Na, habt Ihr alle die Woche so gut überstanden wie Markus Söder? Der König von Bayern, der einst als kleiner Bub aus der Nürnberger Provinz auszog, um als Markus Thomas Theodor Söder Prinz von Bayern zunächst Ministerpräsident, Twitter-Phänomen, Wendehals-Wunder, Opportunismus-Orchestrator und anschließend seine Majestät von Haidhausen zu werden, hat zwar noch immer nicht ganz begriffen, warum an seiner Stelle der langweilige Öko-Rentner Charles neuer König von England wurde, aber dafür ist er wenigstens wieder allerbester Laune.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Marie von den Benken dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Endlich strömen sie wieder in Markus Söders Vorgarten, die Theresienwiese: Volltrunkene lederbehoste Sachbearbeiter, die hoffen, dieses Jahr zwischen zwanzigster Maß, Sturz-Erbrechen am Olympia Looping und gesperrtem Girokonto irgendwie noch einer fremden Frau unter das Dirndl harveyweinsteinen zu können.

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Ja, die Wiesn ist teuer. Sie kostet zumeist den letzten Anstand, wenn Fotos entstehen, oftmals sogar die Reputation und bei Maß-Preisen von bis zu 13,80 Euro mitunter auch die Kreditwürdigkeit. Zu keiner Jahreszeit werden in München häufiger EC-Karten eingezogen als während des Oktoberfests. So trennt man sich als echter bayrischer Prachtkerl während der Wiesn-Saison zuerst von seinem Dispo-Kredit, dann von seiner Würde – und wenn vierzehn Tage später die Kreditkartenabrechnung in das mit Wand-Tattoos zugekleisterte Reihenhaus im Münchner Umland eintrudelt, oftmals auch (unfreiwillig) von seiner Frau. Es ist nämlich schwer, einer über hemmungslos verprasstes Haushaltsgeld wütenden Gattin glaubhaft zu versichern, der Leierkasten, die Villa Roma und der Club Acapulco wären wirklich Bierzelte.

Wiesn die Stimmung in München?

Für King Söder dennoch der GAG (größte annehmbare Gaudi). Die langweiligen Briten werden schon noch sehen, was sie davon haben, ihn in der Thronfolge zu ignorieren. Immerhin sind die Markus-Söder-Festspiele, wie die Wiesn CSU-intern genannt werden, größer als Notting Hill Carnival und St. Andrew´s Day zusammen. Und außerdem ist das Maximilianeum viel schöner als der Buckingham Palace. Bücklinger Palast, wie Matze I. den schäbigen Firmensitz der Royal UK GmbH verächtlich zu nennen pflegt.

Was hat England schon zu bieten? Allein in der Ochsenbraterei werden auf der Wiesn dieser Tage um die 125 gebratene Ochsen durchgeschleust. Bevor sie als Tierleichen am Spieß enden, werden sie um die Ecke in Ismaning bei durchschnittlich 22 Monaten Lebenserwartung erst kastriert, mit knapp 8.000 Tonnen Maissilage um etwa 1.100 Gramm pro Tag hochgemästet, dann geschlachtet und anschließend mit viel Chemie und Kühlketten bis zum Oktoberfest an der Verwesung gehindert. So können sie dann pünktlich zum "O´zapft is" als Saufgrundlage für die Mägen tausender exodusbereiter Kampftrinker fungieren.

Vor dem Hintergrund, dass Markus Söder pünktlich zum Oktoberfest Corona für beendet erklärt hat (also zumindest in Bierzelten, in denen 10.000 betrunkene, schwitzende Menschen sich in den Armen liegen, natürlich nicht in S-Bahnen), keine ganz so dumme Idee, vornehmlich Fleisch aus Massentierhaltung an die Wiesn-Besucher zu verköstigen. Insbesondere die etwa 450.000 Brathähnchen müssten ausreichend Antibiotika unter die partywahnsinnigen Vollzeitschunkler verteilen, um größere Bakterienausbrüche zu verhindern.

Nun ist Sars-CoV-2 kein Bakterium, sondern ein Virus und Massentierhaltung ist nicht unbedingt ein wissenschaftlich anerkannter Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels, aber das ist Markus Söder egal, denn dafür ist Bayern in beinahe allen anderen Bereichen absolute Weltspitze, was das Einsparen von CO2-Emissionen und den Umstieg auf Erneuerbare Energien betrifft. Immerhin werden in Bayern pro Jahr fast so viele Windräder gebaut, wie Camilla Parker Bowles Fans in der Königsfamilie hat. Also so um die Null.

Hass ist keine Lösung (und außerdem oft sehr teuer)

Aber genug von Markus Söder, denn es gibt sie noch, die guten Neuigkeiten. Ex-Schriftsteller und Neu-Chefschwurbler Akif Pirinçci wütet in seinen Hassorgien gegen so ziemlich alles, aber vornehmlich gegen Ausländer und junge Frauen, die klüger sind als er. Entgegen der bei der Neuen Rechten und Telegram-Wissenschaftlern offenkundig weit verbreiteten Fehleinschätzung, Beleidigungen im Netz wären irrelevant für Strafverfolgung, können Verbalentgleisungen in Kommentarspalten oder Kurznachrichtendiensten durchaus schmerzhafte juristische Nachwehen erzeugen.

Akif Pirinçci, der sich vor einiger Zeit besonders gerne, ausführlich und niederträchtig mit sexistischen Beleidigungen an Luisa Neubauer abgearbeitet hatte, bekam diese Woche – wie sagt der Volksmund so schön – die Quittung. Die vom Landgericht Frankfurt auferlegte Entschädigungszahlung von 6.000 Euro nebst Anwaltskosten holte sich die Media Kanzlei, die Neubauer vor Gericht vertreten hatte, jetzt per Zwangsvollstreckung, da Pirinçci den Betrag aus freien Stücken offenbar nicht zahlen wollte.

Die komplette Entschädigungssumme übrigens, das nur für von Intelligenzdilemma befallene Tastatur-Volljuristen, hat Luisa Neubauer der Betroffenenorganisation "Hate Aid" gespendet. Spart Euch also bitte denkbefreite Qualitätskommentare á la "Dann hat Langstreckenluisa ja wieder Kohle für den nächsten Interkontinentalflug". Unwahrheiten werden nämlich, das kommt womöglich überraschend für Querdenker und "Welt"-Leser, auch dann nicht plötzlich zur Wahrheit, wenn man sie immer und immer wieder repetiert.

Wo geht eigentlich Ricarda Lang?

Neben der altbewährten Tradition von Brot (Alkohol) und Spiele (Sexismus) gibt es seit dem Comeback des Oktoberfestes aus der Corona-Pause dieses Jahr eine sympathische neue Sportart: Die Doppelmoral-Olympiade konservativer Politiker. Kaum war die erste Maß die Kehlen der Weißwurst-Connaisseurs runtergeglitten, stapelten sich auf Twitter bereits die Bilder von fröhlich dreinblickenden Grünen-Politikerinnen wie Ricarda Lang oder Claudia Roth, die in einem Bierzelt zünftig die Maßkrüge in die Höhe stemmen.

Wenn man sich keine Sorgen um hohe Energiepreise machen muss, könne man sich natürlich sorgenfrei auf der Wiesn zuprosten, so der Tenor. Dass man damit auch jeden einzelnen der allein 700.000 Besucher und Besucherinnen vom Wiesn-Auftakt pauschal mitbeleidigt und ihnen unterstellt, sie machten sich keine Sorgen um Energiepreise – geschenkt. Dramatisch absurd wird es vor allem, wenn man bedenkt, dass man den FC Bayern München kaufen und in Betriebssportverein Qatar Airways umbenennen könnte, wenn man für jedes Foto eines konservativen Politikers auf der Wiesn einen Euro bekommen würde.

Stichwort Bayern München: Haben Sie gewusst, dass der FC Bayern kein Bundesligaspiel mehr gewonnen hat, seit der Ravensburger Kinderbuchverlag vor einer deutungshoheitsbesessenen Woke-Bubble eingeknickt ist und das Buch "Der junge Häuptling Winnetou" vom Markt genommen hat? Dieser Gruppierung von Social Media Powerusern mit zu viel Tagesfreizeit geht es nicht um den Austausch von Meinungen, es geht nurmehr darum, absurde Regeln zu definieren, die ab sofort vom Rest der Gesellschaft als Standards zu akzeptieren sind, egal wie abstrus die zugrunde gelegten Herleitungen von Rassismus oder kultureller Aneignung sind. Ich erinnere da nur mal exemplarisch an das intellektuelle Fiasko der Dreadlocks-bei-Weißen Empörungswelle. Nun hat es also auch den FC Bayern erwischt. Verständlich, immerhin wurde mit Winnetou auch das "win" gecandelt.

Ansonsten konnte man diese Woche feststellen, dass die TV-Legende Dr. Helmut Thoma, der einst RTL erfunden hatte, sich inzwischen optisch stark Steve Bannon nähert. Inhaltlich leider auch. Diese Woche gab er seine extrem durchgewagenknechtete Meinung zum Ukraine-Krieg zum Besten: "Die Russen wollen ja nur ihren Teil zurückhaben und eine Sicherheit auf der Krim, weil auf der Krim, das sind Russen, das sind keine Ukrainer". So schnell ein Lebenswerk zerstören, da wird sogar Gerhard Schröder neidisch, der dafür seit Wochen zwischen Moskau und Hannover hin und her tingeln muss.

Lustiger ging es da schon beim neuen Tabellenführer (Eisern) Union Berlin zu, die den von Niko Kovac in Rekordzeit zu einem Abstiegskandidaten runtergecoachten VfL Wolfsburg mit dem erfrischenden Sprechchor "Ohne Kruse habt Ihr keine Chance" empfingen. Max Kruse, das als Kontext für alle Leser und Leserinnen, die von Fußball so viel Ahnung haben wie Dunja Hayali, war in der letzten Winterpause von Union nach Wolfsburg gewechselt, ohne dabei einen Hehl daraus zu machen, dass er Union für den sehr viel cooleren Verein hält, aber in Wolfsburg auf die alten Tage eben noch mal so richtig abkassieren kann. Inzwischen hat Wolfsburg Kruse mitgeteilt, dass er kein Spiel mehr für Wolfsburg absolvieren wird. Entsprechend höhnisch kommentierte Kruses alte Liebe Union die Kovac-Truppe – und schickte sie der Prophezeiung entsprechend mit einer kurzen und schmerzlosen 2:0-Klatsche wieder nach Hause. Mal schauen, ob Niko Kovac beim nächsten Wochenrückblick noch Bundesliga-Trainer ist. Bis Montag!

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