden muss. Wir müssen aufpassen auf die Sprache. Damit fängt der Krieg an." Lucassen konterte: "Wir müssen auch aufpassen, dass wir in der Logik konsequent bleiben."

Daraufhin kritisierte der AfD-Verteidigungsexperte den Zustand der Bundeswehr und sagte: "Die CDU-geführte Regierung hat die Bundeswehr in den bedauerlichen Zustand gebracht, in der sie heute ist." Mit Blick auf die Waffenlieferungen an die Ukraine lautete sein Vorwurf: "Sie plündern die Bundeswehr gerade. Keiner von uns kann sagen, ob Waffenlieferungen zu einem Sieg führen."

Das wollte Kiesewetter nicht gelten lassen: "Ohne Waffen wäre die Ukraine schon längst zerfallen." Der Politiker ergänzte: "Wir müssen mehr tun! Die Zurückhaltung der Bundesregierung hat ja nicht gerade dazu geführt, dass Russland sich zurückgehalten hat. Das verleugnen Sie damit." Doch Lucassen hielt an seiner Auffassung fest: "Für mich kommen Waffenlieferungen nicht infrage."

Als Lanz nach den Gründen fragte, erklärte der Politiker: "Putin hat das Potenzial, zu eskalieren. Um das nicht zu provozieren, würde ich keine Waffen liefern, sondern Verhandlungen initiieren. Ich erlebe nicht, dass überhaupt irgendwo der Startschuss gegeben wird, um den Einstieg zum Ausstieg zu finden." Markus Lanz wollte schließlich von dem AfD-Politiker wissen: "Ist Russland Täter oder Opfer?"

Lucassen antwortete nüchtern: "Wenn man den Februar des letzten Jahres nimmt, dann ist Russland Täter. Aber jeder Krieg hat doch nicht nur einen Auslöser, der auf einen Moment bezogen ist." Markus Lanz fragte daraufhin streng: "Ich verstehe gerade nicht, was hier passiert. Sie haben sich von dieser seltsamen Russland-Romantik distanziert. Heute sitzen Sie hier und reden ganz anders." Lucassen reagierte zurückhaltend: "Ich habe ihnen gesagt, dass es sich um einen Angriffskrieg handelt. Und dieser Angriffskrieg hat eine rote Linie überschritten." Er habe jedoch "nie gesagt, dass Putin ein Kriegsverbrecher" sei.

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz schaffte es am Mittwochabend, seinen beiden Gästen gezielte Fragen zu stellen und ihnen so einige spannende Thesen zu entlocken. Besonders zwischen Kiesewetter und Lucassen ging es hin und wieder hitzig zur Sache, doch Lanz schaffte es dennoch, seine Gäste immer wieder an den richtigen Stellen zu unterbrechen. Besonders zum Ende der Sendung forderte der ZDF-Moderator seinen Gast, den AfD-Mann Lucassen, ein letztes Mal heraus, als er ihn auf die Russland-Romantik innerhalb seiner Partei ansprach.

Als sich Lucassen von den Aussagen seiner Kollegen teils distanzierte, fragte Lanz zurecht: "Denken Sie dann nicht manchmal darüber nach, den Laden zu verlassen?" Dies verneinte der AfD-Politiker schnell und stellte klar: "Nein, soweit gehe ich nicht. Das entspricht nicht meinem Selbstverständnis." Trotzdem distanzierte sich Lucassen von den Gastauftritten einiger seiner Parteikollegen wie Steffen Kotré im russischen Staatsfernsehen: "Dafür habe ich kein Verständnis."

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Sowohl der andauernde Angriffskrieg in der Ukraine als auch der zu eskalieren drohende Konflikt zwischen China und Taiwan sorgt in der westlichen Welt für Unruhe. Nach dem jüngsten Militär-Manöver Chinas zeigte sich vor allem Kiesewetter bei "Markus Lanz" sicher, dass sich Europa für den nächsten Krieg wappnen sollte.

Lucassen sah dies jedoch völlig anders und schloss sich der Meinung von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron an, der in einem aktuellen Interview für mehr Autonomie warb. Auf einen gemeinsamen Nenner konnten die Gäste von Lanz am Mittwochabend deshalb nur bedingt kommen, weshalb der ZDF-Moderator seine Sendung mit den ernüchternden Worten beendete: "Ich würde mich sehr freuen, wenn wir das nochmal fortsetzen würden."  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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