Martin Schulz hievt die SPD laut einer Umfrage erstmals wieder vor die Union, bei Frank Plasberg wird über den Spitzenkandidaten der Sozialdemokraten indes heftig gestritten. Ein CDU-Mann schießt sich regelrecht auf Schulz ein. Dem Zwist folgt eine maßgebliche Erkenntnis.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Patrick Mayer dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Martin Schulz for Bundeskanzler? Am Montag feierten Hunderte den SPD-Spitzenkandidaten bei der Arbeitnehmerkonferenz in Bielefeld. Kein Wunder: Laut Sonntagstrend des Meinungsforschungsinstitutes Emnid liegt die SPD mit 33 Prozent erstmals seit zehn Jahren vor der CDU (32).

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Frank Plasberg nimmt das zum Anlass, um in seinem Polittalk zu diskutieren, ob die Union überhaupt noch eine Methode findet, "um Schulz zu entzaubern".

Neue Wahlkampfmethode vor Bundestagswahl 2017?

CDU-Politiker Herbert Reul hat sich vor dem Millionenpublikum bei Hart aber fair offenbar genau das zum Ziel gesetzt - und ledert ordentlich drauf los. Das bringt die stellvertretende Parteivorsitzende der SPD, Hannelore Kraft, gegen ihn auf.

Die Meinungsverschiedenheit gleitet in einen heftigen Zwist, Reul ringt um Contenance. Und während sich die beiden aktuellen Koalitionspartner duellieren, versucht FDP-Chef Christian Lindner, seine Partei als möglichen Regierungspartner für die SPD zu positionieren.

Und das nur, weil CDU/CSU plötzlich um die Kanzlerschaft bangen müssen? So hart - oder kalkuliert - ist Politik nunmal. Mit welchen Methoden vor der Bundestagswahl 2017 gekämpft werden könnte, verdeutlicht Reul. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament wirft Schulz eine Vermischung von Parlaments- und Parteifragen vor.

Ja, sind wir jetzt schon in US-Verhältnissen angelangt? Konkret geht es um eine sogenannte Langzeitdienstreise eines Herrn Markus Engels, ein langjähriger Schulz-Vertrauter und jetziger SPD-Wahlkampfmanager.

Auslandszuschläge für Dauerdienstreise

Weil der eigentlich in Brüssel angestellte Pressesprecher nach Berlin versetzt wurde, standen ihm laut "Spiegel" satte Auslandszuschläge und Kostenerstattungen für Dienstreisen zu. Ergo, er habe deutlich mehr Geld bekommen, obwohl er gar nicht an seinem eigentlichen Bestimmungsort gewesen sei.

Und von alldem habe ihn Schulz nicht abgehalten. Im Gegenteil: Er habe es begünstigt. Reul findet das unerhört und lässt es alle wissen.

Frank Plasberg muss intervenieren

"Dass jemand ein Dossier über jemand anderen anlegt, finde ich schon bemerkenswert", sagt Kraft und schießt ihrerseits gegen Reul. "Sie wollen eine Ächtung von Schulz." Nun grätscht Lindner dazwischen: "Mich langweilen diese Debatten."

Doch Reul und Kraft haben noch lange nicht genug. "Ich weiß nicht, was Sie persönlich mit Martin Schulz haben", fragt Kraft und auch Plasberg interveniert: "Warum sind Sie so angefasst, Herr Reul?" Reul antwortet: "Das kann ich Ihnen nachher ausführlich erzählen, das würde die Sendung sprengen."

"Oskar Lafontaine light"

Um Dampf rauszunehmen, lässt Plasberg Zuschauerstatements aus den sozialen Netzwerken vorlesen. Dabei ist es ja eine feine Sache, dass so viel Zunder drin ist.

Da macht auch Hajo Schumacher mit, Autor und Kolumnist der "Berliner Morgenpost". "Ich sag mal, das ist Oskar Lafontaine light, was Schulz verkörpert", meint der Journalist. Kraft muss erstmal durchschnaufen, schließlich verließ Lafontaine einst die SPD für Die Linke.

Doch Schumacher wird konkret, erzählt von acht bis zehn Millionen Bürgern in Deutschland aus der Mittelschicht, die nicht mehr daran glaubten, dass man es mit fleißiger Arbeit zu etwas bringen könne. In der Tat: Genau diese Wählerschicht könnte mit ihren Stimmen im Herbst den Unterschied zwischen SPD und Union ausmachen.

Christian Lindner wirbt um Gunst der SPD

Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge, Armutsforscher und Bundespräsidenten-Kandidat der Linken, keilt derweil gegen Lindner. "Die SPD muss aufpassen, dass sie nicht zu einer Ein-Mann-Partei wird wie die FDP", meint er.

Doch Lindner geht es in den knapp 75 Minuten wohl eher darum, dass seine Partei zur Umworbenen zwischen SPD und Union wird.

Verbissen wird dagegen der Wahlkampf, sollten direkte Attacken wie die von Reul Einzug halten. Die wichtigste Erkenntnis: Schulz ruft heftige Abwehrreaktionen hervor. Und eine solche Auseinandersetzung ist nur demokratisch.

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