• Die Ampel aus SPD, Grünen und FDP hat den Koalitionsvertrag unterschrieben, das neue Bundeskabinett beinhaltet 16 Ministerien.
  • Neben einigen bekannten Gesichtern finden sich in der Liste der künftigen Regierungsmitglieder auch einige Neuzugänge.
  • Wir stellen drei Ministerinnen vor, die vorher wohl kaum jemand auf dem Zettel hatte.

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Ein mit ebenso vielen Männern wie Frauen besetztes Bundeskabinett hatte Olaf Scholz als SPD-Kanzlerkandidat versprochen - und wenn man ihn selbst außer Acht lässt, ist ihm das auch gelungen: Künftig gibt es in Deutschland acht Bundesminister und acht Bundesministerinnen. Einen so hohen Frauenanteil im Kabinett gab es noch nie.

Wir werfen einen genaueren Blick auf drei Politikerinnen, die bislang auf Bundesebene wenig bis gar nicht in Erscheinung getreten sind: Nancy Faeser, die neue Innenministerin aus der SPD, Anne Spiegel, Ampel-erprobte grüne Ministerin aus Rheinland-Pfalz und künftig für das Ressort "Familie" verantwortlich, und die zukünftige Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger aus der FDP.

Nancy Faeser (SPD): Bundesministerin des Innern und Heimat

Ihr Name ist die große Überraschung auf Scholz' Kabinettsliste: Die 51-jährige Nancy Faeser, eine bundesweit bislang kaum bekannte SPD-Landespolitikerin aus Hessen, soll als erste Frau an die Spitze des Bundesinnenministeriums treten. Faeser leitet damit eines der größten und wichtigsten Bundesministerien, dessen Aufgabenbereich von der inneren Sicherheit über Integration und Bevölkerungsschutz bis hin zur Sportförderung reicht - eine Mammutaufgabe.

In der hessischen Landespolitik zeigte Faeser bislang als Oppositionsführerin in der aktuellen Legislaturperiode durchaus ein gesteigertes Interesse an der Innenpolitik - dies allerdings vor allem als scharfe Kritikerin. Intensiv arbeitete sie sich immer wieder am hessischen Innenminister Peter Beuth (CDU) ab, dessen Rücktritt Faeser schon wiederholt - erfolglos - forderte. Sie warf Beuth vor, die in Hessen aufgetretenen Polizeiskandale unzureichend angegangen zu sein.

Faeser studierte nach dem Abitur Jura in Frankfurt am Main, machte dort im Jahr 2000 das Zweite Staatsexamen und schloss sich nach einem Semester in den USA einer internationalen Wirtschaftskanzlei an, bevor sie 2007 - da schon als Abgeordnete - in eine Frankfurter Wirtschaftskanzlei eintrat.

Schon früh war erwartet worden, dass Faeser einmal politisch zu höheren Aufgaben ansetzt - aber nicht zuletzt die Schwäche der Sozialdemokraten in den vergangenen Jahren verhinderte dies. So ist ihr Name über Hessen hinaus kaum bekannt geworden. Dort durchlief sie eine klassische Parteikarriere vom Ortsvereinsvorsitz bis zur Generalsekretärin der Hessen-SPD.

Im eher linken hessischen Landesverband zählt sie zum eher rechten Flügel. Diesen Stand erarbeitete Faeser sich vor allem als Innenexpertin. So überzeugte sie als Obfrau im hessischen Untersuchungsausschuss zur Terrorserie des rechtsextremen NSU. Bei ihrer Vorstellung in der Berliner SPD-Zentrale am Montag sagte Faeser denn auch gleich, dass sie den Kampf gegen den Rechtsextremismus zu einem ihrer Schwerpunkte als Innenministerin machen will.

Anne Spiegel (Grüne): Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Die 40-Jährige wurde 2016 Ministerin in Rheinland-Pfalz: Zunächst hatte sie das Familienressort im Ampel-Kabinett von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) inne. Anfang 2021 übernahm sie das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität. Sie ist zudem stellvertretende Ministerpräsidentin. Anne Spiegel studierte Politik, Philosophie und Psychologie und arbeitete als Sprachtrainerin. Sie ist Mutter von vier Kindern.

Zu ihren politischen Hauptprojekten gehört der Kampf gegen Gewalt an Frauen. Sie wolle diesen "ganz neu aufstellen", sagte Spiegel den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Freitag. Das betreffe nicht nur die Frauenhäuser, sondern die gesamte Infrastruktur für Frauen, die Gewalt erfahren haben.

In einem Interview mit dem Magazin "Spiegel" kündigte die designierte Ministerin außerdem an, sie wolle sich dafür einsetzen, dass Familie stärker "in all ihrer Vielfalt" wahrgenommen wird. "Ich kenne diese Blicke, wenn man in ein Restaurant kommt und sagt, man hätte gern einen Platz für sechs Personen, wovon vier Kinder sind", sagte sie. Sie wünsche sich, dass Kinder als Bereicherung für die Gesellschaft wahrgenommen werden, nicht als Last.

Ziel müsse es auch sein, Familienarbeit in einer Partnerschaft gleichberechtigt aufzuteilen, sagte Spiegel. "Es darf nicht sein, dass die Frauen mit hängender Zunge durch ihren Alltag rennen und sich fragen, wann sie noch den Kuchen fürs Schulfest am Samstag backen sollen." Ihr sei das noch nicht passiert, ihr Mann backe.

Spiegel hat drei ihrer vier Kinder bekommen, während sie Landtagsabgeordnete war. Das vierte kam zur Welt, als sie bereits Landesministerin für Familie in Rheinland-Pfalz war. Die Situation sei neu gewesen, aber Zweifel habe sie schnell weggewischt, sagte Spiegel dem Magazin.

Spiegel hatte als Landesministerin ihre Tochter zu einer Bundesratssitzung mitgenommen. Das habe "hervorragend" geklappt, einige hätten das Kind auf den Arm nehmen wollen und es sei eine neue Art von Gesprächen möglich gewesen, sagte sie. Trotz des vollen Terminkalenders einer Bundesministerin wolle sie sich bewusst Zeit für ihre Familie nehmen, beispielsweise am Sonntag, kündigte Spiegel an. "Da knall ich mir nicht den Tag voll, sondern da ist Familientag."

Bettina Stark-Watzinger (FDP): Bundesministerin für Bildung und Forschung

Die bisherige Parlamentarische Geschäftsführerin ist die einzige Frau in der FDP-Ministerriege und bundesweit das wohl am wenigsten bekannte Gesicht. Im Mai wurde sie mit 91 Prozent als Beisitzerin in das FDP-Präsidium gewählt - mit nur knapp weniger Zustimmung als Parteichef Lindner.

Die Hessin, die mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern in Bad Soden im Taunus lebt, ist bisher vor allem für ihre Expertise in Finanzfragen bekannt. Stark-Watzinger war ab Januar 2018 zwei Jahre Vorsitzende des Finanzausschusses im Bundestag.

Bettina Stark-Watzinger studierte Volkswirtschaftslehre in Mainz und Frankfurt und war anschließend bei einer Bank tätig. Nach einem längeren Großbritannien-Aufenthalt und einer "Familienpause" ging sie an die European Business School in Oestrich-Winkel und arbeitete dort in der akademischen Koordination. Ab 2008 war Stark-Watzinger Geschäftsführerin einer interdisziplinären Forschungseinrichtung in Frankfurt am Main. Daneben bekleidete sie verschiedene Funktionen in der hessischen FDP, deren Vorsitzende die 53-Jährige seit März ist.

Die designierte Bundesbildungsministerin will Schulschließungen trotz der steigenden Corona-Infektionszahlen vermeiden. Ihre Partei sei der Überzeugung, dass die Schülerinnen und Schüler "jetzt nicht noch einmal Bildungsrückstände erleiden sollten". Im Koalitionsvertrag sind unter anderem eine Erhöhung der Bildungsausgaben von Bund und Ländern, eine Stärkung der frühkindlichen Bildung und ein "Digitalpakt 2.0" angekündigt.

Stark-Watzinger fordert außerdem mehr Kompetenzen für den Bund im Bereich der Bildungspolitik. Sie wolle ein "Kooperationsgebot", damit Bund und Länder besser zusammenarbeiten. (hub/afp/dpa)

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