• Die sogenannte Sensitivität zeigt an, wie zuverlässig Antigen-Schnelltests (in Teststellen oder als Selbsttests) erkennen, ob jemand mit dem Coronavirus infiziert ist.
  • Studien haben gezeigt, dass viele von ihnen bei hoher Viruslast, also rund um den Symptombeginn, das ganz gut anzeigen; wenn die Viruslast geringer ist, ist das nicht der Fall.
  • Erste Versuche mit Omikron-Proben geben Hoffnung, dass die guten Schnelltests hier auch funktionieren.

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Corona-Selbsttest für 80 Cent - das war gestern. Die Anfrage steigt und damit auch die Preise. Beim Drogeriemarkt dm, der im Sommer mit den 80 Cent geworben hatte, kosten die Tests nun 1,75 Euro pro Stück (sind aber derzeit kaum zu bekommen). Im Internet sind die gleichen Tests noch teurer, bis zu 6 Euro pro Stück.

Dabei können die Schnelltests bei der Eindämmung der Pandemie helfen, das sagen Virologen immer wieder. Sie sagen aber auch, dass sie mitunter eine trügerische Sicherheit vermitteln können. So erklärte der Virologe Christian Drosten erst jüngst: "Es ist in der praktischen Erfahrung so, dass die Antigen-Schnelltests gerade am Anfang der Symptomatik, wo der Patient besonders infektiös ist, nicht zuverlässig positiv werden."

Wie sehr das auch vom Test selbst abhängt, zeigte zuletzt eine Studie des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) zusammen mit Wissenschaftlern der Charité und anderen. Sie haben 122 Antigen-Schnelltests (zum Testen in zertifizierten Teststellen und für Laien) daraufhin überprüft, ob sie Infektionen zuverlässig erkennen - und jeder fünfte Test fiel durch.

Getestet wurden drei unterschiedliche Virusmengen an Schnelltests

Die Forscher hatten bei dem Test drei Leistungsstufen:

  • Erkennt der Test Infizierte mit einer hohen Virusmenge, die sehr wahrscheinlich ansteckend sind (Ct kleiner 25)?
  • Erkennt der Test Infizierte mit einer geringeren Viruslast, die vielleicht ansteckend sind (Ct zwischen 25 und 30)?
  • Erkennt der Test Infizierte mit einer geringen Viruslast, die wohl nicht ansteckend sind (Ct größer 30)?

Die Virusmenge wird dabei mit dem Ct-Wert (Ct = Cycle threshold) beschrieben. Er sagt etwas darüber aus, wie viele Vermehrungszyklen ein Virus braucht, bis es sich exponentiell vervielfacht. Je niedriger dieser Wert ist, desto mehr Viren sind schon vorhanden - und desto ansteckender ist die betreffende Person.

Rund die Hälfte der PEI-geprüften Corona-Tests erreichen bei hoher Viruslast 100 Prozent

Um als "zuverlässig" zu gelten, musste ein Test in der PEI-Studie mindestens drei Viertel der Proben richtig erkennen. Anders gesagt: Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Infektion mit dem Nasen- oder Rachenabstrich richtig erkannt wird, musste bei mehr als 75 Prozent liegen. Von den 122 überprüften Schnelltests schafften das bei der hohen Viruslast 96. Aber: 26, also rund 21 Prozent der Tests, schafften das nicht.

Einige der Tests, die bestanden haben, waren bei der hohen Viruslast sogar sehr gut. 57 der 122 Tests erkannten Infektionen hier zu 100 Prozent. Weitere 17 erkannten sie immerhin zu mehr als 90 Prozent.

Eine Liste aller Tests, die bestanden haben, ist unter folgendem Link zur Studie zu finden: Vergleichende Bewertung der Ergebnisse von SARS-CoV-2-Antigen-Schnelltests, die die Sensitivitätskriterien erfüllen.

Wer Tests zu Hause hat, kann also direkt nachsehen, ob dieser Test dabei ist und wie viel Prozent Zuverlässigkeit er erreicht. Die Tabelle mit den Tests, die durchgefallen sind, ist unter folgendem Link zu finden: Vergleichende Bewertung der Ergebnisse von SARS-CoV-2-Antigen-Schnelltests, die die Sensitivitätskriterien nicht erfüllen.

Die hohe Virusmenge, bei der einige Tests gut anschlugen, tritt laut PEI in der Regel kurz vor oder bis zu zehn Tage nach Auftreten der ersten Symptome auf. Die Infektiosität durch Atemwegssekrete scheine "mit hohen Virusmengen in der frühen Phase der Infektion zu korrelieren (…). Genau diese hohen Mengen lassen sich mit Antigen-Schnelltests nachweisen." Anders ausgedrückt: Je mehr Virus, desto infektiöser - wenn ein Test sehr zuverlässig hohe Virusmengen erkennt und die betreffende Person sich nach einem Positivergebnis sofort isoliert, können auf dem Höhepunkt der Ansteckungsgefahr also durchaus weitere Infektionen verhindert werden.

Sechs Tests sind sogar bei niedrigerer Viruslast noch recht zuverlässig

Manche der Schnelltest in der PEI-Studie schnitten sogar bei niedrigeren Virusmengen (Ct zwischen 25 und 30) recht gut ab. Sechs von ihnen lagen hier bei über 90 Prozent Trefferquote, nämlich

  • QuickProfile Covid-19 Antigen Test Card von LumiQuick Diagnostics
  • ScheBo SARS-CoV-2 Quick Antigen von ScheBo Biotech
  • SARS-CoV-2 Ag Diagnostic Test Kit (Colloidal Gold) von Shenzhen Watmind Medical
  • COVID-19 Antigen Speicheltest (Immunochromatografie) von ulti med Products (Deutschland)
  • Toda Coronadiag Ag von Toda Pharma und
  • Green Spring SARS-CoV-2 Antigen Rapid Test Kit (Colloidal Gold) von Shenzhen Lvshiyuan Biotechnology

Die beiden letzten erkennen sogar noch zu 40 Prozent Virusmengen mit einem Ct-Wert über 30. Bei einem solchen Wert gelten Infizierte als nicht (mehr) ansteckend. Einige andere Tests erkennen das noch zu 30, 20 oder 10 Prozent. Mehr als 85 Prozent schlagen hier aber gar nicht an.

Verkauft werden dürfen in der EU mehr als 560 verschiedene Tests

Die 122 Tests in der Studie sind nur eine Auswahl unter all den Tests, die in der EU verkauft werden dürfen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) führt eine Liste mit diesen zugelassenen Tests. Die Kriterien sind hier aber andere als in der PEI-Studie: Die Hersteller müssen Studien mit mindestens 100 Probanden innerhalb von sieben Tagen nach Symptombeginn machen; dabei müssen ihre Tests mindestens 80 Prozent der positiven PCR-Proben ebenfalls erkennen. Eine Überprüfung der Ergebnisse von einer unabhängigen Stelle gibt es aber derzeit nicht. Das wird sich erst ab Mai 2022 ändern.

Laut der Liste des BfArM erfüllen derzeit mehr als 560 Tests die Kriterien. Da das nicht von einer unabhängigen Stelle überprüft wurde, wurden die Tests, die in der PEI-Studie durchgefallen sind, bereits von dieser Liste gestrichen.

In dem Zusammenhang ist noch interessant, dass laut PEI fast alle Tests, die im Umlauf sind, mit einer Sensitivität von über 90 Prozent werben. Das zumindest, so kann man festhalten, ist definitiv für viele nicht richtig. Über die Gründe können die Studienautoren nur spekulieren; möglicherweise seien zum Beispiel vielfach nur Proben mit einer extrem hohen Viruslast verwendet worden.

Schlagen die Tests auch bei Omikron an?

Wie sieht es aber nun mit neuen Virusvarianten aus? Die Autoren der PEI-Studie schreiben dazu, dass die meisten Mutationen das Spike-Protein des Virus beträfen und nur sehr wenige Tests auf dieses Protein testen. Die meisten haben das Nucleoprotein im Visier, das sich mit dem Virusgenom innerhalb der Virusmembran befindet.

Experten wie die Virologinnen Sandra Ciesek und Isabella Eckerle haben für einige Tests schon Entwarnung gegeben. Auf Twitter schrieb zum Beispiel Ciesek: "Auch wichtig - die Antigentests (drei verschiedene von Roche, Siemens und Flowflex) sind auch bei Omikron positiv und funktionieren."

Auch Eckerle teilte in einem Tweet mit, dass einige Schnelltests bei Omikron anschlugen. Überprüft wurden laut Ciesek und Eckerle:

  • CLINITEST Rapid COVID-19 Antigen Test von Siemens
  • Flowflex SARS-CoV-2-Antigenschnelltest (Nasopharynxtupfer) von ACON Biotech (Hangzhou)
  • SARS-CoV-2 Rapid Antigen Test von SD Biosensor (Roche Diagnostics)
  • PanbioCOVID-19 Ag Rapid Test Device (NASOPHARYNGEAL) von Abbott Rapid Diagnostics Jena
  • Sure Status COVID 19 Antigen Card Test von Premier Medical Corporation und
  • OnSite COVID-19 Ag Rapid Test von CTK Biotech

Sie alle erkannten die Omikron-Variante. Weitere Überprüfungen werden sicher folgen. Der SPD-Gesundheitsexperte und künftige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nannte diese ersten Ergebnisse aber eine "gute Nachricht".

Verwendete Quellen:

  • Pei.de: Mitteilung zum Schnelltest-Test
  • Pei.de: Antigen-Schnelltests auf SARS-CoV-2: vergleichende Sensitivitätsbewertung CE-gekennzeichneter Tests
  • Pei.de: Offizielle Mindestkriterien für Antigen-Schnelltests derzeit
  • PEI-Studie bei Eurosurveillance (mit weiteren Daten und Tabellen)
  • Rki.de: Corona-Steckbrief
  • Edoc.rki.de: Entlassungskriterien aus der Isolierung
  • Rki.de: Virologische Basisdaten und Varianten
  • Eurosurveillance.org: Liste der Tests, die in der PEI-Studie bestanden haben
  • Antigentest.bfarm.de: Liste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArm) über zugelassene Schnelltests
  • Twitter.com
  • Ndr.de: Virologe Christian Drosten im Podcast Coronavirus-Update des NDR, Folge 102 vom 9. November 2021
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